Sonde "Solar Orbiter" muss Zone mit Weltraumschrott durchqueren
Die Weltraumsonde "Solar Orbiter" wird am Samstag in relativ geringer Höhe an der Erde vorbeifliegen. Sie muss dazu die Wolken aus Weltraummüll durchqueren, wodurch der Vorbeiflug auch ein gewisses Risiko darstellt, wie das Institut für Weltraumforschung (IWF) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) am Donnerstag mitteilte. Das IWF ist an zwei der insgesamt zehn wissenschaftlichen Instrumente an Bord beteiligt.
Auf ihrer dreieinhalbjährigen Reise zur Sonne fliegt die im Februar 2020 ins All gestartete Sonde "Solar Orbiter" einmal an der Erde und achtmal an der Venus vorbei, um mit sogenannten Gravity-Assist-Manövern die endgültige Umlaufbahn zu erreichen. Zwei von acht Venus-Vorbeiflügen hat sie schon erfolgreich absolviert, am Samstag wird sie in nur 460 Kilometer Höhe, die Erde über Nordafrika und die Kanarischen Inseln überfliegen. Das Manöver sei wichtig, um den rund 1,8 Tonnen schweren Orbiter abzubremsen und ihn auf den nächsten nahen Vorbeiflug an der Sonne auszurichten.
Doch in dieser niedrigen Umlaufbahn zwischen 400 und 800 Kilometern befindet sich eine Anzahl von Objekten im All: High-Tech-Abfall aus früheren Weltraummissionen, die die Erde wie Geschosse umrunden. "'Solar Orbiter' muss verschiedene Regionen durchqueren, in denen sich Weltraummüll angesammelt hat", berichtete IWF-Forscher Michael Steindorfer, der an der SLR-Station am Observatorium Lustbühel tätig ist. "Die Gefahr eines Zusammenstoßes ist gering, dennoch wird die Situation sehr genau beobachtet, um die Flugbahn der Sonde im Notfall ändern zu können", so Steindorfer.
Besseres Verständnis von Sonne und Weltraumwetter
Die im Rahmen der Mission gesammelten Daten sollen helfen, das Magnetfeld der Sonne, Sonneneruptionen und das u. a. davon bestimmte Weltraumwetter und dessen Auswirkungen auf die Erde besser zu verstehen und unseren Planeten davor zu schützen. "Hauptziel der Mission ist es, mehr über die Heliosphäre zu erfahren und herauszufinden, wie unser Stern diese riesige Plasmablase, in der unser Sonnensystem eingebettet ist, erzeugt und moduliert", erläuterte die Grazer IWF-Gruppenleiterin Rumi Nakamura.
"Der Vorbeiflug an der Erde bietet eine einzigartige Gelegenheit, das Magnetfeld der Erde zu untersuchen", freute sich die Plasmaphysikerin. Das Erdmagnetfeld ist die Schnittstelle unserer Atmosphäre mit dem Sonnenwind. "Diese geladenen Teilchen, die ständig von der Sonne ausgestoßen werden, können nicht nur in das Magnetfeld eindringen und Polarlichter auf unserem Himmel entfachen, sondern auch Atome aus unserer Atmosphäre können ins Weltall entweichen", erklärte Nakamura. Die Grazer IWF-Direktorin Christiane Helling zeigte sich überzeugt, dass die Mission viel Potenzial in sich birgt: "Die Untersuchung der Heliosphäre unseres Sonnensystems schafft auch Grundlagen für unsere Forschungen an extrasolaren Planeten", hielt die Astrophysikerin und Exoplanetenforscherin fest.
Österreichische Beteiligung
Das IWF ist beim "Solar Orbiter" am Radiowelleninstrument RPW und am Magnetometer MAG beteiligt: RPW wird während des Erdvorbeiflugs eingeschaltet sein. "Das bevorstehende Manöver bietet eine gute Gelegenheit, um die Software-Updates der letzten Wochen zu testen," erklärte IWF-Gruppenleiter Manfred Steller. Die Beteiligung des IWF an Solar Orbiter wurde von der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) finanziert.
Neben dem IWF sind weitere österreichische Institutionen an der Mission beteiligt: Die Universität Graz zeichnet für die wissenschaftliche Softwareentwicklung des Röntgenteleskop STIX an Bord von "Solar Orbiter" verantwortlich, für die Thermalisolation des Satelliten war die Wiener Weltraumfirma RUAG Space zuständig.
Die operative Umlaufbahn von "Solar Orbiter" wird ein elliptischer Orbit sein, auf dem sich die Sonde der Sonne in regelmäßigen Abständen bis auf 42 Millionen Kilometer nähert und dann wieder bis 135 Millionen Kilometer von ihr entfernt. Die Bahnneigung wird eine bessere Sicht auf die Pole und somit erste Nahaufnahmen von noch nie zuvor gesehenen Sonnenregionen ermöglichen.