Jagdgesetze für Goldschakale in sechs Ländern nicht EU-rechtskonform
Goldschakale müssen laut EU-Recht in Österreich ganzjährig geschont und dürfen nicht bejagt werden, erklärte der Wiener Jurist Florian Rathmayer Dienstag bei einer Online-Pressekonferenz. Dies gelte zumindest, bis ein "günstiger Erhaltungszustand" der auf natürliche Weise eingewanderten Art nachgewiesen ist. Laut seinem Rechtsgutachten widersprechen die Jagdgesetze der Bundesländer bezüglich der Goldschakale teils den EU-Richtlinien und wären dementsprechend zu ändern.
Im Auftrag der "Forschungsgemeinschaft Lanius" und des "Volksbegehrens für ein Bundesjagdgesetz" erstellte Rathmayer ein Rechtsgutachten zum Umgang mit dem Goldschakal in den Naturschutz- und Jagdgesetzen der österreichischen Bundesländer: In Wien ist er laut Naturschutzordnung streng geschützt. "In Salzburg und Vorarlberg unterliegt er dem Jagdrecht, ist aber ganzjährig geschont, er darf dort also nicht bejagt werden", so der Jurist. Im Burgenland, in Kärnten, Oberösterreich, der Steiermark legen die Jagdgesetze eine Schusszeit von Anfang Oktober bis Mitte März fest. In Tirol dürfe er laut einer Novelle vom September 2023 das ganze Jahr bejagt werden. Niederösterreich erwähnt den Goldschakal weder im Jagd- noch im Naturschutzgesetz. "Daraus wurde fallweise der Schluss gezogen, dass er dem 'Raubzeug' angehöre, weswegen er ganzjährig geschossen werden dürfe", sagte Rathmayer. Darunter verstehen Jäger allgemein "dem Wild schädliche Tiere", meist streunende Hunde und Katzen. Dies würde eine schrankenlose Entnahme der Art durch jagdlich befugte Personen erlauben, so der Jurist.
Goldschakal laut EU-Recht eine "Art von gemeinschaftlichem Interesse"
Laut EU-Recht, im Speziellen der Fauna-Flora-Habitat (FFH) Richtlinie, ist der Goldschakal aber eine "Art von gemeinschaftlichem Interesse" und demnach "eine geschützte Art". Für solche müsse ein "günstiger Erhaltungszustand gewahrt und nötigenfalls wiederhergestellt werden". Das heißt, es ist aufgrund von Monitoringdaten zu belegen, dass die Art langfristig überlebensfähig ist und das Verbreitungsgebiet nicht abnimmt. Nur wenn dies der Fall ist, könnten nationale Regelungen seine Bejagung erlauben. Alle Mitgliedsstaaten wären verpflichtet, den Erhaltungszustand geschützter Arten (wie des Goldschakals) zu überwachen, und alle sechs Jahre der EU Berichte zu erstatten. "Das hat Österreich bis dato noch nicht gemacht", sagte Rathmayer.
"Schusszeiten zu etablieren, ohne den Erhaltungszustand zu kennen und zu berücksichtigen, widerspricht der EU-Richtlinie", erklärte er. Befristete oder ganzjährige Schusszeiten für Goldschakale wären demnach in der Europäischen Union rechtswidrig. Die Tiroler Novelle würde sogar dem Tiroler Jagdgesetz selbst widersprechen. "Das hat die Landesregierung auf Intervention der Landesvolksanwaltschaft Ende Dezember sogar eingeräumt", so Rathmayer. In Niederösterreich dürften Goldschakale wiederum nicht mutwillig beunruhigt, gejagt und entnommen werden, was laut Medienberichten passierte. Das Rechtsgutachten würde "außer Zweifel stellen", dass er in diesem Bundesland eigentlich dem Naturschutzrecht unterliege und nicht jagdbar wäre.
"Goldschakale breiten sich auf natürliche Weise von Ost- und Südeuropa nach West- und Nordeuropa aus", so der niederösterreichische Biologe und Naturschützer Erhard Kraus: "Dabei wandern sie weite Strecken". Die "hundeartigen Beutegreifer" sind etwas größer als heimische Rotfüchse aber deutlich kleiner als die Wölfe. Sie tauchten im Jahr 1987 erstmals in Österreich auf. Mittlerweile gab es Sichtungen in allen Bundesländern außer Vorarlberg. Im Burgenland, in Kärnten, Niederösterreich und der Steiermark ist nachgewiesen, dass sie Nachwuchs haben. Goldschakale sind monogam, das heißt ein Pärchen bleibt ein Leben lang zusammen. Ein Weibchen hat meist vier bis fünf Junge.
Für Menschen sind die scheuen Goldschakale ungefährlich
Die Tiere fressen vor allem Mäuse, Vögel, Insekten, Amphibien, Pflanzen, Früchte und Aas - wie etwa von Jägern zurückgelassene Innereien des erlegtem Wilds. Manchmal erwischen sie auch junge Schafe, Ziegen und Rehe. "Im Jahr 2023 gab es neun Risse von Schafen durch Goldschakale", so die Experten. Sie alle geschahen in Tirol. Für Menschen wäre eine Begegnung mit den scheuen Tieren ungefährlich. Wie viele Goldschakale in Österreich leben, sei aufgrund fehlenden Monitorings nicht einschätzbar. Es gäbe "etwa knapp unter Hundert Streufunde". Von einem günstigen Erhaltungszustand könne man bei solchen Einzelfunden auf keinen Fall sprechen, erklärten die Experten.
Service: Internet-Link zum Rechtsgutachten: https://www.tirup.at/download/pdf/9434805.pdf