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Kooperation / EU-Magazin Horizon / 26.08.2025, 16:15

Kampf gegen die Hitze: Forscher wollen Gesundheitsrisiken minimieren

Von der EU geförderte Forscher entwickeln Strategien zum Schutz der Menschen vor steigenden Temperaturen, wobei sie sich auf gefährdete Gruppen und eine klarere Kommunikation zum Thema Klima und Gesundheit konzentrieren.

Credit: APA/HOCHMUTH

Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Umwelt – veränderte Wetterlagen oder schwindende Artenvielfalt – sind weithin bekannt. Doch verstehen wir wirklich, welche Effekte die steigenden Temperaturen auf die menschliche Gesundheit haben? Die Mitglieder des Climate-Health Cluster, eines von der EU geförderten Netzwerks europäischer Forscher, denken das nicht. Ihre Aufgabe ist es, diese Gesundheitsrisiken zu messen und Gegenstrategien zu entwickeln.

Dazu erarbeiten sie Protokolle zum Schutz gefährdeter Menschen während extremer Hitzewellen und geben Empfehlungen ab, wie Gesundheitssysteme besser auf die sich wandelnden Bedrohungen des Klimawandels reagieren können.

Warum den Fokus auf Gesundheit legen?

Ein wesentlicher Teil ihrer Arbeit besteht darin, wirksame Wege zu finden, um diese Risiken zu kommunizieren. Laut Professorin Cathryn Tonne, Umwelt-Epidemiologin am Barcelona Institute for Global Health, stehen viele Menschen der globalen Klimakrise weiterhin gleichgültig gegenüber.

„Begriffe wie Netto-Null, steigender Meeresspiegel oder schmelzende Eiskappen können fern und abstrakt wirken. Um diese Themen greifbarer und dringlicher zu machen, müssen wir ihre Bedeutung für die Gesundheit hervorheben“, erklärte Tonne, die CATALYSE koordiniert, eine fünfjährige, von der EU geförderte Forschungsinitiative, die bis September 2027 läuft. „Der Klimawandel hat schwerwiegende Auswirkungen auf die Gesundheit, aber wir haben es nicht geschafft, dies der Öffentlichkeit zu vermitteln, ebenso wenig wie die gesundheitlichen Vorteile von Klimamaßnahmen.“

Klare und konsistente Botschaften

CATALYSE, eines von sechs von der EU geförderten Forschungsprojekten zu Klima und Gesundheit, vereint ein Team von Wissenschaftern aus zehn EU-Ländern sowie aus der Schweiz und dem Vereinigten Königreich. Unter anderen sind das Internationale Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg (NÖ) sowie die private Tiroler Landesuniversität für Gesundheit UMIT in Hall beteiligt.

Einer der Bereiche, mit denen sich die Forscher befassen, ist die Frage, wie die Auswirkungen des Klimawandels der Öffentlichkeit vermittelt werden. Tonne wies darauf hin, dass sich die Klimakommunikation im Laufe der Zeit verändert habe, was zu Verwirrung geführt hat. „Holzheizungen wurden einst als klimafreundliche Option beworben, doch später zeigten sich ihre negativen Auswirkungen auf die Luftqualität“, sagte sie. Ebenso wurde die Umstellung von Benzin- auf Dieselfahrzeuge zunächst als positiv für das Klima angesehen, bis die Daten zur Luftverschmutzung bekannt wurden.

Der Klimawandel als Gesundheitsproblem

Tonne ist der Ansicht, dass die Darstellung des Klimawandels als Gesundheitsfrage entscheidend ist, um sowohl die Bevölkerung als auch politische Entscheidungsträger zu mobilisieren. „Wir glauben, dass dies letztendlich zu einem stärkeren politischen Engagement führen würde, idealerweise dazu, dass die EU-Länder die Umsetzung der EU-Klimapolitik beschleunigen.“

Die zugrunde liegende Idee ist einfach. Je mehr Menschen erkennen, dass der Klimawandel Leben gefährdet, desto eher sind sie bereit, Maßnahmen zu ergreifen, die letztlich sowohl der Umwelt als auch der Gesundheit zugutekommen. Doch so einfach ist es nicht immer. Das CATALYSE-Team untersucht beispielsweise die Vorteile des Fahrradfahrens auf die Umwelt und ist der Ansicht, dass der gesundheitliche Aspekt dabei nicht ausreichend hervorgehoben wird.

