Fragment von "Haag-Meteorit" landete auf Dach von Einfamilienhaus
Am 24. Oktober des Vorjahres war gegen 21.30 Uhr über Niederösterreich ein heller Feuerball sichtbar. Er ging über dem Gebiet von Haag als Meteoritenschwarm nieder. Nach ersten Fragmentfunden im November fanden sich nun weitere Stücke des kosmischen Besuchers: Das Ursprungsfragment landete auf dem Dach eines Einfamilienhauses und seine Bruchstücke wurden damit zum sehr raren "Hammerstein", wie Sachverständige und Finder gegenüber Medienschaffenden erklärten.
Funde von Meteoriten-Fragmenten sind in Österreich extrem selten. So ging im November 2020 ein solcher über dem steirischen Kindberg nieder. Ein 233 Gramm schwerer Chondrit konnte im Jahr darauf geborgen werden. Es war der erste derartige Fund auf dem Bundesgebiet seit 1977. Der damalige Kurator der Meteoritensammlung des Naturhistorischen Museums (NHM) Wien, Ludovic Ferrière, sprach von einer "Sensation für Österreich".
Suchkorridor im Herbst schnell eingegrenzt
Aufgrund von Daten aus Kamerabeobachtungssystemen konnten tschechische Experten den Suchkorridor nach dem Fall des "Haager Meteoriten" im Herbst sehr rasch präzise eingrenzen. Schon Anfang November fanden sich erste Stücke mit der charakteristischen verkohlten, dunklen Färbung im Mostviertel. Sie werden seither federführend von deutschen Forscherinnen und Forschern untersucht.
Jetzt gibt es einen willkommenen Nachschlag: Im Gebiet mit den besten Chancen auf Funde machten sich die Leiterin der NHM-Mineraliensammlung, Vera Hammer, und Impaktforscher Ferrière am Sonntag (29. Dezember 2024) daran, Anrainer detailliert über die Ereignisse am 24. Oktober zu informieren. Rasch führte der Ausflug zum Erfolg, wie man am Donnerstag am Fundort erklärte.
Bereits beim dritten Gespräch vor Ort wurden Hammer und Ferrière sozusagen fündig: Die in Haag ansässige Familie Westermayr konnte mit verdächtigen Steinen mit einem Gesamtgewicht von 28,61 Gramm aufwarten. "Es war sofort klar, dass es sich um Meteoritenstücke handelte", so Ferrière.
"Eine Sensation": Erster "Hammerstein" Österreichs
Als nochmals ein Stück exotischer entpuppte sich die Aufschlags- und Auffinde-Historie. Zum ersten "Hammerstein" Österreichs macht den Fund nämlich die Tatsache, dass er eindeutig eine rötliche Stelle vom Kontakt mit einem Dachziegel an der Oberfläche hat, so Hammer und Ferrière. Trifft ein Meteorit nämlich bei seinem Impakt eine Struktur, die von Menschen gebaut wurde, erfüllt er die Hammerstein-Kriterien. Vera Hammer: "Das ist schon eine Sensation."
Derartige Hammersteine sind dementsprechend extrem rar - und ergo sehr nachgefragt. In Haag unweit der Westautobahn wurde der kosmische Besucher nach seinem Hausdach-Kontakt auf die asphaltierte Einfahrt der Familie geschleudert, wo er in zwei größere und mehrere sehr kleine Stücke zerbrach.
Familie Westermayr fand die kleinen Brocken aus dem All ebenda bereits kurz nach dem Feuerball, den die Familie selbst nicht beobachtet hatte, wie sie gegenüber der APA erklärte. Zuerst brachte man dementsprechend die beiden Ereignisse noch nicht in Verbindung. Als dann aber zahlreiche Meteoritenjäger aus mehreren Ländern in der Gegend ankamen und suchten, holte die Familie die Stücke von dem Ort bei ihrem Hühnerstall, wo sie zunächst die Fragmente deponiert hatten.
Finderlohn und Bitte an weitere Meteoritenjäger
"Wir haben davor schon mit Freunden geredet, ob es 'etwas' ist oder nicht." Dass es sich aber tatsächlich um Stücke des Meteoriten handelte, konnten Hammer und Ferrière am Donnerstag final bestätigen. Damit wird auch ein vom Haager Bürgermeister, Lukas Michlmayr (ÖVP), kurz nach dem Feuerball in Aussicht gestellter Finderlohn in Form einer Essenseinladung schlagend, wie er vor Ort erklärte. Michlmayr bat auch etwaige weitere Meteoritensucher in der Region darum, die Rechte der jeweiligen Grundstückeigentümer zu wahren.
Ob die Fragmente letztlich im NHM landen, ist noch nicht klar. Erste Untersuchungen an einem der kleinen Stücke stehen dort aber nun an, erklärte Ferrière, der noch keine exakte Bestimmung vornehmen konnte, das Fundstück aber in die Gruppe der "Gewöhnlichen Chondriten" mit leichtem Metallgehalt einreihte. Die Finder sind sich noch nicht ganz im Klaren, wie sie mit dem Fund verfahren werden: Es gebe ein paar Optionen, "er wird aber in Österreich bleiben", hieß es.
Es könnte durchaus sein, dass sich noch weitere Fragmente in der Gegend befinden. Der ursprüngliche Asteroid - zum Meteoriten wird ein solcher Körper erst mit dem Eintritt in die Atmosphäre - könnte vor dem Eintritt in selbige einen Durchmesser "etwas unterhalb eines Fußballes" gehabt haben, meinte Ferrière. Die auf mittlerweile 65 Meldungen aus verschiedenen Teilen Mitteleuropas beruhenden Berechnungen zum Einschlagskorridor könnten durch weitere Funde noch genauer werden, erklärte Hammer. Die Chancen dafür seien intakt, daher auch die Initiative um die Feiertage, um die Menschen vor Ort zu erinnern, "dass da noch etwas zu finden sein könnte", betonte die NHM-Forscherin.
Service: Website des NHM zum Melden von Meteoriten: https://www.nhm.at/meteorite