Südtiroler Fund erweist sich als spezieller Bronzezeit-Bestattungsort
Als Ort, an dem sich einst komplexe Bestattungsriten vollzogen haben müssen, entpuppte sich ein bronzezeitlicher Fund nahe dem Südtiroler Ort Salurn. Ein Forscherteam analysierte 63,5 Kilogramm verbrannte Überreste aus der Zeit vor rund 3.000 Jahren. Demnach dürfte es sich um einen speziellen Platz gehandelt haben, der von einer lokalen Elite über viele Generationen hinweg genutzt wurde. Ein individuelles Begräbnis erhielten die Verstorbenen dort aber scheinbar nicht.
Von der Zeit vor 4.000 Jahren an bis zum Beginn der Römerzeit waren Feuerbestattungen auf der italienischen Halbinsel und im Alpenraum weit verbreitet. Über prähistorische Krematorien ist allerdings relativ wenig bekannt, da die Verbrennungen und Zeremonien vermutlich meist im Freien durchgeführt wurden. Bekannt ist allerdings, dass in der von in etwa 1.300 bis 800 vor Christus verbreiteten Urnenfelderkultur, die Überreste nach der Verbrennung in Urnen aufbewahrt und bestattet wurden.
Grabungen starteten 1986
Anders ist die Situation am Galgenbühel (Dos de la Forca), einem Hügel nahe der Südtiroler Gemeinde Salurn im Etschtal. Dort fand man eine große Anzahl an erhaltenen verbrannten menschlichen Überresten aus jener Zeit, wie die Autoren um Federica Crivellaro von der Stony Brook University (USA) und der Universität La Sapienza in Rom im Fachmagazin "Plos One" berichten. In den dort ausgegrabenen Schichten fanden sich neben Relikten von Menschen auch Tierknochen- und Geweihfragmente, Keramikscherben sowie Grabbeigaben. Bei ihrer Analyse konzentrierten sich die Forscher, zu denen auch der u.a. an der Universität Wien tätige Alfredo Coppa gehörte, auf die menschlichen Funde.
Zweifelsohne seien die damaligen Begräbnisse komplex und mit religiöser Bedeutung aufgeladen gewesen, schreiben die Wissenschafter in der Arbeit. Die Frage war, ob in Salurn einst wiederholt Feuerbestattungen durchgeführt wurden, und alle Überbleibsel einfach dort gelassen wurden oder ob es sich um Restmaterial handelt, das zurückblieb, nachdem etwa ausgewählte Knochenfragmente zur Bestattung beispielsweise in einer Urne wieder entnommen wurden.
Die ersten Grabungen an dem rund 30 Kilometer südlich von Bozen gelegenen Ort starteten 1986. Die archäologischen Analysen weisen auf einen Ursprung der verkohlten Überreste aus der Zeit zwischen 1.150 und 950 vor Christus hin. Aufgrund von wenigen Zahnfunden kann direkt zumindest auf ein paar wenige Erwachsene und Kinder geschlossen werden, die dort eingeäschert wurden.
Prähistorisches Krematorium
Die Analysen lassen demnach auf ein prähistorisches Krematorium schließen. Derartige Funde seien selten. So viele menschliche Überreste aus dieser Zeit wurden zudem an keinem vergleichbaren Fundort in ganz Italien gefunden, so die Forscher. Im Gegensatz zu anderen archäologischer Stätten fand sich in Salurn kein angrenzender Friedhof. Insgesamt weisen die Analysen eher darauf hin, dass der Ort der Verbrennung auch gleichzeitig als letzte Ruhestätte der Toten diente und keine Überreste entnommen und später woanders beerdigt wurden. Unter dieser Annahme müssten dort mindestens um die 48 Frauen, Männer und Kinder über die Zeit hinweg eingeäschert worden sein.
Es dürfte sich hier um eine ganz eigene Form der Bestattung gehandelt haben, die weder mit den großen Urnen-Gräberfeldern in der Po-Ebene noch mit den kleinen Verbrennungsstätten und Einzelgräbern in den Alpentälern zu jener Zeit vergleichbar ist. In einer Zeit, in der ein erster Globalisierungsschub durch Europa ging und es einen gewissen Trend zu Vereinheitlichung der Lebensweisen gegeben hat, könnte die Stätte als ein Ort gedeutet werden, wo eine kleinere Gruppe möglicherweise ihre eigene Identität in dieser Form der gemeinsamen Bestattung ausdrücken wollte, glauben die Wissenschafter.
Service: https://doi.org/10.1371/journal.pone.0267532