Heftige Erdbeben verursachten in Tirol einst massive Bergstürze
Zuerst bebte der Boden unter ihnen, dann kamen von oben halbe Berge als Gesteinsmasse heruntergesaust - die Menschen im vorhistorischen Tirol hatten es offensichtlich nicht immer gemütlich. Ablagerungen im Boden von zwei Alpenseen verrieten Innsbrucker Forschern, dass Bergstürze vor 3.000 und 4.100 Jahren am Tschirgant und Fernpass von stärkeren Erdbeben ausgelöst wurden, als man in Tirol für wahrscheinlich gehalten hat, berichten sie im Fachjournal "Nature Communications".
Die Erdbebengefährdung muss deshalb für die Untersuchungsregion aber nicht signifikant höhergesetzt werden, erklärte Michael Strasser vom Institut für Geologie der Universität Innsbruck der APA: "Die bisher berechnete Wahrscheinlichkeit für das Eintreten größerer Bodenbeschleunigungen durch Erdbeben in Tirol in den nächsten 50 Jahren liegt bei zirka zwei Prozent, und ist somit nur geringfügig kleiner als jene zwei bis vier Prozent, die wir aus unseren Paläo-Daten ableiten".
Vorbereiten auf Bergstürze
Die Studie zeigt aber, dass starke Erdbeben, wenn sie einmal auftreten, meist große Bergstürze auslösen. "Die Eintretenswahrscheinlichkeit für solche Bergstürze, die auch in dicht besiedelten Gebieten möglich sind, ist somit ähnlich hoch wie jene für Erdbeben selbst", so der Forscher. Man sollte sich daher überlegen, ob man sich vor solchen sehr seltenen, aber durchaus realen Gefahren schützen und darauf vorbereiten will.
Mit Kollegen hat Strasser Sedimentbohrkerne aus zwei Seen in der Umgebung der beiden Berge, nämlich dem Piburger See und dem Plansee, nach Spuren von vorhistorischen Erdbeben untersucht. "Die seismischen Erschütterungen haben die oberflächlichen Sedimente am Boden der Seen verformt und zudem zahlreiche Unterwasser-Schlammlawinen ausgelöst", erklärte sein Mitarbeiter Patrick Oswald in einer Aussendung. Anhand von Spuren solcher Ereignisse in den Bohrkernen konnten die Forscher zehn sehr heftige Erdbeben innerhalb der vergangenen 10.000 Jahre nachweisen. Vom letzten davon gibt es auch historische Aufzeichnungen, es passierte am 8. Oktober 1930 in Namlos im Bezirk Reutte, und hatte eine Stärke von 5,3 auf der Richter-Skala.
Es gab aber davor stärkere Beben mit einer Stärke von 5,5 bis 6,5, so Christa Hammerl von der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) in Wien. Das ist aber immer noch signifikant schwächer als etwa das Erdbeben vor der Küste Japans (7,3), das am 13. Februar zahlreiche Verletzte forderte. "Da die Beben in den Ostalpen aber nur in wenigen Kilometern Tiefe auftreten, können sie erhebliche Schäden an der Infrastruktur und in der Naturlandschaft verursachen", erklärt die Expertin.
Die großen Bergstürze am Tschirgant (2.370 Höhenmeter) vor rund 3.000 Jahren und am Fernpass (1.216 Höhenmeter) vor 4.100 Jahren fallen zeitlich mit besonders starken Erdbeben zusammen, so die Forscher. Daraus schließen sie, "dass die extremen seismischen Erschütterungen letztlich die Bergstürze auslösten". Vor dem Bergsturz am Tschirgant vor 3.000 Jahren gab es außerdem mehrere schwere Erdbeben. "Wir vermuten daher, dass solche Erschütterungen die Felshänge nach und nach auch immer instabiler werden lassen", so Strasser.
Service: https://doi.org/10.1038/s41467-021-21327-9
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