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Mehr zum Thema / Freitag 18.12.20

WWF-Bericht sieht den Wald in der Krise und stellt Lösungen vor

Mit "Wald in der Krise" hat der WWF seinen "Ersten unabhängigen Waldbericht für Österreich 2020" betitelt. Eine der kritischen Entwicklungen ist, dass sich der Trend zu mehr Laub- und Mischholzbeständen immer weiter abschwächt. Monokulturen gelten jedoch neben übermäßigen Entnahmen, Forststraßenbau und zu großen Wildbeständen als die Ursachen für die Schädlingsanfälligkeit der Wälder.
Bild: APA (Gero Broeler)

„Übernutzte Wälder sind weder für die Artenvielfalt noch im Kampf gegen die Klimakrise eine große Hilfe“, warnte Karin Enzenhofer, Waldexpertin beim WWF Österreich anlässlich der Publikation des Waldberichts, der auf rund 100 Seiten den Zustand der heimischen Wälder wiedergibt. Auch die Autoren sehen für die genannten Herausforderungen gesunde und vitale Wälder „als eine notwendige und unabdingbare Basis“. Erstellt wurde der Bericht im Auftrag der NGO vom E.C.O. Institut für Ökologie in Kärnten. Sieben notwendige Schritte wurden für einen „Wald der Zukunft“ definiert, etwa die Schaffung effektiver Anreizsysteme, „um den Laubholzanteil deutlich zu steigern und den Fichtenanteil stark zu reduzieren“.

Die Notwendigkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass nur elf Prozent von Österreichs Wäldern natürlich oder sehr naturnah ist, nur 0,8 Prozent davon sind effektiv geschützt. Hauptverantwortlich für den dramatisch geringen Anteil an artenreichen, klimafitten Naturwäldern ist die intensive Bewirtschaftung, schrieb der WWF am Freitag in einer Aussendung zum Waldbericht.

Wie sich Wälder nach Einstellung der Intensivbewirtschaftung von selbst wieder erholen, wird am Beispiel des Gebiets rund um den Nationalpark Kalkalpen in Oberösterreich erläutert. Dort wurde bereits um das Jahr 1500 der Wald im Weißenbach nahe Reichraming erstmals mittels Kahlschlägen genutzt, berichten die Autoren. „Bis zur Gründung des Nationalpark Kalkalpen setzten sich die Wälder des Hintergebirges zu rund zwei Dritteln aus Nadelhölzern zusammen. Neben Tanne, Lärche und Kiefer war die Fichte die dominierende Hauptbaumart“. 1997 wurde dann der Nationalpark mit einer Fläche von rund 21.000 Hektar gegründet und die natürliche Gegenbewegung zeitigte sich in Folge: Der Anteil der Buche vergrößerte sich um 22 Prozent, die Fichte ging um zehn Prozent zurück, der Holzvorrat stieg um zwölf Prozent – und alles in allem zeige sich eine langsame Angleichung an natürliche Verhältnisse.

Die Naturschutzorganisation fordert eine allgemeine Trendwende in der Waldbewirtschaftung: „Damit unser Wald seine Funktion als Klimaanlage, Kohlenstoffspeicher und Lebensraum für unzählige Organismen wieder voll und ganz ausüben kann, braucht es ein auf Ökologie ausgerichtetes Fördersystem und einen effektiven Schutz für die letzten Naturwälder“, sagt WWF-Expertin Enzenhofer. Und die Nutzung von Naturräumen und der Erhalt unserer Artenvielfalt müssten sich nicht widersprechen, argumentiert die NGO.

Weniger Holz zu nutzen als zuwächst sei nicht die alleinige Lösung. Die Waldfläche nimmt ohnehin von selbst zu, und macht rund 48 Prozent der Gesamtfläche in Österreich aus. Ausreichend Totholz, verschiedene Baumarten unterschiedlichen Alters und ein gesunder Waldboden müssen eine genauso große Rolle spielen, schließt der WWF aus dem Bericht: „Struktur- und Artenvielfalt sind jene Faktoren, die unsere Wälder zukunfts-fit machen und sie gegen die Auswirkungen der Klimakrise wappnen“. Eine faire Entlohnung für die Besitzer der Wälder sei dabei mit ein Erfordernis. Nachdem die Forstwirtschaft durch fallende Preise und Borkenkäferbefall unter Druck steht, fordern auch die Autoren die Entwicklung von Einkommensmöglichkeiten in neuen Leistungsbereichen, indem etwa Biodiversitäts- und Artenschutz oder Kohlenstoffspeicherung forciert werden. Letztendlich brauche es aber auch eine internationale Zusammenarbeit, um die Ziele zu erreichen.

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