Geologe: Menschen wiederholen Massensterben hoffentlich nicht
Kalamitäten durch den Treibhauseffekt sind auf der Erde Tradition: Laut Temperaturkurven gab es auch früher wärmere Phasen, erklärte der Wiener Geologe Michael Wagreich bei einer Podiumsdiskussion in Wien: "Sie waren allerdings alles andere als gemütlich." Zum Beispiel vor 252 Millionen Jahren, als 90 Prozent aller Arten ausgestorben sind. "Ich hoffe, dass wir als Menschen gescheit genug sind, uns nicht in das nächste Massensterben hineinzuziehen", meinte er.
Zu jener Zeit, an der Grenze der geologischen Epochen "Perm" und "Trias", gab es Massenaussterben in mehreren Phasen durch Treibhausgase, berichtete Wagreich, der am Institut für Geologie der Universität Wien forscht. Diese Treibhausphasen wurden damals durch Vulkanausbrüche ausgelöst und versetzten die Erde in einen Zustand, den die Wissenschafter quasi "heiße Hütte" (hot house) nennen. "Unter anderem kippten dadurch die Ozeane und wurden quasi Sauerstoff-frei. Alle Fische und anderen Meeresorganismen, die so wie heute Menschen auf Sauerstoffatmung angewiesen sind, starben", so Wagreich bei dem vom Bildungsministerium (BMBWF) veranstalteten "Science Talk" mit dem Titel "Wetterextreme das neue Normal?". Auch drei Viertel der Tiere an Land verendeten damals.
"Die große Beschleunigung"
"In der geologischen Geschichte ist das Aussterben gang und gäbe", sagte der Geologe: "Die Menschheit muss sich also überlegen, was sie tut, weil es wird uns umso eher selber treffen, je mehr wir das Erdsystem verändern." Diese Veränderungen gibt es, seit die Leute sesshaft wurden, Ackerbau betrieben, und erstmals Wälder dafür rodeten. "Der Einfluss war damals aber noch sehr gering", erklärte er: "Die globale Beeinflussung vieler Prozesse, die sich auch in der Geologie niederschlagen, passierte erst nach dem Zweiten Weltkrieg." Man nenne dies "die große Beschleunigung", weil ab dieser Zeit etwa die Weltbevölkerung, die Plastikproduktion und der Betonverbrauch exponentiell anstiegen, und dadurch die heute bekannten Probleme entstanden sind.
"Die gesamte Entwicklung der menschlichen Kultur passierte in den vergangenen 10.000 Jahren bei sehr stabilen Klimaverhältnissen", sagte Keywan Riahi vom Internationalen Institut für Angewandte Systemanalyse (IIASA) in Laxenburg bei Wien: "Wir sind nun gerade dabei, diese stabile Klimaphase zu verlassen, indem wir das Klima selber destabilisieren."
"Das Risiko, das dadurch entsteht, ist lebensbedrohend", erklärte Elke Ludewig vom Sonnblick Observatorium der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Man habe deshalb quasi keine andere Wahl, als engagierten Klimaschutz zu betreiben.