Ignorierte Gefäßkrankheit: Atherosklerose der Beinarterien
Bei den Atherosklerose-bedingten Herz-Kreislauf-Erkrankungen stehen zumeist Herzinfarkt und Schlaganfall im Vordergrund. Doch von der Atherosklerose der Beinarterien (periphere arterielle Verschlusskrankheit, pAVK) mit drohender Invalidität und Amputationen wird kaum gesprochen. Dabei leiden daran weltweit fast zehn Prozent der über 40-Jährigen, stellte jetzt ein internationales Wissenschafterteam fest.
"Unsere Meta-Analyse beleuchtet die aktuelle hohe Verbreitung der peripheren Verschlusskrankheit der Beine weltweit. Es gibt substanzielle Unterschiede zwischen den Weltregionen und den Geschlechtern. Am stärksten ist der Zusammenhang mit Stoffwechsel-Risikofaktoren", schrieben jetzt Caroline Adou von der MedUni Limoges in Frankreich und ihre Co-Autoren im "European Journal of Preventive Cardiology" ( https://doi.org/10.1093/eurjpc/zwad381).
Die Autoren haben die vorliegenden Daten zur weltweiten Verbreitung der pAVK in der wissenschaftlichen Analysiert. Sie kamen zum Teil auf erschreckende Resultate: Weltweit leiden 9,7 Prozent der über 40-Jährigen an schwerer Atherosklerose der Beinarterien. In Nordamerika sind es "nur" 5,6 Prozent in dieser Bevölkerungsgruppe, in China und Japan 6,4 Prozent, in Europa mit Russland 12,9 Prozent. Am höchsten ist der Anteil der Betroffenen in Süd- und Zentralasien (z.B. Indien) mit 14,9 Prozent. Nordafrika (zehn Prozent), Zentral- und Südafrika (11,1 Prozent) sowie Mittel- und Südamerika (elf Prozent) nehmen eine Mittelrolle ein.
Krankheit ist "seit Jahrzehnten" unterdiagnostiziert
"Die Verschlusskrankheit der Beine stellt ganz klar die fortgeschrittene Manifestation einer Atherosklerose (Gefäßverkalkung; Anm.) dar, die oft auch andere Gefäßregionen betrifft. So wird sie oft von anderen Herz-Kreislauferkrankungen begleitet, zum Beispiel von koronarer Herzkrankheit, Gefäßerkrankungen des Gehirns oder atherosklerotischer Verengung der Nierenarterien. Das gleichzeitige Auftreten der pAVK der unteren Extremitäten mit Atherosklerose in anderen arteriellen Regionen verursacht eine erhöhte Herz-Kreislauf-Sterblichkeit (...)", schrieb dazu der Wiener Angiologe Oliver Schlager (MedUni Wien/AKH) in einem Kommentar in der wissenschaftlichen Zeitschrift.
Trotz der Risiken sei die Krankheit "seit Jahrzehnten" unterdiagnostiziert. "Diese Unterdiagnose spiegelt sich in einer nicht akzeptablen Rate von Patienten, die amputiert werden (...)", schrieb Schlager weiter. Das Problem, so der Wiener Experte: Handelt es sich bereits um eine schwere pAVK der Gefäße in den Beinen mit Amputationsrisiko, steigt die Sterblichkeit aus allen möglichen Ursachen bereits um den Faktor 2,26. Die Häufigkeit, dass der Betroffene einen nicht-tödlichen Schlaganfall oder Herzinfarkt erleidet oder an einer akuten Herz-Kreislauf-Erkrankung verstirbt, erhöht sich um 70 Prozent. Frauen im Alter über 40 Jahren leiden weltweit übrigens mit einem Anteil von 10,2 Prozent öfter an einer peripheren Verschlusskrankheit als die Männer in dieser Altersgruppe (8,8 Prozent).
Die Risikofaktoren sind für die Atherosklerose klassisch: Rauchen erhöht die Gefährdung um 90 Prozent, Ex-Raucher leiden zu 60 Prozent öfter an pAVK als Nichtraucher. Diabetes führt zu einem mehr als doppelt so hohen Risiko (Faktor 2,3), das gilt auch für Bluthochdruck. Adipositas verursacht eine um 50 Prozent größere pAVK-Gefährdung, bei zu hohen Blutfettwerten steigt das Risiko um 90 Prozent.
Im Grunde genommen wäre die Diagnose einer pAVK sehr leicht zu erzielen, auch wenn noch keine Symptome wie Schmerzen bei Gehen in den Beinen (belastungsabhängig) etc. bestehen. Durch eine Berechnung mit den Werten aus der Blutdruckmessung an den Armen und am Knöchel (Knöchel-Arm-Index) ist das schnell und ohne Belastung möglich. Je nach Stadium gibt es wirksame Behandlungsmöglichkeiten, die bis hin zu gefäßchirurgischen Eingriffen führen.
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