Auf den Spuren der Hyksos - Ägyptologe Manfred Bietak wird 85
Die Suche nach Erkenntnissen zu der geheimnisvollen Königsdynastie der Hyksos, die zwischen etwa 1.640 und 1.530 v. Chr. in Ägypten herrschten, steht seit Jahrzehnten im Fokus des Ägyptologen Manfred Bietak. Kurz vor seinem 75. Geburtstag konnte der Forscher einen hochdotierten "Advanced Grant" des Europäischen Forschungsrats (ERC) einwerben. Am Montag (6. Oktober) steht nun der 85. Geburtstag des auch in hochrangigen Fachmagazinen weiter präsenten Wissenschafters an.
Österreichische Archäologen erforschen seit den 1960er-Jahren im nordöstlichen Nildelta in Ägypten die Überreste der geheimnisvollen Dynastie. 2015 erhielt der am Institut für Orientalische und Europäische Archäologie (OREA) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) tätige, vielfach ausgezeichnete Wissenschafter einen mit 2,5 Mio. Euro dotierten "Advanced Grant". Unter dem Titel "The Hyksos Enigma" nahm er sich vor, das Rätsel um die Herkunft der Königsdynastie weiter zu entschlüsseln.
Lange Liste an Entdeckungen und Erkenntnissen
Bietak hatte bereits 1966 die Hauptstadt der Hyksos auf einem Ruinenhügel bei der heutigen Stadt Tell el-Dab'a entdeckt, ab 2005 legte er mit seinem Team einen ausgedehnten Palastbezirk aus der Epoche frei - was zahlreiche neue Erkenntnisse mit sich brachte und immer noch bringt. So zeigte er zum Beispiel 2020 mit Kollegen im Fachblatt "Plos One", dass die Hyksos nicht als Invasoren an die Macht kamen, sondern die Führung des Landes einst von innen heraus übernahmen. Das zeigten Zahnanalysen von Menschen, die in Tell el-Dab'a begraben wurden. Erst 2023 war der Archäologe und Ägyptologe zudem an einer Publikation im Fachjournal "Scientific Reports" über makabere Kriegsbeute in der ehemaligen Hyksos-Hauptstadt Avaris beteiligt.
Bietak, geboren am 6. Oktober 1940 in Wien, studierte an der Universität Wien und wurde 1964 in Ägyptologie promoviert. Zwischen 1961 bis 1965 nahm er an den österreichischen Rettungsgrabungen der nubischen Altertümer in Sayala teil. Von 1966 bis 1969 und von 1975 bis 2009 leitete er die Ausgrabungen von Tell el-Dab'a. Dabei identifizierte er neben der einstigen Hauptstadt Avaris auch die Ramses-Stadt Piramesse. Von 1969 bis 1979 war er zudem Grabungsleiter in Theben-West, wo er das Grab Anch-Hor entdeckte.
Zahlreiche Preise und Auszeichnungen
1971 wurde der Ägyptologe mit dem Aufbau einer archäologischen Forschungsstelle in Ägypten beauftragt, die 1973 dem Österreichischen Archäologischen Institut (ÖAI) angegliedert wurde und bis 2009 unter seiner Leitung stand. Nach seiner Habilitation (1975) wurde Bietak zunächst außerordentlicher (1981) und schließlich ordentlicher (1989) Professor für Ägyptologie an der Uni Wien, wo er von 1986 bis zu seiner Emeritierung 2009 Vorstand des Instituts für Ägyptologie war.
Bietak leitete ab 1992 die Abteilung (vor 2013 "Kommission") für Ägypten und Levante der ÖAW. Der Autor und Co-Autor von 16 wissenschaftlichen Monografien sowie von mehr als 200 Aufsätzen und Beiträgen in wissenschaftlichen Zeitschriften wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, etwa mit dem Großen Silbernen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, dem World Heritage Award for Egypt oder dem Kardinal-Innitzer-Würdigungspreis für Geisteswissenschaften. Zudem ist er Ritter des königlichen schwedischen Nordsternordens erster Klasse. 2022 erhielt Bietak auch das Große Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Bundesland Niederösterreich.