Verantwortungsvolle Internationalisierung
Internationale Kooperation in Wissenschaft und Forschung trägt wesentlich zur Generierung von Wissen, zum wissenschaftlichen Fortschritt, zur Exzellenz und zur Bewältigung globaler Herausforderungen bei. Die Zusammenarbeit findet dabei in einem immer komplexer werdenden Umfeld statt, in dem Wissen und Innovation zunehmend umkämpfte Güter sind. Auch in Österreich wird die Notwendigkeit der Erhöhung der Forschungssicherheit zur Vermeidung ausländischer Einflussnahme verstärkt thematisiert.
Die Risiken im Bereich der internationalen Forschungskooperation umfassen den unerwünschten Transfer kritischen Wissens und von Technologien, die gezielte böswillige Einflussnahme auf die Forschung, die Erzeugung von Desinformationen oder die Anstiftung zur Selbstzensur unter Studierenden und Forschenden, wodurch die akademische Freiheit verletzt werden kann, sowie Verstöße gegen die Ethik oder wissenschaftliche Integrität, bei denen Wissen und Technologien zur Unterdrückung, Verletzung oder Untergrabung grundlegender Werte und Rechte eingesetzt werden.
Verantwortungsvolle Internationalisierung in Wissenschaft und Forschung muss diesen Risiken angemessen begegnen. Mit Maßnahmen, die dem Verhältnis zwischen Potential der Kooperation und Risiko geeignet Rechnung tragen, kann hierfür ein Umfeld geschaffen werden, in dem alle Beteiligten auf Augenhöhe und zum gemeinsamen Nutzen miteinander arbeiten können.
Kontinuierlicher Dialog
Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) ist im kontinuierlichen Dialog mit Hochschulen bzw. Universitäten, Forschungs- und Forschungsförderungseinrichtungen und hat den grundlegenden Schwerpunkt auf Maßnahmen zur Bewusstseinsbildung gelegt. Es soll damit sowohl ein gemeinsames Verständnis hergestellt, als auch der laufende Informationsaustausch der betroffenen Akteure sichergestellt werden. Hierzu werden unter anderem Workshops durchgeführt – sowohl innerstaatlich als auch mit internationalen Partnern – und relevante Dokumente und Informationen bereitgestellt.
Das Ressort versteht es als seine Aufgabe, die österreichischen Einrichtungen und damit seine Forschenden bei einem aktiven, eigenverantwortlichen und möglichst einheitlichen Vorgehen zur Risikominimierung und zum Schutz vor Bedrohungen zu unterstützen. Ohne die internationale Zusammenarbeit und Vernetzung dadurch mehr als notwendig einzuschränken, ist die Stärkung der Resilienz des Hochschul- und Forschungssektors das gemeinsame Ziel, um Angriffspunkte für zielgerichtete Versuche ausländischer Einflussnahme zu erkennen und zu verhindern. Dies kann nur mit einem ganzheitlichen Ansatz und einem gemeinsamen Risikoverständnis gelingen.
Europäisches Vorgehen
Ein gemeinsames Vorgehen innerhalb des offenen europäischen Forschungsraumes und der Austausch mit internationalen Partnern sind dabei essenziell. Nationale Maßnahmen werden daher unter Berücksichtigung erfolgreicher internationaler Beispiele und abgestimmt mit aktuellen Entwicklungen auf europäischer Ebene gesetzt. Im Februar 2024 haben mehr als 50 Länder im Rahmen eines Dialogs der Europäischen Kommission und der EU-Mitgliedsstaaten mit internationalen Partnern eine Erklärung zu zentralen Prinzipien und Werten der internationalen Kooperation in Forschung und Innovation verabschiedet. Dazu gehören akademische Freiheit, Ethik, Integrität, Open Science, wissenschaftliche Exzellenz, Gleichberechtigung und Inklusion sowie Forschungssicherheit. Insbesondere die Ratsempfehlungen zur Stärkung der Forschungssicherheit, die im Mai 2024 in Brüssel einstimmig angenommen wurden, sind ein wesentlicher Wegweiser für die nationale Governance und das weitere Vorgehen in diesem Bereich.
Ein besonderer Schwerpunkt des BMBWF liegt derzeit auf dem Aufbau von robusten Informations- und Vernetzungsstrukturen für die österreichische Hochschul-, Forschungs- und Forschungsförderungslandschaft innerhalb der eigenen Zuständigkeit. Das BMBWF hat für die Kommunikation zu diesem Thema bereits eine ausgewiesene Ansprechstelle im Ressort eingerichtet. Diese ist nicht nur zentraler Kontaktpunkt für die Einrichtungen, sondern steht diesen auch als Sparringpartner zur Verfügung und begleitet die Entwicklung und Umsetzung von Maßnahmen.
In Kooperation mit der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst wurden bereits erste Schulungsangebote entwickelt. Mit dieser Zusammenarbeit wird ein erster wesentlicher Schritt zur Ausgestaltung eines gesamtheitlichen nationalen Ansatzes gesetzt.
Mit Umsicht, Maß und Ziel vorgehen
Insgesamt ist jedoch auf allen Ebenen und seitens aller Akteure unbedingt mit Umsicht, Maß und Ziel vorzugehen. Internationale Zusammenarbeit ist ein wesentlicher Motor des wissenschaftlichen Fortschritts – nicht nur für ein kleines Land wie Österreich. Eine generelle Beschränkung internationaler Zusammenarbeit in einzelnen Bereichen oder auf bestimmte Länder ist nicht zielführend und würde langfristig zum Stillstand in wesentlichen Forschungsbereichen führen. Potenziell kann jedes Forschungsergebnis missbräuchlich verwendet werden – gerade im Bereich der Grundlagenforschung sind spätere Anwendungen meist nicht absehbar. Und mit einem entsprechenden Risikomanagement können Risiken frühzeitig erkannt und minimiert, niemals aber ganz ausgeschlossen werden.
Anhand internationaler Beispiele hat sich ein länderagnostischer Ansatz als nützlich erwiesen. Ein solcher unterstützt dabei, die Chancen internationaler Zusammenarbeit gegen ihre Risiken im Einzelfall gegeneinander abzuwägen. Das BMBWF wird die österreichischen Hochschul-, Forschungs- und Forschungsförderungseinrichtungen dabei begleiten und im Dialog mit ihnen geeignete Maßnahmen entwickeln, die eine verantwortungsvolle, produktive und reziproke internationale Zusammenarbeit langfristig sicherstellen.
Kurzportrait
Heribert Buchbauer / BMBWF Internationale Forschungskooperation und Science Diplomacy & Katharina-Irene Bointner / BMBWF Angelegenheiten der Wissenssicherheit und Tackling Foreign Interference