Wirtschaft fragt Forschung - Neue Dynamik für Ressel Zentren
Ähnlich wie in der Lehre, orientiert sich auch ein Großteil der Forschungsaktivitäten an Fachhochschulen (FH) an der direkten Anwendbarkeit. Die Idee der Josef Ressel Zentren (JR-Zentrum, JRZ) folgt genau dieser Logik - nämlich der Einrichtung anwendungsorientierter Forschungsinstitution zwischen der Wirtschaft und FH. 2008 wurden die ersten drei JR-Zentren an FHs in Vorarlberg, Oberösterreich und im Burgenland gegründet. Seit 2012 ist die Christian Doppler Forschungsgesellschaft (CDG) für die Abwicklung des vom Wirtschaftsministerium (BMWFJ) getragenen Programms zuständig. Es soll nun eine neue Dynamik entstehen. Pro Jahr ist die Gründung von etwa drei neuen JR-Zentren geplant. In der End-Ausbaustufe sollen dann um die 15 JR-Zentren gleichzeitig laufen, wie es seitens der CDG gegenüber der APA heißt.
2012 wurden drei neue Zentren genehmigt. Zwei davon sind bereits aktiv. An der FH Salzburg entstand das JR-Zentrum für Anwenderorientierte Smart-Grid Privacy, Sicherheit und Steuerung und an der FH Oberösterreich das JR-Zentrum für User-friendly Secure Mobile Environments. Dort steht die Entwicklung von Lösungen praktischer Fragestellungen im Mittelpunkt, wie etwa in Salzburg, wo man ein "Vertrauenspaket" für Endanwender intelligenter Stromnetze entwickeln will, wie JRZ-Leiter, Dominik Engel anlässlich der Eröffnung der APA mitteilte.
Algorithmen gegen Skepsis
Intelligente Netze sollen in Zukunft die Integration erneuerbarer Energien in die Stromnetze ermöglichen und dabei helfen, den Energieverbrauch durch Koordination von Produktion und Verbrauch zu senken. Smart Grids und Smart Meter - bis 2019 wird jeder österreichische Haushalt mit einem intelligenten Zähler ausgestattet - nutzen moderne Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT). Mit deren Hilfe sollen künftig über komplexe Algorithmen die Erzeugung, Verteilung, Speicherung und Verbrauch von Strom geregelt werden.
"Was am Ende unseres Projekts herauskommen soll, ist ein Vertrauenspaket für die Endanwender", so der Forscher. Man wird sich vor allem auf Softwareentwicklung konzentrieren. Diese soll gewährleisten, dass der Benutzer beispielsweise Einfluss darauf hat, wer seine Daten in welcher Auflösung einsehen kann, dass die Informationen ausreichend anonymisiert und verschlüsselt sind und vor Eingriffen von außen - etwa durch Hacker - geschützt sind. Ohne funktionierenden Datenschutz, sowie Interaktions- und Kontrollmöglichkeiten für den Endbenutzer wird die Einführung und der Ausbau von Smart Grids auf wenig Akzeptanz stoßen, ist Engel überzeugt.
Wirtschaft stellt die Frage
Bevor ein JR-Zentrum aus der Taufe gehoben werden kann, durchläuft es ein anspruchsvolles Evaluierungsverfahren. Seitens eines heimischen Unternehmens muss einerseits der konkrete Bedarf an anwendungsorientierter Forschung bestehen und andererseits brauche es die Bereitschaft eines Forschers, sich "diesem unternehmerischen Bedarf langfristig zu öffnen", so die CDG. Die Themensetzung erfolgt also Bottom-Up aus dem betrieblichen Umfeld. Haben sich zwei Partner gefunden, muss dann ein Forschungsprogramm entwickelt werden, "das einem hohen wissenschaftlichen Anspruch gerecht wird".
Bei den inhaltlichen Vorgaben ist das Programm bewusst offen gestaltet. Es gibt keine Calls, eine Antragstellung ist also jederzeit möglich. In der CDG wurde das wissenschaftliche Gremium, der Senat, um eine eigene "Josef Ressel-Kurie" erweitert, die die Anträge in der jeweils folgenden Sitzung behandelt und künftig auch die Qualität der Forschung in den JR-Zentren sicherstellen soll. Bewertet werden die Anträge in einem Peer-Review-Verfahren durch internationale Gutachter und den Senat. Wichtige Entscheidungskriterien sind neben der wissenschaftlichen Qualität des Vorhabens, die wirtschaftliche Relevanz und die Nähe zur Umsetzung, sowie die Qualifikation des vorgesehenen Zentrumsleiters.
Fünf Jahre Forschung
Die Laufzeit der ähnlich wie die zwischen Universitäten und Wirtschaft angesiedelten Christian Doppler-Labors (CD-Labors) ausgerichteten Zentren, ist mit fünf Jahren etwas kürzer als die der CD-Labors (sieben Jahre). Sie gliedert sich in eine zweijährige Eingangsphase, nach der eine Evaluation erfolgt, und eine dreijährige Verlängerungsphase. Auch die Zwischenevaluierung erfolgt im Peer-Review-Verfahren. Bewertet werde dann vor allem der wissenschaftliche Fortschritt.
Der jährliche Budgetrahmen der JR-Zentren bewegt sich zwischen mindestens 80.000 und maximal 400.000 Euro. CD-Labors können im Vergleich dazu mit maximal 600.000 Euro ein etwas höheres Jahresbudget haben. Finanziert werden die Zentren in der Regel zu gleichen Teilen von den beteiligten Unternehmen und der öffentlichen Hand, also der Förderung des BMWFJ. Beteiligt sich ein Klein- oder Mittelunternehmen (KMU) erhöht sich der Anteil der öffentlichen Förderung auf 60 Prozent. Die Basisinfrastruktur und das Gehalt des Leiters werden von der FH bereitgestellt. Dafür erhalten die FHs eine Anschubfinanzierung, die die Aufwände teilweise abdeckt.
Service: Weitere Informationen unter: www.cdg.ac.at und http://go.apa.at/v1U5OjUg.