"Universitäten sind Zukunftsfaktoren für Österreich"
2015 wird für den Standort Wien ein Jahr der Jubiläen. Gleich drei Universitäten begehen runde Geburtstage: die Universität Wien (650 Jahre), die Technische Universität (200 Jahre) sowie die Veterinärmedizinische Universität (250 Jahre). Vor allem das Gründungsjubiläum der Ersteren ist von Bedeutung für alle Universitäten in Österreich. Sie ist nicht nur die mit Abstand älteste Universität im Land, sie deckt in diesem so gut wie ein Drittel des gesamten universitären Sektors ab. In vielfacher Hinsicht bildet sie innerhalb desselben ein Flaggschiff.
Das Jubiläum der Universität Wien ist so ein Anlass für alle österreichischen Universitäten, sich zu fragen, wohin der lange Weg weiter führen kann, den sie - wie alt sie jeweils sein mögen - schon zurückgelegt haben. Zur Beantwortung dieser Frage brächte es nicht viel, wenn die Besinnung auf ein "Zurück zu den Ursprüngen" hinausliefe. Mit der Mitte des 14. Jahrhunderts oder mit noch früherer Zeit verbindet vor allem Prinzipielles: das Bekenntnis zur Autonomie des wissenschaftlichen Bereichs gegenüber gesellschaftspolitischen Machtverhältnissen aller Art, das Streben nach menschlicher Erkenntnis und Wahrheit um ihrer selbst willen, das Bemühen um eine gegenseitige Ergänzung von theoretischer und praktischer (angewandter) Vernunft. Diesseits des Prinzipiellen, da, wo es um die Konkretisierung von "Universität" in der Gegenwart bzw. auf die Zukunft hin geht, lassen sich Brückenschläge über die Jahrhunderte hinweg nur schwer bewerkstelligen. Zu viel an Geschichte hat sich unterdessen abgespielt.
Gegenwärtig sind die Universitäten zentraler Bestandteil von Ländern, in denen sich eine Wissens-, ja eine Wissenschaftsgesellschaft immer mehr etabliert. Entsprechend anders sind die Erwartungen, die seitens dieser an die Universitäten gerichtet werden. Die Wertschöpfung, die von ihnen verlangt wird, reicht weit über das hinaus, was Jahrhunderte hindurch genügte - die Gewinnung von Erkenntnis sowie die Ausbildung von Theologen, Philosophen, Juristen, Medizinern, Kosmologen usw. Jetzt müssen sich die Investitionen, die seitens der öffentlichen oder auch privaten Hand für Universitäten getätigt werden, lohnen bzw. einen entsprechenden Output erzeugen. Die damit verbundene Wertschöpfung reduziert sich nicht auf den ökonomischen Nutzen - der gesellschaftliche Auftrag ist breiter, er erstreckt sich von der Vermittlung von Bildung bzw. Ausbildung bis hin zur konkretesten Anwendung von Erkenntnissen in allen Bereichen des Lebens -, der ökonomische Faktor ist jedoch so dominant wie nie zuvor.
Damit hängt zusammen, dass die Universitäten - national, international - in einem Konkurrenzverhältnis zueinander stehen. Die Rankings aller Art sind der Beleg dafür. Sie zeigen, dass Universitäten, in die viel investiert wird, mehr an nachweisbarer Wertschöpfung erbringen als andere. Sie können aufgrund der immensen Kosten, die Forschung unterdessen in vielen Wissenschaftsbereichen - mit ständig wachsender Tendenz - verursacht, insgesamt besser reüssieren. Vor allem kommt ihnen das Matthäus-Prinzip zugute: "Wer hat, dem wird auch noch gegeben, damit er es in Fülle habe ..." Diese Entwicklung führt über kurz oder lang dazu, dass einige Universitäten diesen Konkurrenzkampf bestehen werden, andere nicht.
In diesem Szenario befinden sich auch die österreichischen Universitäten. Sie profilieren sich darin mit unterschiedlichem Geschick. Während einzel-ne Spitzeneinrichtungen, die es an jeder Universität gibt, weltweit mithalten, tun sich die Universitäten als ganze viel schwerer - selbst die Universität Wien, die es häufig in die vorderen Ränge schafft. Deshalb hängt für die Zukunft der Universitäten alles davon ab, inwieweit sie selbst, zugleich die öffentliche und private Hand entschlossen sind, sich an diesem Szenario zu beteiligen.
Österreich investiert dafür, obwohl es als wohl reiches, aber doch kleines Land an naturgemäße Kapazitätsgrenzen stößt, weit mehr als häufig wahrgenommen wird. Es partizipiert prominent an internationalen Exzellenz-Einrichtungen und Forschungsprojekten, es hat den öffentlichen Etat für den gesamten Wissenschafts- und Forschungsbereich in den letzten Jahren so stark gesteigert wie nur wenige Länder. Das ist anzuerkennen. Trotzdem muss der eingeschlagene Weg konsequent weiter verfolgt werden. Das bedeutet auch eine Stärkung der Universitäten, die in einer Wissensgesellschaft wie unserer einen zentralen Faktor für die Zukunftsgestaltung des ganzen Landes bilden. Die Jubiläen der drei Wiener Universitäten sind ein willkommener Anlass, sich dessen einmal mehr bewusst zu werden.