Klima-Glossar: El Niño
In den kommenden Jahren könnte die Klimakrise durch El Niño auf negative Weise noch verstärkt werden, ging aus einer Prognose der Weltwetterorganisation (WMO) von Anfang Mai hervor. Das regelmäßig wiederkehrende Wetterphänomen sorgt zum einem für eine auffallende Erwärmung des Pazifik vor der südamerikanischen Küste und infolge für Wetterstörungen mit massiven Regenfällen in Amerika und Dürre in Asien und anderen Teilen der Welt.
Starke und verheerende El Niños gab es etwa 1982/83 und 1997/98 und zuletzt 2016, dem bisher wärmsten Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen vor über 140 Jahren. Das erwärmte Meereswasser sorgte vor sieben Jahren auch dafür, dass das Great Barrier Reef in Australien laut James-Cook-Universität damals die schlimmste je erfasste Korallenbleiche zu verkraften hatte.
ENSO steht dabei für "El Niño Southern Oscillation" womit das gekoppeltes Zirkulationssystem von Ozean und Atmosphäre im tropischen Pazifik gemeint ist. Die Warmphase El Niño tritt äußerst unregelmäßig alle zwei bis sieben Jahre auf. Hervorgerufen wird dieses Geschehen aufgrund von veränderten Wasser- und Luft-Strömungen in Äquatornähe und über dem Pazifik. Dann treiben die Winde die feuchte Luft statt nach Australien und Südostasien vermehrt nach Osten zur amerikanischen Westküste. Gleichzeitig wird kaltes Wasser aus der Südpolarregion verdrängt und in Summe steigt die Temperatur des Oberflächenwassers, ein Teil der Wärme wird über die Verdunstung aber auch in die Atmosphäre abgegeben.
"El Niño" und "La Niña"
Weil peruanische Fischer die Erwärmung oft zum Jahresende hin registriert haben, soll das Phänomen seinen Namen El Niño bekommen haben: zu Deutsch "das Christkind". In der Kaltphase La Niña führt die Strömung die Erwärmung über die Sonneneinstrahlung in tiefe Gewässer des Westpazifiks, wo sie gespeichert wird. Zwischen den beiden Extremen wird von einer neutralen Phase gesprochen - und diese könnte eben dieses Jahr wieder zu Ende sein, die WMO bezifferte die Wahrscheinlichkeit einer neuen Phase des El Niño ab dem Spätsommer 2023 mit 80 Prozent.
Die könnte dann einen Beitrag dazu leisten, dass in den kommenden fünf Jahren die Erderwärmung erstmals in einem Jahr im globalen Durchschnitt um 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau liegen könnte - damit wäre die 1,5-Grad-Marke der Pariser Klimaziele also sogar noch vor den 30er-Jahren überschritten, wie aus den Prognosen des "Global Annual to Decadal Climate Update" der WMO vom 18. Mai hervorging.
"Nachdem die Periode Jänner bis April 2023 zur viertwärmsten seit Beginn der Messungen gehört, beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass 2023 das bisher wärmste Jahr 2016 übertrifft, nurmehr etwa 30 Prozent", sagte Andreas Fink, Professor für Meteorologie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) anlässlich dieser Prognose gegenüber dem deutschen Science Media Centers (SMC). Abhängig von der Stärke des El-Niño-Ereignis 2023/2024 wird und dessen Dauer im Jahr 2024 könnte aber schon das kommende Jahr 2016 übertreffen - ob dies Eintritt, kann jedoch noch nicht abgeschätzt werden.
Eines steht laut Fink jedoch schon jetzt fest: "Der Einfluss des El-Niño-Ereignisses darauf, dass die nächsten fünf Jahre (2023 bis 2027) mit 98-prozentiger Wahrscheinlichkeit die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen werden, ist aber geringer als der Effekt der vom Menschen verursachten Erwärmung der globalen Mitteltemperatur."
Die NOOA berichtete Ende Mai in einer Aussendung, dass El Niño nach drei Hurrikansaisonen mit La Niña bei seinem Auftreten zudem auch einen positiven Effekt haben kann, indem so die Aktivität der atlantischen Hurrikane unterdrückt wird. Jedoch sehen die Prognosen auch andere Entwicklungen als wahrscheinlich an, denn laut dem Climate Prediction Center besteht einerseits eine 40-prozentige Möglichkeit auf eine nahezu normale Saison, aber ebenso gibt es eine 30-prozentige Chance auf eine überdurchschnittliche wie eine ebenso große Chance auf eine unterdurchschnittliche Saison.