Kinder als Integrationsmotoren für geflüchtete Frauen
Welchen Einfluss Familie und Elternschaft auf soziale Kontakte und damit Integration von Geflüchteten im Gastland haben, haben Wiener Wissenschafterinnen und Wissenschafter untersucht. Wie sie im Fachjournal "International Migration" berichten, erweisen sich Kinder als "Integrationsmotoren". So bauen geflüchtete Frauen mit Kindern eher regelmäßige Kontakte zu Einheimischen auf als kinderlose geflüchtete Frauen.
Ob Familie die Integration von Geflüchteten fördert oder behindert, sei bisher noch wenig untersucht worden, schreiben Isabella Buber-Ennser und Bernhard Rengs vom Institut für Demographie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und Judith Kohlenberger vom Institut für Sozialpolitik der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien in ihrer Facharbeit. Insbesondere über die genauen Auswirkungen von Familienstand und Kindern auf die sozialen Kontakte von geflüchteten Frauen wisse man wenig.
Die Wissenschafter haben in ihrer Studie 548 Männer und Frauen im Alter von 20 bis 44 Jahren, die aus Syrien und Afghanistan nach Österreich geflohen waren, befragt. Für den qualitativen Teil der Studie wurden dann geschlechtergetrennte Gruppendiskussionen mit syrischen Geflüchteten durchgeführt.
Es zeigte sich zwar, dass geflüchtete Frauen weniger Zeit mit anderen in der Aufnahmegesellschaft verbringen als Männer: Rund sieben von zehn Frauen und fast neun von zehn Männern haben mehrmals pro Woche oder öfter Kontakt zu Nicht-Familienmitgliedern in der Erstsprache oder auf Deutsch. Doch Frauen mit Kindern hatten regelmäßige soziale Kontakte, sowohl innerhalb ihrer ethnischen Gemeinschaft als auch darüber hinaus. Dabei berichteten verheiratete Mütter (53 Prozent) häufiger von Kontakten auf Deutsch als kinderlose verheiratete Frauen (47 Prozent) - ein Befund, der sich bei verheirateten Männern nicht zeigte (51 Prozent der Väter und 70 Prozent der kinderlosen Männer mit häufigen Kontakten).
Kindergeburtstage, Sportvereine und Arzttermine
"Frauen mit Kindern profitieren von Einladungen zu Kindergeburtstagen, Sportvereinen oder Arztterminen, die eine positive Auswirkung auf Sprachkenntnisse und eine größere Vertrautheit mit dem Gastland zur Folge haben", so Buber-Ennser in einer Aussendung. Die Familie binde zwar viele Ressourcen der Frauen, aber zugleich würden Kinder auch die Chancen auf regelmäßige soziale Kontakte im Gastland erhöhen.
Die Studie bestätige auch, dass eine flächendeckende und niederschwellige Kinderbetreuung für geflüchtete Frauen "von besonderer Relevanz ist", so Kohlenberger. Neben den Kontakten in den Betreuungseinrichtungen beim Bringen und Abholen oder bei Elternabenden und Veranstaltungen, ermögliche ihnen die externe Betreuung der Kinder auch die Teilnahme an Sprachkursen und gesellschaftlichen Veranstaltungen. Fehlt allerdings eine Kinderbetreuung, seien aufgrund ungleicher Verteilung der Sorgearbeit die Ressourcen von geflüchteten Frauen begrenzt, um soziale Kontakte zu knüpfen und zu pflegen.
Um mehr Flexibilität bei der Kombination von Sprachkursen, Arbeitssuche und Kinderbetreuung zu ermöglichen, empfehlen die Wissenschafter Investitionen in virtuelle Angebote.
Service: https://doi.org/10.1111/imig.13073