#CoronaAlltag: Schichtarbeit im Labor
Über ein Monat ist vergangen seit alle Aktivitäten am IMBA, dem Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), weitgehend heruntergefahren wurden und diese Situation zu unserem neuen Alltag wurde. Für die meisten Mitarbeiter*innen am Institut bedeutete das, von zu Hause weiterzuarbeiten.
Das bot zwar die Möglichkeit, bislang vernachlässigten Lesestoff nachzuholen, wichtige Datenanalysen durchzuführen und an wissenschaftlichen Beiträgen zu arbeiten, doch der neue Workflow war für viele, mich eingeschlossen, mit Einschränkungen verbunden.
Organoide brauchen trotz Shutdown Nährstoffe
Als PhD-Studentin am Ende meines ersten Jahres war geplant, dass ich zu diesem Zeitpunkt umfassende Experimente durchführe, die dann die Basis meines Projektes bilden würden. Der großflächige Shutdown hat mich und auch viele meiner Kolleg*innen somit in eine belastende Situation gebracht. Manche Forschungsgruppen, dazu gehört auch die, in der ich arbeite, können aufgrund der Art ihrer Tätigkeit den Betrieb im Labor nicht komplett einstellen, ohne viele Monate oder sogar Jahre an gesammelten experimentellen Daten zu verlieren.
Ich forsche in der Gruppe von Molekularbiologe Jürgen Knoblich an Gehirn-Organoiden. Das sind 3D-Strukturen mit Eigenschaften des menschlichen Gehirns, die wir in vitro aus pluripotenten Stammzellen erzeugen. Die Organoide sind lebendiges Zellmaterial und brauchen daher eine konstante Versorgung mit Nährstoffen, um zu überleben und wachsen zu können.
Mit Sicherheitsmaßnahmen und Schichtarbeit im Labor
Ich war eine der wenigen Personen, die einen Sonderzugang zum Labor bewilligt bekamen, um die notwendigsten Arbeiten durchzuführen und sicherzustellen, dass die Organoide adäquat versorgt sind. Für diese Mitarbeiter*innen gab es zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen und Restriktionen, die sich regelmäßig an die Verordnungen der Regierung anpassten. Sicherheit und die Eindämmung der Verbreitung des Virus waren dabei höchste Priorität.
Wir mussten zu jeder Zeit Handschuhe, Masken und Laborkittel tragen und wurden in kurze und abwechselnde Schichten eingeteilt. So konnte man sicherstellen, dass wir während unserer Arbeit auf keine Kolleg*innen trafen. Die Maßnahmen haben uns dazu gezwungen, schneller und effizienter bei der Arbeit mit kritischen Experimenten zu werden, um den weiteren Laborbetrieb gewährleisten zu können.
Neue Arbeitsabläufe etabliert
Obwohl die ersten Wochen oft unübersichtlich waren, haben wir während der Quarantänezeit erfolgreich neue Arbeitsabläufe etabliert. Die Lab Meetings und der Journal Club fanden wöchentlich über Zoom statt - teilweise wurden daraus auch institutsweite Seminare mit mehreren hundert Teilnehmer*innen. Wir sind trotz der anfänglichen Sorgen positiv überrascht, wie effizient diese Zoom-Meetings ablaufen und wie gut wir trotz allem weiter zusammenarbeiten und die wissenschaftliche Diskussion mit Kolleg*innen am Laufen halten. Manche dieser Aspekte kann man in Zukunft gegebenenfalls wieder aufgreifen.
Trotzdem ist es eine Erleichterung, dass das Institut nun schrittweise wieder öffnen darf und Mitarbeiter*innen, die zur Arbeit kommen, die Möglichkeit haben, im Haus auf das Coronavirus getestet zu werden. Bisher haben wir keine Fälle einer Erkrankung in unserem Institut. Wir müssen aber extrem vorsichtig und aufmerksam sein, damit das auch so bleibt und wir unser Institut wieder zu einem normalen Betrieb wie vor der Coronakrise zurückführen können.
Zur Person: Sakurako Nagumo Wong ist Doktorandin im Knoblich Lab des IMBA - Institut für Molekulare Biotechnologie der Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) am ViennaBiocenter. Sie arbeitet dort mit Gehirnorganoiden und untersucht an diesen Modellen insbesondere Prozesse interneuronaler Migration.
Service: Dieser Gastkommentar ist Teil der Rubrik "Corona - Geschichten aus dem Krisen-Alltag" auf APA-Science: http://science.apa.at/CoronaAlltag. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Autor/der Autorin.