Rheuma - Nicht zu wenig Therapien, zu wenig Ärzte
Am 12. Oktober ist wieder Welt-Rheuma-Tag. Aus diesem Anlass wiesen bei einer Pressekonferenz in Wien Experten und Betroffene auf schwere Defizite in der Betreuung der österreichischen Rheumapatienten hin. Es fehlt nicht an wirksamen Therapien, es fehlt an spezialisierten Ärzten.
"Wir haben in Österreich genau 300 Rheumatologen. Davon sind 39 über 65 Jahre alt. 120 sind älter als 55 Jahre", sagte Judith Sautner, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Rheumatologie und Rehabilitation (ÖGR; www.rheumatologie.at). "Wie viele wir brauchen? Wir brauchen 4,3 Rheumatologen pro 100.000 Einwohner. Das sind für Österreich an die 400. In Wien gibt es nur zwei Kassenarztstellen für Rheumatologen, kein Scherz."
Dünnes Versorgungsnetz in Österreich
Bei in Österreich rund 2,5 Millionen Patienten, die an einer der insgesamt rund 400 Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises leiden, ist das Versorgungsnetz offenbar demnach ausgesprochen dünn. Es gebe in der Kassenmedizin auch keine bis kaum verrechenbare Leistungspositionen, was ausgebildete Rheumatologen schließlich zu bewege, eben bloß als Allgemein-Internisten zu arbeiten, betonte die Expertin. Mehr Ausbildungskapazitäten und mehr Berufschancen seien dringend notwendig. Hinzu komme, dass in den vergangenen Jahren auch zunehmend stationäre Spitalseinrichtungen für Rheumatologie reduziert worden seien.
In einer Umfrage unter 160 Rheumapatienten durch die Österreichische Rheumaliga (ÖRL) erklärten rund 55 Prozent der Betroffenen, dass sie sich dringend mehr Kassen-Rheumatologen und Rheumaambulanzen wünschten. Außerhalb der Ballungszentren gibt es kaum eine spezialisierte Versorgung, was zu langen Wartezeiten und weiten Anreisewegen führt, wie die Rheumaliga kritisiert.
Präzision gefordert
"Wir haben kein Problem mit der Zahl der Therapien. Die Herausforderung ist, zu bestimmen, welche Therapie für welchen Patienten die beste ist. Da sind wir voll in der Präzisionsmedizin", sagte Daniel Aletaha, Leiter der Klinischen Abteilung für Rheumatologie am Wiener AKH/MedUni Wien. Dafür benötige man eben die Spezialisten.
Die von Patientenvertretern und Experten beklagte Misere führt offenbar auch zu zu späten Diagnosen und bei weitem nicht immer zu einer optimal wirksamen Behandlung. Morbus Bechterew-Betroffene Saskia Wagner: "Es brauchte 24 Jahre, bis man meine Krankheit erkannte."
Mittlerweile sind die Behandlungsmöglichkeiten vor allem bei den entzündlichen rheumatischen Erkrankungen so gut, dass die Medizin das Ziel eines Stillstandes bzw. eines Verschwindens möglichst aller krankhaften Prozesse anstreben kann. Aletaha: "Wir haben nicht zu wenig Medikamente, wir haben zu wenig Patienten in Remission."
Rund um den Welt-Rheuma-Tag veranstaltet die Österreichische Rheumaliga - auch mobil per Bus - diverse Informationsaktivitäten (www.rheumaliga.at).