Karl Kraus - ÖAW stellt "Walpurgisnacht" online, Uni Innsbruck feiert
Zum tiefen Eintauchen in Karl Kraus' posthum veröffentlichten Text "Dritte Walpurgisnacht" laden Forscherinnen und Forscher der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) im Vorfeld des am 28. Mai anstehenden 150. Geburtstages des Ausnahmepublizisten, -satirikers und -medienkritikers. An der Uni Innsbruck erinnert das Forschungsinstitut Brenner-Archiv mit mehreren Veranstaltungen an den 1936 Verstorbenen.
In seiner "Dritten Walpurgisnacht" reflektierte, dokumentierte und kommentierte Kraus (1874-1936) von März bis September 1933 die ersten Monate der nationalsozialistischen Gewaltpolitik in Deutschland und deren Propagandalügen - eingeleitet mit dem viel zitierten Satz: "Mir fällt zu Hitler nichts ein." Auf den dann doch 300 Seiten widerlegte er "schon früh das verbreitete Vorurteil, man habe damals nichts von der mörderischen Dimension des Nationalsozialismus wissen können", heißt es am Dienstag seitens der ÖAW.
Wissenschafter stellen nun eine erweiterte digitale Edition des Werkes online, die rund 220 Kommentare zum Originaltext sowie 170 Anmerkungen und Glossareinträge enthält. Darin wird der historische Kontext erläutert, der dem heutigen Leser möglicherweise sonst verschlossen bleibt. "Die 'Dritte Walpurgisnacht' stellt den wohl hellsichtigsten und umfassendsten, dazu sprachlich eindrucksvollsten zeitgenössischen Kommentar zur Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland dar", so der Herausgeber der Digital-Edition, Bernhard Oberreither vom Austrian Centre for Digital Humanities and Cultural Heritage (ACDH-CH) der ÖAW.
Online-Plattform "SemanticKraus"
Die Daten aus mehreren Forschungsprojekten zu Karl Kraus sind überdies auf der Online-Plattform "SemanticKraus" einseh- und durchforstbar: So werde die "Erkundung der über 17.000 verzeichneten Texte mit ihren gegenseitigen Bezügen und den Nennungen von über 14.000 biografisch erfassten Personen" möglich.
Den Verbindungen des Wieners, Karl Kraus, in Richtung Tirol spürt man unterdessen an der Uni Innsbruck im Laufe des Jahres gleich mehrmals nach: So lädt das Forschungsinstitut Brenner-Archiv zu einem Veranstaltungsreigen in Erinnerung an den Schriftsteller und Herausgeber der legendären Zeitschrift "Die Fackel" (1899-1936). Mit der "Sammlung Friedrich Pfäfflin" verfüge das Uni-Literaturarchiv in der Tiroler Landeshauptstadt über "eine umfang- und raritätenreiche Sammlung zu Karl Kraus". Mit Ludwig von Ficker, dem Herausgeber der Kunst- und Kulturzeitschrift "Der Brenner", der seine Zeitschrift nach dem Vorbild der "Fackel" gestaltete, unterhielt Kraus ab 1911 persönlichen Kontakt.
In Innsbruck setzt man sich daher in drei Vorträgen (ab 29. April) mit Kraus' Schaffen auseinander. Exponate aus Pfäfflins Karl-Kraus-Sammlung zeigt man am Journalismusfest Innsbruck am 3. Mai. Ende September eröffnet dann noch die Ausstellung "Ins Bild gerückt: Charlotte Joël (1887-1943). Fotografien aus der Karl-Kraus-Sammlung Friedrich Pfäfflin", teilte die Uni Innsbruck mit.
Service: Karl Kraus-Projekte an der ÖAW: https://kraus1933.ace.oeaw.ac.at; https://semantickraus.acdh.oeaw.ac.at; Uni Innsbruck: https://www.uibk.ac.at/de