Klima-Glossar: Städtische Wärmeinseln
In Städten herrschen klimatische Verhältnisse, die sich deutlich von jenen des Umlandes unterscheiden. In Stadtteilen mit dichter Bebauung, wenig Grün und viel Versiegelung wird die Sonneneinstrahlung gut gespeichert, während es in der wenig oder unbebauten Umgebung deutlich kühler bleibt. Das Phänomen wird als Städtische Wärmeinsel (Urban Heat Island, UHI) bezeichnet. Und selbst in der Stadt gibt es nochmals lokale Hotspots (Intra Urban Heat Islands, IUHI).
In der Hitze des Sommers fiebern viele den Abendstunden entgegen, wenn die Luft etwas abkühlt und die Wohnung mit weniger warmer, frischer Luft versorgt werden kann. Für Innenstadtbewohner gibt es dann weniger Erleichterung. Hier macht sich der städtische Wärmeinseleffekt bemerkbar, der kein Phänomen der Tageshitze, sondern eines der Nacht ist. Er ist ein Resultat des Umstands, dass Städte oder manche Stadtteile aus mehreren Gründen in der Nacht deutlich weniger abkühlen, als ihr Umland oder andere Stadtteile. Laut der Helmholtz Klimainitiative kann die Differenz in großen Städten nächtens mehrere Grad Celsius betragen.
Schuld sind die dichte Bebauung und Versiegelung
Hauptfaktor für dieses Phänomen ist die dichte Bebauung und Versiegelung von Bodenfläche: Asphalt, Beton, Metall und Glas und andere Oberflächen erwärmen sich tagsüber durch die Sonneneinstrahlung und geben die gespeicherte Wärme dann über einen längeren Zeitraum ab, erklärt der Grazer Physiker Daniel Rüdisser. Die Materialien funktionieren sozusagen als unbeabsichtigte Wärmespeicher und strahlen nach Sonnenuntergang bis in die Morgenstunden langwellige Wärmestrahlung in die Umgebung ab. Deshalb ist laut dem Deutschen Wetterdienst in Städten die Anzahl der Tropennächte, in denen die Temperatur nicht unter 20 Grad Celsius fällt, deutlich höher als im Umland, während die Anzahl der heißen Tage nur wenig erhöht ist. Das Phänomen der Hitzeinseln verschärft somit die Folgen von Hitzewellen.
Ist eine Stadt dicht bebaut, kann auch die Luft nicht gut zirkulieren und kühlender Wind kann die Straßen und Fassadenflächen nicht ausreichend belüften. Und bei starker Versiegelung des Bodens läuft zudem Niederschlagswasser an den wasserundurchlässigen Oberflächen meist schnell ab und steht nicht für kühlende Verdunstungsvorgänge zur Verfügung. Die Abwärme von Klimaanlagen und Autos lassen die Städte zusätzlich schwitzen.
Zum Problem wurden UHI erst mit der zunehmenden Verstädterung. Städte werden immer größer und die Bebauung dichter, Naherholungsräume verschwanden und große Flächen wurden durch Straßen, Plätze und Gebäude versiegelt, wie Maja Žuvela-Aloise im Dossier "Urbane Kühlung" des Klima- und Energiefonds festhielt. Die Expertin für Meteorologie und Klimatologie bei Geosphere Austria in Wien untersuchte die Hitzebelastung in Städten wie Klagenfurt, Salzburg und Mödling und analysierte, wie effektiv dort Gegenmaßnahmen sein können. Für Großstädte wie Wien ist der Nutzen einer klimasensiblen Stadtplanung schon sehr gut untersucht und bestätigt. In Stadtklimaanalysen können Orte mit Überwärmungspotenzial, Kaltluftentstehungsgebiete und Luftleitbahnen erhoben werden und damit wichtige Grundlagendaten für die Stadtplanung liefern.
Gesundheitliche Probleme und steigende Energiekosten
Der Klimawandel und mehr Hitzewellen können die Folgen der UHI und des Wärmeinseleffekts verschärfen. Die Auswirkungen der UHI sind vielfältig: So kann sich der menschliche Körper bei den erhöhten nächtlichen Temperaturen in der Stadt während des Schlafes oftmals nicht ausreichend erholen, was zu einer Zunahme gesundheitlicher Probleme, etwa im Herz-Kreislaufbereich, führen kann. Vor allem ältere Menschen mit Vorerkrankungen, zum Beispiel des Herzkreislaufsystems, und Kleinkinder können sich vielfach nicht gut an die erhöhte Wärmebelastung anpassen. Wird die Hitzebelastung durch den verstärkten Einsatz von Kühlsystemen und Klimaanlagen gemildert, führt das wiederum zu einem höheren Energieverbrauch und steigenden Energiekosten. Gleichzeitig wird die Abwärme der Klimageräte in den Straßenraum abgeführt und heizt so die Stadt weiter auf.
Die Stadt Wien hat bereits 2014 das EU-geförderte Projekt "Urban Heat Islands" abgeschlossen, in dem in mehreren europäischen Metropolen das Stadtklima im Hinblick auf das Phänomen der urbanen Wärmeinseln untersucht wurde. In Wien waren als Projektpartner die Wiener Umweltschutzabteilung und das Institut für Bauphysik an der Technischen Universität Wien federführend. Im "Urban Heat Islands Strategieplan Wien" (UHI STRAT Wien) sind nun unterschiedliche Möglichkeiten dargestellt, um städtischen Hitzeinseln entgegenzuwirken. Auch kleinere Städte dürften in Zukunft zunehmend von UHI-Effekten betroffen sein und sollten sich entsprechend vorbereiten.
Geosphere Austria schlägt in seinem "Wetterlexikon" online kurz und bündig zwei Wege vor, wie sich die Menschen angesichts des Klimawandels und des Anstiegs der Hitzebelastung der Städte gegen Hitze wappnen können: In der "grünen Stadt" werden die kühlenden Eigenschaften von z. B. schattenspendenden Bäumen, Sträuchern oder Bodendeckern eingesetzt. Bei Gebäuden kann z. B. Dach- oder Fassadenbegrünung zum Einsatz kommen. Hier profitiere nicht nur das Stadtklima von der Verdunstungskühlung der Pflanzen, sondern auch die Innentemperatur der begrünten Häuser werde niedriger. Im "weißen Stadt"-Konzept wird durch den Einsatz von hellen Materialien mehr Sonnenstrahlung reflektiert, wodurch die Stadt weniger aufheizt. Mithilfe von sogenannten Frischluftschneisen zirkuliert die Luft in der Stadt besser: Kalte Luft aus dem Umland kann in die Stadt strömen.