Wiener Forscher entwickeln vielversprechenden Computerchip-Verbund
Für Computerchips oder Bauelemente, die quantenphysikalische Eigenschaften zeigen, wären Materialien interessant, die statt großteils aus Silizium aus Germanium und Silizium bestehen. Damit ließen sich höhere Taktfrequenzen bei weniger Energieverbrauch erzielen. Silizium-Germanium-Verbindungen neigen aber zu Verunreinigungen, die ihre Eigenschaften unberechenbar machen. Forscher aus Österreich und der Schweiz stellen nun eine Herstellungsmethode vor, die die Probleme umgeht.
Den Vorteilen einer Konstruktion aus Silizium und Germanium steht der Nachteil gegenüber, dass sich an der Oberfläche von Germanium eine Reihe an Sauerstoffverbindungen (Oxide) bilden können. Im Gegensatz dazu entsteht an Siliziumoberflächen immer nur eine Art von Oxid. Die Vielfalt der Möglichkeiten, die Germanium hier bietet, "bedeutet aber, dass unterschiedliche nanoelektronische Bauteile eine stark unterschiedliche Oberflächenzusammensetzung aufweisen und damit auch unterschiedliche elektronische Eigenschaften haben können", so Masiar Sistani vom Institut für Festkörperelektronik der Technischen Universität (TU) Wien am Dienstag.
Das macht die Bauteile und die elektronischen Eigenschaften, die sie an den Tag legen, wenn man den für die technische Nutzung notwendigen Kontakt mit einem Metall herstellt, weitgehend unvorhersehbar. Das wiederum ist dafür verantwortlich, dass das Potenzial der Silizium-Germanium-Verbindungen bisher kaum gehoben werden konnte. In der Halbleiterindustrie gilt das Material als zu kompliziert in der Handhabe und wird selten eingesetzt. "Die Reproduzierbarkeit ist ein großes Problem", so der Leiter des Instituts für Festkörperelektronik der TU, Walter Weber. Dabei könnten sich elektrische Ladungen in Silizium mit hohem Germanium-Anteil effizienter bewegen, was solche Bauteile schneller und auch energiesparender machen würde.
Wie viel effizienter sie arbeiten, lasse sich nicht pauschal beantworten. Bauelement-Simulationen von Transistoren auf Basis der Technologie hätten aber ergeben, dass sich der Energiebedarf im Betrieb auf rund ein Viertel des Bedarfs bei konventionellen Silizium-Transistoren reduzieren könnte, so Sistani gegenüber der APA. Außerdem könnte die Schaltung so bis zu zehn Mal schneller werden.
Die "perfekte" Schnittstelle
Das Wissenschafterteam aus Wien, Linz und Thun in der Schweiz beschreibt im Fachmagazin "Small" nun wie sich der Verbundstoff an Aluminiumkontakte andocken lässt, ohne an der Schnittstelle Verunreinigungen zuzulassen. Dabei wird das Silizium-Germanium mit einer dünnen Schicht nur aus Silizium kombiniert. Dann wird das Sandwich unter kontrollierten Bedingungen mit dem Aluminium sozusagen verschmolzen. Bei rund 500 Grad Celsius wechseln Silizium- und Germanium-Atome an der gewünschten Schnittstelle in den Alu-Kontakt. Das Aluminium wiederum füllt sogleich entstehende freie Räume im Material.
So entsteht eine "Schnittstelle zwischen Aluminium und dem Silizium-Germanium mit einer extrem dünnen Silizium-Schicht dazwischen", so Sistani. Die neue Methode gibt störenden Sauerstoffatomen erst gar nicht die Chance, in die Kontaktstelle zu gelangen.
Ein großer Vorteil sei, dass die Technik zur Umsetzung des Herstellungsverfahren in der Chipindustrie schon angewendet wird. Das Verfahren ließe sich also recht rasch umsetzen, so der an der Arbeit beteiligte TU Wien-Forscher Walter Weber.
Mit den so herstellbaren, scharfen Metall-Halbleiter-Schnittstellen könnten jedenfalls neue nanoelektronische Bauelemente gebaut werden. Denkbar wären auch Systeme, mit denen Lichtsensoren mit gesteigerter Effizienz und Genauigkeit arbeiten können. Unter bestimmten Umständen könne die Schnittstelle auch für die Übertragung von supraleitenden Quanten-Bits (Qubits) genutzt werden. Die quantenphysikalischen Eigenschaften in dem Aufbau könnten dann mit einer Steuerelektrode gezielt manipuliert werden, erklärte Sistani.
Service: https://doi.org/10.1002/smll.202204178