Etrusker bauten nach der Sonne ausgerichteten Tempel
Die Etrusker bauten ihre Tempel nach präzisen Himmelsrichtungen: Das beweist der "Ara della Regina" (Altar der Königin) in der Stadt Tarquinia nördlich von Rom, ein monumentales Werk aus dem 4. Jahrhundert v. Chr., das genau auf den Sonnenaufgang am etruskischen Neujahrsfest am 10. März ausgerichtet war. Dies geht aus den ersten Ergebnissen des Tarquinia-Forschungsprojekts der Universität Mailand hervor, bei dem Bauten der Etrusker analysiert werden.
"Die Etrusker hatten, wie alle antiken Zivilisationen, ein starkes Interesse am Himmel: Das wissen wir indirekt aus den uns überlieferten römischen Quellen, insbesondere aus den Texten von Landvermessern, die behaupteten, die Astronomie von den Etruskern gelernt zu haben", erklärte der Astronom Giulio Magli von der Mailänder Polytechnik, der zusammen mit den Etruskologen Giovanna Bagnasco und Antonio Pernigotti am Tarquinia-Projekt mitgearbeitet hat.
Hinwendung zur Sonne, Hoffnung auf Wiedergeburt
"Normalerweise richteten die Etrusker die Fassaden ihrer Sakralbauten so aus, dass sie an jedem Tag des Jahres vom Sonnenlicht beleuchtet wurden, aber es gab auch Ausnahmen. Der Altar der Königin in Tarquinia zum Beispiel ist auf den Sonnenaufgang am Neujahrstag ausgerichtet, der auf den 10. März fiel. Heute ist nur noch der Sockel des Tempels erhalten, aber damals galten die Sonnenstrahlen, die durch ihn hindurchgingen, als Symbol der Wiedergeburt", so Magli laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA.
Magli zufolge könnte diese Himmelsausrichtung auch noch etwas anderes verraten. "Die Stadt Tarquinia war in der etruskischen Kultur sehr wichtig, denn der Überlieferung nach war sie der Ort, an dem die mythologische Figur des Tagetes in der Gestalt eines weisen Knaben die Regeln für die Wahrsagerei, vermittelte. Diese Ausrichtung des Tempels auf das wahrscheinliche etruskische Neujahrsfest könnte darauf hindeuten, dass Tarquinia auch der Ort war, an dem der etruskische Kalender erfunden wurde, aber das ist vorerst nur eine Vermutung", so der Experte.
Datenbank zur Ausrichtung aller etruskischen Tempel
Die Forschungen des Teams werden in den kommenden Monaten mit dem Ziel fortgesetzt, die Ausrichtung aller etruskischen Tempel in Italien - etwa 50 - zu messen. Damit soll eine Datenbank erstellt werden, die eine bessere Untersuchung der Symbolik der etruskischen Zivilisation ermöglichten soll.
Die Etrusker waren ein antikes Volk, das im nördlichen Mittelitalien im Raum der heutigen Regionen Toskana, Umbrien und Latium lebte und zwar zwischen 800 v. Chr. und der zweiten Hälfte des 1. Jahrhunderts v. Chr. Nach der Eroberung durch die Römer (300 bis 90 v. Chr.) gingen die Etrusker weitgehend in der Kultur des Römischen Reichs auf.