Praevenire Gesundheitstage - Aus der Krise für mehr Gesundheit lernen
Covid-19 sollte der endgültige Weckruf für die Weiterentwicklung des österreichischen Gesundheitswesens sein. "So wie es war, wird es nicht mehr sein", sagte Mittwochnachmittag der Präsident der Praevenire Initiative, Hans Jörg Schelling, bei den Gesundheitstagen in Seitenstetten (NÖ).
"Wir müssen anders denken. Wir müssen aus der Krise lernen. Aber wir müssen wissen: Es wird wieder eine neue Krise kommen", erklärte der ehemalige Chef des damaligen Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger und Ex-Finanzminister bei der offiziellen Eröffnung Gesundheitstage, in deren Mittelpunkt Diskussionen über die Weiterentwicklung des österreichischen Gesundheitssystems stehen. Dazu liegt ein "Weißbuch" zur Gesundheitsversorgung in der Zukunft für 2030 (Version: 2020) vor, das bis zum kommenden Herbst auch mit den Erfahrungen aus der Pandemie überarbeitet werden soll.
Höheres Tempo bei Reformschritten gefordert
Covid-19 hätte auch Initiativen gebracht, die es jetzt weiterzuverfolgen gelte, sagte Schelling: "Wir haben gesehen, dass wir die Mittel der Digitalisierung nützen können. Lassen wir Dinge wie das E-Rezept in den Regelbetrieb übergehen. Wir wissen, dass wir eine Pandemie nur gemeinsam bewältigen können." Es wäre eine vertane Chance, aus den Erfahrungen heraus nicht besser zu werden. Krisen könne man managen, es sollten aber alle Systeme im Gesundheitswesen so gestärkt werden, dass aus der nächsten keine unbeherrschbare Katastrophe werde.
Dazu müssten längst angedachte Reformschritte möglichst schnell realisiert werden. Es ginge um mehr Prävention, eine adäquate Aufgabenverteilung im Gesundheitswesen und schließlich auch um das Wahrnehmen von mehr Eigenverantwortung durch den einzelnen Menschen, betonte Schelling.
Einen wesentlichen Angelpunkt für die Weiterentwicklung sieht die steirische Gesundheitslandesrätin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) in einer verstärkten Eigenverantwortung der Menschen für ihre Gesundheit: "Für uns alle hat die Gesundheit einen anderen Stellenwert bekommen - sowohl für das Individuum als auch für die Gesellschaft. Es ist die Eigenverantwortung von uns allen, sich für die eigene Gesundheit zu engagieren."
Das zeige sich derzeit besonders bei den SARS-CoV-2-Impfungen. "Wenn wir es nicht schaffen, innerhalb von kurzer Zeit eine hohe Durchimpfungsrate zu erreichen, werden uns die Mutationen überrennen."
Mehr Wissenschaftsförderung nötig
Für die Zukunft sei aber auch mehr Wissenschafts- und Wissenschafterförderung notwendig: "Was wir in der Grundlagenforschung benötigen, ist ein besserer Datenzugang und gute Unterstützung für junge Wissenschafter." Die absolvierten oft die geforderten Ausbildungen im Ausland, kämen aber dann häufig nicht mehr nach Österreich zurück. Hier müssten attraktive Bedingungen geschaffen werden.
In der medizinischen Forschung sollte es rund um Covid-19 zu einer neuen Ausrichtung kommen, erklärte die Biochemikerin und ehemalige Grundlagenforscherin an der TU Graz: "Ich hätte mir nie gedacht, dass wir innerhalb eines Jahres einen (Covid-19)Impfstoff zusammenbringen. Aber wir haben bis jetzt keine gute Behandlung durch Medikation." So wie man in die Impfung gegen Covid-19 investiert hätte, sollte man nunmehr auch in die Entwicklung von wirksamen Arzneimitteln gegen die Pandemie investieren.