Paradiesvögel: Sex und die wunderbare Mechanik des Rades
Das Rad des zu den Paradiesvögeln zählenden männlichen Reifelvogels bietet einen faszinierenden Anblick, ist es doch kreisrund und gleicht auf den ersten Blick mehr der Blüte einer exotischen Pflanze als dem, was wir als Vogel kennen. Wie die Forscher einer austro-australischen Studie unter Leitung der Veterinärmedizinischen Universität Wien nun erstmals nachweisen konnten, steckt hinter diesem außergewöhnlichen Balzverhalten eine ganz besondere physische Fähigkeit. Diese Gabe unterscheidet die Reifelvögel von allen anderen Vögeln und hat neben dem sichtbaren auch einen hörbaren Effekt. Eine gleichermaßen attraktive wie komplexe Kombination, der potenzielle Partnerinnen schwerlich widerstehen können.
Männliches Imponiergehabe mag anöden, ist nicht nur bei Menschen omnipräsent - und führt häufig zum gewünschten Erfolg. Aus wissenschaftlicher Sicht hat die sexuelle Selektion durch die Wahl des Weibchens die Entwicklung einiger der ausgeklügeltsten Signalverhaltensweisen bei Tieren vorangetrieben. Diese Darbietungen erfordern oft spezialisierte morphologische Anpassungen und können Signale in mehreren Sinnesmodalitäten beinhalten. Außerdem werden visuelle und akustische Signale bei zeitlich strukturierten Balzvorführungen oft präzise choreographiert.
Begnadete Körper: Einzigartige Akrobatik ermöglicht außergewöhnliche visuelle Effekte
Ein ganz besonders raffiniertes Exemplar in dieser Hinsicht sind die Reifelvögel (Gattung Ptiloris). Die Forscher der soeben im "Biological Journal of the Linnean Society" erschienenen Studie konnten nun erstmals nachweisen, dass diese Paradiesvogelart ihre bemerkenswerte Balzhaltung durch eine Überstreckung des Handgelenks erreicht. "Diese geht weit über die maximale Streckung des Handgelenks aller anderen bekannten Vögel hinaus", betont Studien-Erstautor Thomas MacGillavry vom Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV) der Vetmeduni die Einzigartigkeit dieser Fähigkeit.
Sound and Vision: Ein imposantes Multimedia-Spektakel mit einem genialen Trick
Die faszinierenden Erkenntnisse reichen aber noch weiter, wie Studien-Erstautor Leonida Fusani, Leiter des KLIVV, erklärt: "Anhand von Videoaufnahmen, die wir im Feld gesammelt haben, konnten wir beobachten, dass diese Hypermobilität für einen Klang erforderlich ist, der nur bei Reifelvögeln vorkommt. In diesem Zusammenhang stellten wir zudem fest, dass das gelbe Innere des Mundes in der dynamischen Phase der Balz-Präsentation gezeigt wird." Dieser Laut könnte nicht erzeugt werden, wenn der Schnabel geöffnet ist - diese physische Einschränkung für die Signalgestaltung wird durch den Workaround der Hypermobilität elegant umgangen.
Hinter der schönen Fassade: Nur die eine Sache im Kopf
Schließlich verwendeten die Forscher einen großen morphometrischen Datensatz, um die Muster des sexuellen Dimorphismus in der Flügellänge bei verschiedenen Paradiesvogelarten zu beschreiben und Hinweise auf eine sexuelle Selektion für große und strukturell veränderte Flügel zu finden, die bei der Balz von Reifelvögeln zum Einsatz kommen.
Mit der Summe ihrer Erkenntnisse gelang den Forschern ein großer Schritt - und das, obwohl die allgemeinen Muster des Imponierverhaltens von Reifelvögeln in der Literatur gut beschrieben sind. "Unsere Studie hat gezeigt, dass die untersuchten Balz-Darbietungen mechanisch viel komplizierter sind als bisher angenommen, und unterstreicht, wie die Partnerwahl die Entwicklung extremer Verhaltensweisen und morphologischer Phänotypen vorantreiben kann, die ausschließlich der sexuellen Zurschaustellung dienen", so Leonida Fusani und Thomas MacGillavry.
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Der Artikel "The mechanics of male courtship display behaviour in the Ptiloris riflebirds (Aves: Paradisaeidae)" von Thomas MacGillavry, Clifford B. Frith und Leonida Fusani wurde in "Biological Journal of the Linnean Society" veröffentlicht. mechanics of male courtship display behaviour in the Ptiloris riflebirds (Aves: Paradisaeidae) | Biological Journal of the Linnean Society | Oxford Academic
Rückfragehinweis: Thomas MacGillavry MSc. Konrad-Lorenz-Institut für Vergleichende Verhaltensforschung (KLIVV) Veterinärmedizinische Universität Wien (Vetmeduni) Thomas.Gillavry@vetmeduni.ac.at