Atomchip liefert verschränkte Atomstrahlen
Photonen, die über das quantenphysikalische Phänomen der Verschränkung verbunden sind, eignen sich nicht nur für spektakuläre Experimente wie Quantenteleportation, sondern auch für technologische Anwendungen wie Quantenkryptographie. Wiener Physikern ist es nun gelungen, eine Quelle für verschränkte Atome herzustellen. Damit lassen sich verschiedene Quanten-Experimente künftig auch mit verschränken Atomen durchführen, berichten sie im Fachjournal "Physical Review Letters".
Erwin Schrödinger bezeichnete die Verschränkung als "Essenz der Quantenphysik", Albert Einstein tat sie als "spukhafte Fernwirkung" ab. Tatsächlich ist das Phänomen mit dem Erfahrungshorizont des Alltags kaum nachvollziehbar. Denn zwei verschränkte Teilchen bleiben wie von Zauberhand miteinander verbunden und teilen ihre physikalischen Eigenschaften. Die Messung an einem legt unmittelbar den Zustand des anderen fest, auch wenn sie beliebig weit voneinander entfernt sind.
Neues, vergleichsweise einfaches Verfahren
Verschränkte Photonen-Paare kann man schon seit Jahren mit unterschiedlichen Methoden herstellen. Auch mit Atomen und selbst mit Molekülen geht das, allerdings ungleich schwieriger. Jörg Schmiedmayer vom Atominstitut der Technischen Universität (TU) Wien und sein Team haben nun ein neues, vergleichsweise einfaches Verfahren zur kontrollierten Herstellung von verschränkten Atompaaren entwickelt.
Sie erzeugen dabei eine Wolke aus bis zu 2.000 ultrakalten Atomen, die an einem winzigen Chip von elektromagnetischen Kräften festgehalten werden. Dann bringen sie die Atome in einen angeregten Zustand. Von diesem fallen die Atome dann spontan in den Grundzustand mit niedrigster Energie zurück.
Diese Rückkehr in den Grundzustand ist konstruktionsbedingt für ein einzelnes Atom physikalisch nicht möglich, weil das die Impulserhaltung verletzen würde. Die Atome können in der Falle daher nur paarweise in den Grundzustand wechseln und danach in entgegengesetzte Richtungen davonfliegen, sodass ihr Gesamtimpuls weiterhin null ist. Bei diesem Prozess werden die zwei Atome jeweils verschränkt und je eines bewegt sich in die Richtung, die von der Falle auf dem Chip vorgegeben wird.
Demonstration anhand der Wellenüberlagerung
Dass es sich bei den Zwillingsatomen tatsächlich um verschränkte Teilchen handelt, zeigten die Forscher anhand der Wellenüberlagerung: Nur wenn man das Gesamtsystem misst, also beide Atome gleichzeitig, werden die für Quantenphänomene typischen wellenartigen Überlagerungen nachgewiesen. Misst man nur ein einzelnes Teilchen, verschwinden diese vollständig.
Mit dem Nachweis, dass sich mit der Methode zuverlässig verschränkte Zwillingsatome herstellen lassen, wollen die Forscher nun weitere Quantenexperimente mit diesen Atompaaren durchgeführt werden - ähnlich wie sie bereits mit Photonenpaaren möglich waren.
Service: https://doi.org/10.1103/PhysRevLett.126.083603