Forscher detektieren Nanoplastik in Körperflüssigkeiten
Im Gegensatz zu Kontaktlinsen werden Intraokularlinsen (IOL) direkt hinter der Iris (Regenbogenhaut) des Auges implantiert. Sie geben Patienten mit Grauem Star oder Fehlsichtigkeit die Sehkraft zurück. Möglicherweise geben sie aber auch Nanoplastik an den Körper ab. Grazer Forschende haben eine Methode zum Nachweis von Nanoplastik in durchsichtigen Körperflüssigkeiten entwickelt und untersuchen nun, ob bzw. in welchem Ausmaß Nanopartikelemissionen im Auge stattfinden.
Mikro- und die noch wesentlich kleineren Nanoplastikpartikel kommen aus verschiedenen Quellen in die Umwelt und gelangen teils auch in den menschlichen Körper. Mangels geeigneter Nachweismethoden ist das Schädigungspotenzial der kleinen Teilchen für die menschliche Gesundheit allerdings noch weitgehend unbekannt. Wie sie sich verhalten, hängt wesentlich von ihrer Größe, Form und Konzentration ab. Um ein umfassendes Bild von ihnen zu bekommen und sie zu verstehen, werden daher neue Techniken benötigt, die es ermöglichen, einzelne Partikel schnell zu erfassen und von verschiedenen Perspektiven zu betrachten.
Med-Uni-Spin-off und TU Graz testen Intraokularlinsen auf Emissionen
Diese Herausforderung reizt den Med-Uni-Spin-off BRAVE Analytics. Das Start-up hat vor zwei Jahren mit Harald Fitzek vom Institut für Elektronenmikroskopie und Nanoanalytik der TU Graz und einem Grazer Augenarzt ein Forschungsprojekt (Nano-VISION) gestartet, in dem es um die Frage geht, welche Rolle Nanoplastik in der Augenheilkunde spielt. Das Grazer Start-up hat hierzu schon vor zwei Jahren ein Partikelanalysegerät auf den Markt gebracht, das Partikelkonzentration und Größe in durchsichtiger Flüssigkeit kontinuierlich messen kann.
Die Optofluidic Force Induction genannte Methode hat Christian Hill an der Medizinischen Universität Graz entwickelt. Bei der "OptoFluidic Force Induction"-Methode, kurz OF2i, durchleuchtet ein schwach fokussierter Laser die flüssige Probe. Trifft das Licht auf Partikel, beschleunigt bzw. bremst der Laserimpuls sie - dabei größere Partikel stärker als kleinere. Die unterschiedlichen Geschwindigkeitswerte erlauben Rückschlüsse auf die Größe der Teilchen sowie deren Konzentration in der Flüssigkeit.
Neue Grazer Methode und Ramanspektroskopie kombiniert
Zusätzlich wird Ramanspektroskopie hinzugezogen, um mehr über die chemische Zusammensetzung der Partikel zu erfahren. Dazu wird das Spektrum des von einzelnen Partikeln in der Flüssigkeit gestreuten Laserlichts analysiert. Ein kleiner Teil des Lichts, die sogenannte Raman-Streuung, weist dabei eine andere Frequenz auf als der Laser selbst. "Abhängig vom Material der fokussierten Partikel sind die Frequenzwerte jeweils ein wenig anders und verraten so die genaue chemische Zusammensetzung", sagt der Ramanspektroskopie-Experte Harald Fitzek von der TU Graz. Durch die Kombination der beiden Zugangsweisen sollen die jeweiligen Vorteile genutzt und Schwachstellen ausgeglichen werden.
Die daraus möglich werdenden Untersuchungen - inwieweit die Intraokularlinsen spontan, nach mechanischer Belastung oder Einwirkung von Laserenergie Nanoplastik abgeben - laufen noch. Auf die Erkenntnisse aus den Versuchen warten Augenchirurgen und Linsenhersteller mit Spannung. "Anwendbar ist unsere Methode zum Nachweis von Mikro- und Nanoplastik auf klare Körperflüssigkeiten wie Urin, Tränenflüssigkeit oder Blutplasma", erklärte Fitzek den weiteren Anwendungsbereich der Methode. "Sie eignet sich aber auch für die kontinuierliche Überwachung von Flüssigkeitsströmen in der Industrie sowie von Trink- und Abwasser", wie der TU-Forscher betonte.