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Reportage

Ohne Schweiß kein Preis – Happylab begeistert Frauen für Making

APA-Science zu Besuch beim Female Maker Month im Happylab
Anna Riedler

Es war „Der weiße Hai“, der bei Marion die Faszination fürs Schweißen weckte. Genauer gesagt jene Szene, in der Lorraine Gary in ihrer Rolle als Frau des Hauptdarstellers in einer geräumigen Garage schweißt. Ihren Traum davon, es endlich selbst zu können, machte Marion nun im Happylab in Wien wahr. Mit Kursen von Frauen für Frauen versuchte die offene Werkstätte im Mai  im Rahmen des „Female Maker Month“ mehr Frauen für Making zu begeistern.

Giftige Dämpfe, Verbrennungsgefahr, Verblitzen der Augen – und wenn es ganz schlimm kommt, erklärt Kursleiterin Tatjana, dann löst sich die Netzhaut ab und man erblindet. Der erste Schweißversuch ist nichts für schwache Nerven und hat neben dem Verbinden zweier Metallstücke hauptsächlich mit Angstschweiß zu tun. Das Ergebnis ist weniger eine schöne, silberne Linie und mehr eine Aneinanderreihung ungleichmäßiger Tropfen – und erfüllt dennoch mit Stolz.

 

 

Nichts für schwache Nerven

 

Es ist trotz (oder vielleicht gerade wegen) Schutzkleidung und Helm zunächst eine Herausforderung, den Knopf zu drücken und den elektrischen Lichtbogen auszulösen, der hell wie ein Blitz genug Wärme einbringt, um die zwei Metalle, die vor den Kursteilnehmerinnen am Werktisch liegen, zu verbinden. Mit jedem Versuch wird es einfacher, die Linien gleichmäßiger, die Angst weniger, bis am Ende des Kurses ein ganzer Haufen Werkstücke auf dem Tisch liegt, weil keine von der Tätigkeit genug bekommen kann.

Aller Anfang ist schwer

Zuerst erklärt Tatjana die Technik ...

... dann wird losgeschweißt.

Am Ende liegt ein ganzer Haufen Werkstücke auf dem Tisch ...

... die mit jedem Versuch besser geworden sind.

Frauen für Making begeistern

Nur eine Türe entfernt, im Eingangsbereich des Happylab, sind in einem Schaukasten einige Projekte von Makerinnen zu sehen. Neben aus Sperrholz gebastelten Lampenschirmen und Accessoires aus dem Lasercutter drehen sich auf einer Platte lasergravierte Ringe aus Metall im Kreis. Daneben heißt ein mit weißen, flatterhaften Stoffen aus dem 3D-Druck bekleidetes Mannequin Besucher willkommen.

Das Happylab gibt es bereits seit 2006, in den zweiten Bezirk ist die offene Werkstätte aber erst vor einem Jahr übersiedelt. Neben mehr Platz gibt es jetzt außerdem eine Tischlerei, eine vollausgestattete Schlosserei, eine Holz- und eine Metallwerkstatt.

Die Idee zum Female Maker Month ist im Rahmen des FFG-Projekts FEM*mad entstanden. In Kooperation mit dem Austrian Institute of Technology (AIT), der Universität Salzburg und dem Kreativraum Mz*Baltazar’s Lab wird seit 2019 nach Möglichkeiten gesucht, das Makermovement integrativer und besonders für junge Frauen ansprechender zu gestalten. Denn nur etwa 20 Prozent der Nutzer:innen von Makerspaces sind Frauen, wie es in einer Aussendung des Happylab heißt. Das Vorhaben läuft noch bis September 2022.

Fehler machen ist erlaubt

Teil der Bemühungen ist ein Rundgang durch die Werkstätte. Die Tour beginnt in der Hobbywerkstatt, wo Hammer, Schraubenzieher und Zangen die Wände säumen. Sägen, bohren, schrauben – in der Hobbywerkstatt gibt es hauptsächlich Gerätschaften, für die es keine Einschulung braucht. Einzig das Herzstück, die CNC-Fräse, ist nicht ganz selbsterklärend. Für Geräte wie die Fräse, 3D-Drucker, Lasercutter oder Schneideplotter gibt es Videotutorials, Einschulungen und eine Datenbank, wo Nutzer beispielsweise ihre Schnittwerte zu bestimmten Materialien eintragen, damit alle voneinander lernen können.

An der CNC-Fräse trifft man oft auf Heilmasseurin Katharina, die sich mit Massagesesseln, Aufsätzen für Massageliegen und weiterem Zubehör für Masseure wortwörtlich ein zweites Standbein aufbaut.  „Machen, machen, machen“, rät sie den Teilnehmerinnen des Rundgangs. Sie habe so ziemlich jeden Fehler schon gemacht – aber keinen Fehler zweimal.

Rundgang durch die Hobbywerkstatt

Das Happylab ist vor einem Jahr an einen größeren Standort übersiedelt.

In der Hobbywerkstatt gibt es allerlei Werkzeuge.

Herzstück ist aber die CNC-Fräse.

Hier trifft man oft auf Katharina, die an Massagezubehör arbeitet.

"Respekt, aber keine Furcht"

 

Außerdem werden Workshops angeboten: Eine Hardware-Bastelstunde, bei der nur nachhaltige, unter fairen Arbeitsbedingungen hergestellte Elektronikteile zum Einsatz kommen. Digitales Modedesign. Do-It-Yourself-Fahrradreparatur. Und eben „Frauen schweißen – zusammen“, wo Schweiß-Expertin Tatjana Schinko von der GRAND GARAGE, einem Linzer Makerspace, in drei Stunden theoretisches Grundwissen, vor allem aber die praktische Anwendung vermittelt. Der Andrang ist groß – die fünf Plätze waren sofort vergeben, weitere 45 Personen standen auf der Warteliste, erklärt Kommunikationschefin Leyla Jafarmadar. In Zukunft, so Jafarmadar, sollen solche Workshops deshalb regelmäßig angeboten werden, ebenso wie Frauen-Stammtische, wo sich die weiblichen Mitglieder untereinander austauschen können.

 

Eine der Glücklichen, die einen Platz ergattert haben, ist Katrin. Im Gegensatz zu Marion ist sie keine Fremde im Happylab, sondern bereits seit einiger Zeit eine oft gesehene Nutzerin der Werkstätte. Eigentlich kommt sie aus dem Projektmanagement – aber seit über einem halben Jahr bastelt sie an einem E-Scooter aus Holzspanplatten. „Ich träume in der Nacht davon“, erklärt sie lachend – von ihrem Ziel sei sie immer noch weit entfernt, das Projekt lasse sie aber nicht los. Wenn sie einmal nicht weiter wisse, gebe es immer Hilfe, betont sie, auch bei den gefährlicher aussehenden Maschinen: „Respekt ist gut, aber Furcht braucht man keine haben.“ Genau das ist es, was im Female Maker Month vermittelt werden soll.

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