COP30 in Belém - Stillstand oder Hoffnungsschimmer?
Die 30. Auflage der UN-Klimakonferenz COP steht vor der Tür und viele fragen sich, ob diese Zusammenkunft, die in diesem Jahr in Belém in Brasilien stattfindet, überhaupt Sinn macht. Ja, globale Klimadiplomatie ist wichtig und NOT-wendig, stärker denn je. Wir stehen 2025 bereits bei 1,47 Grad im 20-Jahresmittel über dem vorindustriellen Niveau der globalen Mitteltemperatur, und wir sehen unzählige Extremwetterereignisse wie Hitzewellen, Überschwemmungen und Dürren.
Der Anstieg des Meeresspiegels bedroht Inselstaaten, die so gut wie nichts zur Erderhitzung beigetragen haben. Flüsse, die weniger Wasser führen, erhöhen das Konfliktpotenzial zwischen den Anrainerstaaten, weil jedes Land um die eigene Wasserversorgung fürchtet. Und ein Verlust des Amazonas, der grünen Lunge des Planeten, wird nicht nur für Brasilien zum Problem. All dies macht deutlich, dass kein Land allein die Klimakrise bewältigen kann. Nur durch globale Zusammenarbeit können wir die Erderhitzung bis Ende des Jahrhunderts wieder auf 1,5 Grad Celsius zurückführen, wie es als Ziel im Pariser Klimaübereinkommen 2015 festgelegt wurde.
Angesichts aktueller geopolitischer Krisen - wie dem Krieg in der Ukraine, der instabilen Lage im Nahen Osten oder den Spannungen zwischen den USA und China - ist die Gefahr allerdings groß, dass die Bedrohung durch die Erderhitzung und damit auch die globale Klimadiplomatie in den Hintergrund geraten. Das darf keinesfalls passieren, da es gerade angesichts all dieser Krisen wichtiger denn je ist, beim Klimaschutz weiterhin gemeinsame Ziele zu verfolgen. Denn Klimaschutz ist essenziell für Frieden und Stabilität und der Übergang zu erneuerbaren Energien nicht nur eine ökologische, sondern auch eine politische, ökonomische und soziale Notwendigkeit.
Die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen, die oft aus politisch instabilen Regionen stammen, verschärft nicht nur dort Konflikte, sondern macht auch die importierenden Länder anfällig für wirtschaftliche und politische Erpressung - von der entgangenen Wertschöpfung im eigenen Land ganz zu schweigen. Es gilt daher, grenzüberschreitend den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben, die Energieeffizienz zu steigern und nachhaltige Technologien zu fördern. Krisen zu lösen erfordert als ersten Schritt den konkreten Austausch dazu - wie er in Belém weiter vertieft werden kann.
Europa hat Vorbildwirkung
Der Europäischen Union kommt hier eine wichtige Rolle zu. Diese hat sich vor UN-Klimakonferenzen immer bemüht, ihre eigenen Klimaziele nachzuschärfen, was dann jeweils für die Mitgliedsstaaten in deren nationale Ziele übersetzt wird. Und wenn man immer wieder hört, dass der Klimawandel nicht in Europa alleine gewonnen werden kann, sondern es hierbei vor allem auf die großen Emittenten USA und China und zunehmend auch auf die Schwellenländer ankommt, so ist herauszustreichen, dass gerade Europa eine Vorbildwirkung hat - und ein Aufzeigen, wie Klimaneutralität mit hohem Wohlstand verbindbar ist, ist fundamental für viele andere Weltregionen, damit diese ihrerseits auch die Weichen dahingehend stellen. Insofern benötigt Klimaschutz immer Impulsgeber, die vorangehen, um dann auf multilateraler Ebene globale Lösungen zu finden.
Die COP30 rückt mit dem Veranstaltungsort Belém auch Bedeutung und Schutz des Amazonas-Regenwaldes als Lunge der Erde und entscheidender Kohlenstoffspeicher in den Mittelpunkt. Allerdings sind die Hoffnungen auf verbindliche Abkommen etwa bei der Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen im globalen Süden realistisch betrachtet wohl beschränkt, gegeben die aktuell geopolitisch sehr inhomogene Situation. Dennoch gibt es bereits vorab auch schon Hoffnungsschimmer. Etwa in Brasilien selbst wurden durch die COP lokale Initiativen gestartet, um wirklich in der Bevölkerung zu verankern, worum es bei Klimaschutz letztlich geht, und nachhaltige Transformation zu einem Ziel werden zu lassen. Wo immer Lebensqualität mit Klimaschutz erhöht wird, gilt es dies eindrücklich zu kommunizieren, um als Inspiration für ein noch dynamischeres Handeln auch in Zukunft zu dienen.
Zur Person:
Karl W. Steininger, Professor für Klimaökonomik und Nachhaltige Transition und Leiter des Wegener Center für Klima und Globalen Wandel der Universität Graz. Studium der Wirtschaftsinformatik und Volkswirtschaftslehre in Wien und Berkeley, Tätigkeiten an der Weltbank, dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, an den Universitäten Oxford, Maryland, und Triest. Seine Forschungsspezialisierung liegt in der Umwelt- und Klimaökonomik sowie dem internationalen Handel. Sein Interesse gilt der ökonomischen Dimension der Folgewirkungen des Klimawandels sowie insbesondere den Emissionsminderungs-Optionen. Die Transformation zu Netto-Null Treibhausgasemissionen in Industrie und Verkehr sowie der Übergang auf erneuerbare Energie stehen dabei im Zentrum. Beratung der Europäischen Kommission, des Produktivitätsrats der Österreichischen Bundesregierung sowie von Landes- und Stadtregierungen bzw. -verwaltungen.