#CoronaAlltag: Transportoptimierung auch in Krisensituationen
Die aktuelle Krisensituation bedingt einen enormen Anstieg der Nachfrage nach Hauszustellungen von Lieferdiensten und Paketboten. Die hierfür erforderlichen personellen und zeitlichen Ressourcen können kurzfristig kaum aufgebracht werden. Zudem erfordern insbesondere die Planung und Abwicklung der Lieferungen komplexe Entscheidungen.
Am AIT Center for Mobility Systems forschen wir genau an diesen Themen der Transportoptimierung und Logistik. Auch abseits von Krisensituationen stellen innovative Logistikkonzepte zur Bereitstellung und Lieferung unserer alltäglichen Bedarfsgüter spannende Forschungsfragen dar. Der Einsatz computergestützter Optimierungsmethoden ermöglicht es, basierend auf aktuellen Daten effiziente Entscheidungen zu treffen. Diese Entscheidungen beinhalten beispielsweise die Routen- und Tourenplanung der Lieferanten, Lieferzeitfenster für die Zustellung, die Flottenzusammenstellung und das Lademanagement von E-Fahrzeugen.
Die optimale Planung der Güter- und Personenmobilität ist selbst unter normalen Bedingungen nicht trivial, da komplexe Nebenbedingungen und Abhängigkeiten berücksichtigt werden müssen. Insbesondere in Krisensituationen bedarf es allerdings der Modellierung der situativen Problemstellung mit all ihren Einschränkungen, um auf dynamische Anforderungen und Unsicherheiten reagieren zu können.
In diversen Forschungsprojekten arbeiten wir gemeinsam mit anderen Unternehmen, der Verwaltung und der Industrie an innovativen und nachhaltigen Lösungen für die Zustellung auf der "letzten Meile", um ein hohes Maß an Flexibilität und Resilienz zu erreichen. In der regionalen Logistik kann dies beispielsweise durch den Einsatz von (Elektro-)Lastenfahrrädern gelingen. Deren vergleichsweise geringe Transportkapazität und die eingeschränkte Reichweite erfordern die Entwicklung und Optimierung eines Zustellkonzepts, welches die erforderliche Wiederbeladung der Fahrräder effizient einplant und deren Flexibilität somit maximal ausnutzt.
Der Fokus in und nach einer Krisensituation liegt auf der Versorgungssicherheit der Bevölkerung, auch unter sich ändernden Anforderungen und hoher Volatilität. Wir forschen an Optimierungsmethoden als Grundlage für die Entscheidungsunterstützung, welche für viele aktuelle Problemstellungen Lösungsansätze bieten; sei es bei der Mobilitäts- und Einsatzplanung der Heimkrankenpflege, oder bei der Standortplanung für Versorgungsstützpunkte. Die kooperative Nutzung unausgelasteter Ressourcen, wie etwa leerstehender Geschäftslokale als Grundlage eines Distributionsnetzwerks, bietet großes Potential für eine soziale und umweltverträgliche Vermarktung von regionalen Produkten. Dies ist insbesondere dann von Relevanz, wenn die Verfügbarkeit von Geschäftslokalen und deren Erreichbarkeit eingeschränkt sind, jedoch eine maximale und gerechte Versorgung der gesamten Bevölkerung sichergestellt werden soll.
Diese wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und umwelttechnischen Herausforderungen stellen die Wissenschaft vor komplexe Aufgaben. Die Erforschung innovativer Konzepte für den Mobilitätssektor und die Entwicklung computergestützter Optimierungsmethoden ermöglichen effiziente Lösungen für herausfordernde Situationen.
Zur Person: Pamela Nolz ist Scientist am Center for Mobility Systems des AIT Austrian Institute of Technology. Ihre wissenschaftliche Tätigkeit konzentriert sich auf quantitative Forschung im Bereich des Operations Research. Nachhaltigkeit steht in ihren Forschungsprojekten im Bereich der Transportoptimierung und Logistik im Fokus, zum einen in Bezug auf den Umgang mit Gesellschaft, Umwelt und natürlichen Ressourcen, zum anderen im Sinne der Dauerhaftigkeit der entwickelten Lösungen.
Service: Dieser Gastkommentar ist Teil der Rubrik "Corona - Geschichten aus dem Krisen-Alltag" auf APA-Science: http://science.apa.at/CoronaAlltag. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Autor/der Autorin.