#CoronaAlltag: Wie sich der Schulalltag in Zeiten von Corona verhält
Eigentlich hätte ich am 04.05.2020 damit beginnen sollen, meine schriftliche Reifeprüfung abzulegen. Einen Teil, eine Säule der Matura habe ich schon, die VWA (Vorwissenschaftliche Arbeit), und mit der hängt ganz stark zusammen, wie sich mein Schulalltag in den letzten Wochen verändert hat.
Am 11. März habe ich meine VWA präsentiert, am selben Tag wurde die einstweilige - also noch immer weitestgehend bestehende - Schulschließung bekanntgegeben. Irgendwie ein komisches Gefühl, als wir am nächsten Tag alle wieder in die Schule gehen und merken, so ganz wie vorher, so wird das nicht mehr werden.
Die nächsten zwei Tage sind eher ein Gemisch aus Informationsdefizit - niemand weiß so recht, wie lange die Schule physisch nicht stattfindet - und andererseits steht die Frage im Raum, wie der Unterricht denn nun gestaltet werden soll.
Vor allem für mich als Maturanten war das schon ein wenig unwirklich. Ich hätte also auf der einen Seite mit den doch rigorosesten und gleichsam bedeutsamsten Einschnitten in die öffentliche Ordnung und auf der anderen Seite mit dem Lernen fertig werden sollen. Vor allem das "Distance-Learning" hat sich niemand (mich eingeschlossen) in meinem Umfeld so richtig vorstellen können.
13. März. Der "letzte" Schultag. Irgendwie war da in der Schule so eine ganz komische, fast bedrückende Atmosphäre. Ein wenig so wie vor den Sommerferien, nur eben doch anders. Der Unterricht bestand in den Kernfächern, also denen, denen für die Matura noch Bedeutung zugemessen wurde, aus dem Zuteilen von Aufgaben für die Heimarbeitszeit. Im Rest wurden Filme geschaut.
16. März. Unsere Schule beginnt sich eine E-Learning Plattform einzurichten, wir sollen ab jetzt mit "Microsoft Teams" arbeiten. Jede Lehrkraft wurde dazu angehalten, einen Kurs, also letztlich einen virtuellen Klassenraum, für Kommunikation zu erstellen.
Hier war für mich vor allem überraschend, wie schnell das funktioniert hat, aber auch wie schnell eigentlich alle LehrerInnen das Angebot des E-Learnings aufgegriffen haben. Insbesondere auch solche, bei denen wir als SchülerInnen ein derartiges Vorgehen nicht erwartet hätten. So haben wir beispielsweise sehr rasch auch Aufgaben für den online Turnunterricht oder den online BE-Unterricht bekommen. Da ist im Allgemeinen eigentlich kein Fach nicht vorgekommen.
Es sind auch Klassenkonferenzen - am meisten im Mathe-Unterricht - zum Einsatz gekommen, welche die Erklärmöglichkeiten, aber auch die Feedback-Möglichkeiten für uns als SchülerInnen enorm gesteigert haben. Der "typische" AHS-Unterricht ist ja ein interaktives Lehrformat, eines, bei dem der/die SchülerIn die Möglichkeit zur Rücksprache, zur Nachfrage hat. Das hat meinen MitschülerInnen und mir persönlich anfangs gefehlt, weil vor Prüfungssituationen immer ein gewisses Nachfragebedürfnis bezüglich des Prüfungsstoffes besteht. Eben da ist die Möglichkeit zur Rückfrage und zum Vergleich ganz wichtig und hilfreich.
Ich empfinde speziell die Möglichkeit der Selbstgestaltung, also die Selbsteinteilung der Unterrichtszeiten beziehungsweise Einheiten, als sehr produktivitätsfördernd.
So gesehen ist die Verlagerung des Unterrichts für mich ein Gewinn und irgendwo auch befreiend, weil man ungebundener ist und keine fixierten Stundenpläne hat, die einem ein gewisses Zeitraster vorgeben, welches nicht immer den Kategorien der Nützlichkeit und Lerneffizienz unterworfen ist, das man aber zu befolgen hat.
Wenn ich jetzt gegen Ende des E-Learnings zurückblicke, dann denke ich, dass mir die Zeit des Zuhauselernens viel Positives gebracht hat. Nicht nur, dass ich dadurch die Möglichkeit hatte, in meinem Sinne zeiteffizienter zu arbeiten, sondern auch dadurch, dass ich die Möglichkeit hatte, mich eingehender mit meinem nachfolgenden Studium und den spezifischen Anforderungen auseinanderzusetzen.
Ich bin aber auch sehr dankbar dafür, dass die Schulen so schnell Lösungen und Wege geschaffen haben, den Unterricht zu verlagern und die Digitalisierung im Schulwesen voranzutreiben. Das war für mich vorher ein Faktor, an dem noch ganz viel Ausbaubedarf bestanden hatte, die Nutzung von Kernkompetenzen im Umgang mit dem Internet und dem Computer/Laptop als Arbeitsgerät. Da hat immer ein gewisser Nachholbedarf im Unterricht bestanden, so habe ich das in meinem Umfeld immer mitbekommen. So gesehen ist das E-Learning sicherlich eine Art Katalysator für den maximalen Einzug dieser Arbeitsmittel in den Unterricht gewesen.
Diese Entwicklung halte ich vor den zukünftigen (und gegenwärtigen) Anforderungen im Hochschulsegment, aber vor allem den Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt als unverzichtbar. Denn so wenig wie diese Möglichkeiten der Bildung da im Vorhinein, also vor März 2020 genutzt wurden, umso mehr werden sie es jetzt.
Zur Person: Leo Zirwes ist 18 und Schüler. Daneben beteiligt er sich an Fridays For Future und anderen NGOs im Rahmen von Umwelt- und Klimaschutz. Leo Zirwes schreibt für Zeitungen und die Oekostrom AG.
Service: Dieser Gastkommentar ist Teil der Rubrik "Corona - Geschichten aus dem Krisen-Alltag" auf APA-Science: http://science.apa.at/CoronaAlltag. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Autor/der Autorin.