Gewessler: Green Deal könnte Gamechanger sein
Die Europäische Kommission hat das Ziel ausgerufen, die EU bis 2050 klimaneutral zu machen. Mit der Corona-Pandemie ist der Kampf gegen den Klimawandel zuletzt aus dem Fokus geraten. Für Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) hat der angekündigte "Green Deal" dennoch "Potenzial zum Gamechanger", betonte sie bei einer Diskussion zum Thema bei den Alpbacher Technologiegesprächen.
Erstmals werde der Kampf gegen den Klimawandel auch als wirtschaftliche Strategie behandelt, so Gewessler. Zur Umsetzung brauche es aber nicht nur die Mithilfe der EU-Mitgliedsländer. Maßgeblich seien auch die Entscheidungen über den Wiederaufbauplan, das Budget etwa für die Wissenschaft und die Klimaziele der Union bis 2030, die noch ausstehen. "Dieser Herbst wird entscheidend sein für Europa, aber auch für die globale Debatte. Wir sollten nie unsere Verantwortung als EU vergessen, dass das Pariser Klimaabkommen am Leben bleibt."
Geophysiker warnt: Maßnahmen vielleicht bereits zu spät
Geophysiker Christian Haas vom Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung warnte in diesem Zusammenhang allerdings, dass die Maßnahmen des "Green Deals" bereits vielfach zu spät kommen könnten. Schon jetzt gehe das arktische Meereis im Sommer um 50 Prozent zurück, in 50 Jahren werde es keines mehr geben, was wiederum die Erderwärmung massiv vorantreiben würde.
Als Grundlage für sinnvolle Maßnahmen brauche es auf jeden Fall noch mehr Forschung, um die Mechanismen und konkreten Auswirkungen des Klimawandels besser zu verstehen und die Modellierungen robuster zu machen, zeigte er sich bei der Diskussion einig mit Pascale Ehrenfreund, Astrophysikerin und bis 15. August Vorstandsvorsitzende des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), und dem Ozeanografen Martin Visbeck vom GEOMAR-Helmholz-Zentrum.
Die Wissenschaft müsse dann aber auch dafür sorgen, dass die Daten breit zugänglich werden, als Entscheidungsgrundlage für die Politik aber auch etwa für Fischer, die die Daten nutzen können, damit ihre Unternehmen überleben können, betonte Ehrenfreund den praktischen Nutzen etwa des Satelliten-Erdbeobachtungsprogramms Copernicus. Sie setzt außerdem auf die Einbindung von Nicht-Wissenschaftern in die Klimaforschung durch Citizen-Science-Projekte. Gut informierte Bürger würden sich mehr engagieren und könnten auch den Druck auf Politik erhöhen.
Ein Umdenken forderte Visbeck beim Umgang mit wissenschaftlichen Daten. Diese würden immer öfter hinter Paywalls versteckt. Wenn Lösungen für ein globales Problem gesucht werden, müssten die von Wissenschaftern gesammelten Daten allerdings auch weltweit kostenlos zugänglich gemacht werden. "Diese Daten sollten ein öffentliches Gut sein", so Visbeck. Gleichzeitig forderte er eine neue Kommunikation der Klimaforscher: Diese sollten nicht nur in die Rolle der Überbringer schlechter Nachrichten schlüpfen, sondern vielmehr Lösungen aufzeigen.
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(Diese Meldung ist Teil einer Medienkooperation mit dem AIT - Austrian Institute of Technology)