„Wir haben ein rechtlich verbindliches Netto-Null-Ziel, doch wir müssen fragen, welche Strategien voraussichtlich die größten Gesundheitsvorteile bringen“, sagte Tonne. „Ist es die Erzeugung sauberer Energie, Elektrofahrzeuge, die mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben werden, oder – wie wir glauben – die Menschen dazu zu bringen, aus ihren Autos auszusteigen und auf ihre Fahrräder umzusteigen?“

Hitzestress und Warnprogramme

Hitzestress ist ein weiteres wachsendes Problem, insbesondere in den Mittelmeerländern. In Europa gab es im Sommer 2022 mehr als 61.000 Todesfälle und im Jahr 2023 über 47.000, wie aus offiziellen Schätzungen und begutachteten Studien hervorgeht. Weltweit schätzt die Weltgesundheitsorganisation, dass der Klimawandel zwischen 2030 und 2050 jährlich mindestens 250.000 zusätzliche Todesfälle verursachen wird.

Um dem entgegenzuwirken, sammeln die Forscher Daten und arbeiten mit Wetterdiensten zusammen, um Frühwarnsysteme zu entwickeln. Ziel ist es, personalisierte Warnungen an gefährdete Gruppen – etwa ältere Frauen – zu senden, die sie auffordern, an Tagen mit hohem Risiko im Haus zu bleiben oder besondere Vorsichtsmaßnahmen zu treffen.

Gefahr für Arbeitnehmer im Freien

Eine weitere gefährdete Gruppe sind Arbeitnehmer im Freien. In Europa werden jedes Jahr zwischen 800.000 und 1 Million Saisonarbeiter für Tätigkeiten im Freien eingestellt, hauptsächlich in der Landwirtschaft, wodurch sie einem zunehmenden Risiko für hitzebedingte Erkrankungen ausgesetzt sind. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um Wanderarbeiter.

In den vergangenen drei Jahren haben CATALYSE-Forscher mit NGOs aus Spanien, Italien und Österreich zusammengearbeitet, um während der heißen Sommermonate Daten zu sammeln. Ihr Ziel war es, das Ausmaß des Risikos einer extremen Hitzeexposition bei Arbeitnehmern im Freien besser zu verstehen und Empfehlungen zu ihrem Schutz zu entwickeln. „Die Arbeits- und Lebensbedingungen dieser Arbeitnehmer sind oft katastrophal, und extreme Hitze verschlimmert die Situation noch“, sagte Tonne.

Das Leben im „Obstgarten Europas“

Daniel Izuzquiza, Direktor des SJM-Jesuit Migrant Service, einer NGO, die mit CATALYSE zusammenarbeitet, berichtete über seine Erfahrungen aus der spanischen Region Almeria, die als „Obstgarten Europas” bezeichnet wird. „Im Sommer ist es dort sehr heiß, und die Menschen arbeiten unter stressigen Bedingungen, die durch schlechte Wohnverhältnisse noch verschlimmert werden”, sagte er. „Viele leben in Baracken oder Hütten mit schlechter Belüftung, was bedeutet, dass sie Tag und Nacht gefährlich hohen Temperaturen ausgesetzt sind.“

Nur wenige strukturelle Maßnahmen greifen diese Realität auf, und die wenigen existierenden, wie das Anstreichen von Gewächshäusern mit weißer Kalkfarbe, scheinen laut Izuzquiza eher dem Wohl der Pflanzen als dem der Menschen zu dienen. Die vielleicht alarmierendste Erkenntnis ist, wie normal diese Zustände geworden sind. „Die Menschen brauchen Zugang zu Trinkwasser und besseren Wohnverhältnissen. Wir müssen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Verbraucher dafür sensibilisieren, wie Wanderarbeiter leben und wie die Bedingungen verbessert werden müssen.”

Die Zusammenhänge sichtbar machen

Für Tonne und ihre Kollegen ist die Herausforderung nicht nur wissenschaftlicher, sondern auch kommunikativer Natur: Sie müssen den Zusammenhang zwischen Klima und Gesundheit sichtbar, dringlich und umsetzbar machen. Das bedeutet, klare, konsistente Botschaften zu formulieren und Klimaschutzmaßnahmen als Investition in das Wohlbefinden und nicht nur als ökologische Notwendigkeit darzustellen.

„Je mehr die Menschen verstehen, dass der Klimawandel Leben gefährdet, desto eher unterstützen sie Maßnahmen, die sowohl den Planeten als auch die öffentliche Gesundheit schützen“, sagte Tonne. Indem wir diese Zusammenhänge erkennen, kann Europa sicherstellen, dass wir mit unseren Bemühungen zum Schutz der Umwelt auch die Gesundheit und das Wohlergehen aller Menschen schützen.

Artikel von Vittoria D’Alessio

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APA-Science Content-Kooperation mit Horizon

Die in diesem Artikel beschriebene Forschung wurde vom Horizon-Programm der EU gefördert. Die Ansichten der Befragten spiegeln nicht unbedingt die Ansichten der Europäischen Kommission wider. Dieser Artikel wurde ursprünglich in Horizon, dem EU-Magazin für Forschung und Innovation, veröffentlicht.