Klima-Glossar: Genossenschaften
Hinter einer "Genossenschaft" steht die Absicht, aus individuellen Beiträgen ein großes Ganzes zu machen. Gemeinschaftliches Wirtschaften steht dabei im Vordergrund. Mitglieder werden durch den Erwerb von Genossenschaftsanteilen beteiligt. Weithin bekannt sind Genossenschaften im Bankenwesen. Im Bestreben, nachhaltiger und ressourcenschonender zu wirtschaften entstehen nun aber auch vermehrt Genossenschaften im Dienstleistungs- oder Bausektor, oder im Lebensmittelbereich.
Eine Genossenschaft, oder auch Kooperative (auf englisch: cooperative, Anm.) ist zunächst eine Rechtsform für Unternehmen, die als freiwilliger Zusammenschluss von Personen in Form einer Mitgliedschaft definiert werden kann. So entstehen demokratisch strukturierte Wirtschaftsunternehmen, die auf lange Sicht ein gemeinsames Ziel verfolgen - ohne dabei kurzfristige Gewinne zu priorisieren. Eine Genossenschaft ist durch die drei Prinzipien Selbsthilfe, Selbstverwaltung und Selbstverantwortung gekennzeichnet.
Unter "Selbsthilfe" versteht man das Ziel, dass durch den freiwilligen Zusammenschluss von Individuen die ökonomischen, sozialen oder kulturellen Bedingungen der Mitglieder verbessert werden. Für Verbindlichkeiten der Genossenschaft haften die Mitglieder - gemäß des Prinzips der "Selbstverantwortung" - selbst. Auch wirtschaftliche Angelegenheiten werden von den Mitgliedern übernommen indem sie die Genossenschaft über ihre Organe verwalten und kontrollieren - hier spricht man von "Selbstverwaltung".
Förderauftrag
Eine Genossenschaft zeichnet sich außerdem durch ihren "Förderauftrag" aus - der Tatsache, dass Menschen durch ihre Mitgliedschaft ein bestimmter Vorteil zuteil wird. Gemeinsam wird etwa eine Nahversorgungsmöglichkeit geschaffen - wie durch die Genossenschaftsläden "Ums Egg" in der Steiermark oder der "Speis von Morgen" in Tirol. Mitglieder einer Beschäftigtengenossenschaft profitieren von einer Anstellung, solche einer Konsumgenossenschaft durch billigeren Einkauf.
Ob die Genossenschaft diesen Förderauftrag erfüllt, wird von sogenannten Revisionsverbänden geprüft. Ein Beispiel dafür ist der österreichische Verband "Rückenwind", dessen Mitgliedsgenossenschaften sich durch ihr "Leitbild einer lebensbejahenden Wirtschaft, in der die Bedürfnisse der Menschen und die Achtung vor Leben und Natur Vorrang vor Gewinnstreben und Profitmaximierung haben" auszeichneten, wie der Verband betont.
Dass Genossenschaften die Möglichkeit böten, "regionale und lokale Potenziale zu nutzen" hob indes die Leiterin der Abteilung Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren am deutschen Wuppertal Institut, Christa Liedtke, hervor. Zudem würden genossenschaftlich organisierte Betriebe "Bedürfnisse und Präferenzen vor Ort" erfahren und könnten ebensolche "gezielt adressieren", so Liedtke im Interview mit dem deutschen Genossenschaftsverband. "Direkte Interaktion" und "das grundlegende Vertrauensverhältnis zwischen den Akteur:innen" seien wesentliche Voraussetzungen für "den notwendigen sozialen und technischen Wandel in eine nachhaltige und resiliente Gesellschaft und Wirtschaft", war Liedtke der Meinung.
Genossenschaften sind keineswegs ein modernes Konstrukt. Der Sozialreformer Robert Owen gilt als Vordenker des Genossenschaftswesens. Er leitete Anfang des 19. Jahrhunderts eine große Baumwollspinnerei in Schottland. Der 1818 geborene Friedrich Wilhelm Raiffeisen gehört zu den Gründern der genossenschaftlichen Bewegung in Deutschland und ist der Namensgeber der Raiffeisenorganisation.
Vor allem in der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise erfuhren genossenschaftliche Banken, die nicht renditefixiert und spekulativ arbeiten, neuen Aufwind. So haben die Vereinten Nationen das Jahr 2012 Bezug nehmend auf die Finanzkrise zum Jahr der Genossenschaften ausgerufen, um zu betonen, dass gemeinsames und verantwortungsvolles Engagement auf dem Wirtschaftsmarkt für nachhaltige Entwicklung wichtig sei. Zudem wollten die UNO-Generalversammlung auf die Beiträge von Genossenschaften zur Armutsbekämpfung aufmerksam machen.