Warum ultradünne Materialschichten bei Beschuss unversehrt bleiben
Um maßgeschneiderte Löcher in ultradünne Materialschichten zu bekommen, werden sie mit schnellen Ionen beschossen. Doch statt ein wohldefiniertes Sieb zu formen, bleibt dabei so manches Material fast unversehrt. Warum das so ist, haben Forscher der Technischen Universität (TU) erklärt. Wie sie im Fachjournal "Nano Letters" berichten, hängt dies davon ab, wie stark die "Projektile" geladen sind und wie schnell sich die Elektronen im Material bewegen können.
Das aus einer einzigen Schicht von Kohlenstoffatomen bestehende Graphen ist der bekannteste Vertreter einer Reihe von ultradünnen Materialien, die nur aus einer oder wenigen Atomlagen bestehen. Aus solchen Materialien kann man dünne Membranen formen, die mit maßgeschneiderten Löchern bestimmte Atome oder Moleküle festhalten oder durchlassen.
Ionen mit 30- bis 40-facher elektrischer Ladung
Um ein solches Nanosieb herzustellen, werden die Schichten mit hochgeladenen Ionen beschossen. Dazu wird typischerweise Edelgas-Atomen, etwa Xenon, eine große Zahl von Elektronen entfernt. Es entstehen Ionen mit 30- bis 40-facher elektrischer Ladung, die beschleunigt werden und mit hoher Energie auf die Materialschicht treffen.
Die Auswirkungen sind je nach Material völlig unterschiedlich: Manchmal durchdringt das Projektil die Schicht, ohne dass sich diese merklich verändert. Manchmal werden rund um den Einschlagsort zahlreiche Atome herausgelöst und ein einige Nanometer großes Loch entsteht.
Die Forscher um Alexander Sagar Grossek vom Institut für Angewandte Physik der TU Wien haben nun ein Modell entwickelt, "mit dem man sehr gut einschätzen kann, in welchen Situationen es zu einer Bildung von Löchern kommt und in welchen nicht", wie er in einer Aussendung erklärte. Abhängig ist dies vom Ladungszustand des Projektils und der Elektronenmobilität im Material.
An Einschlagstelle bleibt positiv geladene Region zurück
Ein Ion mit vielfacher positiver Ladung zieht beim Durchtritt zahlreiche Elektronen der Materialschicht mit sich, an der Einschlagstelle bleibt somit eine positiv geladene Region zurück. Welche Auswirkungen das hat, hängt davon ab, wie schnell sich Elektronen im Material bewegen können.
Während Graphen eine extrem hohe Elektronenmobilität hat und die positive Ladung an der Einschlagstelle in kurzer Zeit ausgeglichen wird, sind in anderen Materialien wie Molybdändisulfid die Elektronen langsamer. Sie gelangen nicht rechtzeitig zum Einschlagsort. Die Folge: Die positiv geladenen Atome, denen das Projektil ihre Elektronen weggenommen hat, stoßen einander ab und fliegen davon - es entsteht ein Loch.
Die Forscher hoffen, mit dem besseren Verständnis der Vorgänge in den ultradünnen Schichten Membranen mit maßgeschneiderten Nanoporen herstellen zu können. So gebe es Überlegungen, mit solchen molekularen Sieben bestimmte Atome oder Moleküle auf kontrollierte Weise festzuhalten und so etwa CO2 aus der Luft filtern zu können.
Service: https://doi.org/10.1021/acs.nanolett.2c03894