"Ein bemerkenswerter Aufholprozess"
In den vergangenen fünfzehn Jahren haben die in Österreich tätigen Unternehmen ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung (F&E) sehr stark ausgeweitet. Investierten sie im Jahr 1998 noch weniger als einen Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) in Forschung, so beliefen sich die Ausgaben im Jahr 2012 auf rund 1,7 Prozent des BIP. Das entspricht einer durchschnittlichen Steigerung von rund 7 Prozent pro Jahr. Dementsprechend liegt die F&E-Quote des Unternehmenssektors in Österreich heute im oberen Drittel der OECD-Länder.
Diese Zahlen belegen einen bemerkenswerten Aufholprozess, in dem etliche Unternehmen in Österreich ihre technologischen Fähigkeiten zusehends vertieft und ausgeweitet haben. Dies ermöglicht es ihnen, sich durch neue oder maßgeblich verbesserte Technologien und Produkte vom Preiswettbewerb durch Mitbewerber aus Ländern mit niedrigeren Produktionskosten abzukoppeln. Neuere Untersuchungen zeigen, dass Exporte aus Österreich durchwegs hohe Marktanteile in den oberen Preissegmenten der jeweiligen Produktgruppen aufweisen und dass diese über die Zeit auch gestiegen sind. Etliche Produkte, in denen der österreichische Außenhandel hohe Weltmarktanteile erzielt, bauen auch auf eine breite Kompetenzbasis auf und werden nur von wenigen Mitbewerbern produziert. Generell zeigt sich, dass Unternehmen, die viel in Forschung investieren, ihre Beschäftigung schneller ausweiten und mehr exportieren, als solche mit geringen Forschungsausgaben.
Der eingangs beschriebene Aufholprozess wurde durch den EU Beitritt Österreichs vorangetrieben und durch eines der weltweit ausdifferenziertesten Fördersysteme für unternehmerische Forschung und Entwicklung gestützt. Anfang der 2000er Jahre wurden das Förderwesen grundlegend reformiert, neue steuerliche Förderungen eingeführt und die Mittel kontinuierlich aufgestockt. Damit wurde zum rechten Zeitpunkt dem Umstand Rechnung getragen, dass in wohlhabenden Ländern wie Österreich Wachstumsfortschritte nicht mehr durch die Übernahme und Anpassung bestehender Technologien erzielt werden können, sondern die fortwährende Weiter- und Neuentwicklung von Technologien und Produkten erfordern. Forschung und Entwicklung sowie innovationsrelevantes Wissen gewinnen somit stetig an Bedeutung.
Dies bedeutet jedoch auch, dass die Steigerung der F&E-Ausgaben der Unternehmen alleine nicht genügt. Ein gutes Bildungssystem und exzellente Hochschulen sind wichtige, komplementäre Erfolgsfaktoren für Unternehmen, deren Wettbewerbsvorteil in hochspezialisiertem Wissen begründet liegt. Solche Unternehmen suchen häufig den Kontakt zu Spitzenforschern an den Hochschulen, die in affinen technisch-wissenschaftlichen Gebieten arbeiten, da diese oft wichtige Ideengeber sind und die Entwicklungsanstrengungen von Unternehmen beflügeln können. Sie sind auch mögliche Kooperationspartner in Forschungsvorhaben. Vor allem aber bilden sie die zukünftigen Spitzenkräfte dieser Unternehmen aus.
Doch gerade im Bildungs- und Hochschulbereich sind die Rahmenbedingungen für forschungstreibende Unternehmen in Österreich derzeit nicht optimal. Wie der letzte Bericht zur wissenschaftlichen und technologischen Leistungsfähigkeit Österreichs des Rates für Forschung und Technologieentwicklung festhält, droht der anhaltende Reformstau im Bildungs- und Hochschulbereich, die günstigen Entwicklungen der letzten Jahre zu einem jähen Ende zu bringen.
So wie der gezielte Umbau und die vorausschauende Weiterentwicklung der unternehmerischen Forschungsförderung in der ersten Dekade des Jahrtausends Österreich an die Spitze der innovationsstärksten Nationen herangeführt haben, so ist eine grundlegende Reform des Bildungs- und Hochschulbereiches nun notwendig, um Österreich in diese Spitzengruppe zu katapultieren.
Wünschen darf man sich ja was.