Vom Dachstein-Gletscher dürfte 2100 kaum mehr etwas übrig sein
2050 dürfte der Hallstätter Gletscher am Dachstein nur mehr 40 Prozent seines derzeitigen Volumens haben, 2100 werden wohl maximal noch kleine Eisreste übrig sein, erwarten Experten. Bei einer Begehung mit Klimaministerin Leonore Gewessler und dem oö. Umweltlandesrat Stefan Kaineder (beide Grüne) wurden am Dienstag die aktuellen Messergebnisse, die heuer einen neuen Negativrekord in Sachen Gletscherschwund befürchten lassen, und eine App präsentiert, die den Rückgang zeigt.
Um 1856 erstreckte sich der Hallstätter Gletscher über 5,27 Quadratkilometer. Seither hat er 42,3 Prozent dieser Fläche verloren, das Volumen ging sogar auf 37 Prozent der damaligen Eismasse zurück. Dieser Schwund vollzog sich nicht gleichmäßig, immer wieder gab es auch Vorstöße. Der letzte wurde 1981 registriert, seither wird das Eis aber kontinuierlich weniger.
Negativrekord für 2021 befürchtet
Seit 2006 untersuchen BlueSky Wetteranalysen und die Uni Innsbruck im Auftrag der Energie AG und des oberösterreichischen Klimaschutzressorts die Entwicklung des Dachstein-Eises. In diesen 15 Jahren hat der Gletscher deutlich an Masse verloren. Heuer droht ein neuer Negativrekord. Experten erwarten, dass Anfang nächster Woche der Vorjahreswert - ein Minus von 1.400 Millimetern - bereits erreicht sein wird. Geht es in dieser Geschwindigkeit weiter, so sei ein neuer Negativrekord für 2021 möglich, hieß es.
Nach einer unterdurchschnittlichen Akkumulation im Winter sorgten Schneefälle im diesjährigen Mai nochmals für einen Ausgleich der Bilanz, im Juni und Juli folgten aber gleich wieder vergleichsweise hohen Schmelzraten. Auch der häufige Starkregen setzte dem Gletscher zu: Es kommt zu massivem Wasserabfluss auf der Oberfläche. Dort wo der Gletscher zurückweicht, bilden sich derzeit große Schmelzwasser-Seen, zeigte sich beim Lokalaugenschein der beiden Grün-Politiker.
"Unsere Gletscher sind ganz sensible Naturjuwele und sie schmelzen seit Jahren kontinuierlich dahin", warnte Gewessler, "und wenn wir so weitertun, werden sie unsere Kinder und Enkelkinder nur mehr aus Erzählungen kennen". "Die Klimaforschung zeigt uns sehr eindrücklich, wie unerträglich und gesundheitsschädlich heiß es in den Sommern der Zukunft werden wird, wenn wir keine Trendwende beim Ausstoß der Treibhausgase erreichen", betonte Kaineder. Denn in den vergangenen drei Jahrzehnten ist die Jahresmitteltemperatur um 1,4 Grad Celsius gestiegen, die Zahl der Tage mit über 30 Grad Celsius hat sich mehr als verdoppelt. Laut einer Studie der Universität für Bodenkultur werden über 40 Hitzetage zur Normalität, im dicht besiedelten Zentralraum des Bundeslandes könnten es sogar bis zu 74 jährlich werden.
Was die Auswirkungen auf die Gletscher betrifft, kann man sich mit dem im Auftrag des oö. Klimaschutzressorts erstellten Tool APP[TAUEN] selbst ein Bild machen. Es liefert u.a. eine Visualisierung des vergangenen und künftigen Rückgangs des Hallstätter Gletschers.