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Gastbeitrag / Elias Eder / Donnerstag 22.06.23

Globale Wasserproblematik: Alternative Technologien zur Wasseraufbereitung

Die Bedeutung von technologischen Innovationen im Bereich der Wasseraufbereitung nimmt stetig zu. Insbesondere Schwellenländer haben aufgrund des sehr hohen Bevölkerungswachstums sowie der meist örtlich begrenzten Ressourcen an trinkbarem Wasser mit großen Problemen zu kämpfen, die sich auch aufgrund häufiger auftretender Wetterextreme zukünftig dramatisch verschärfen könnten. Thermische Systeme zur Wasseraufbereitung sind hier von Interesse.
Credit: Elias Eder Elias Eder untersucht an der Fachhochschule Vorarlberg (FHV) die Entsalzung von Meerwasser mit einem alternativen Prozess

Thermische Systeme könnten dezentral eingesetzt und mit erneuerbaren Energiequellen betrieben werden. Während in urbanen Regionen seit einigen Jahrzehnten riesige Meerwasserentsalzungsanlagen mit fossilen Energieträgern betrieben werden, konnte für ländliche Regionen, die besonders von Wasserknappheit betroffen sind, noch keine passende Lösung gefunden werden. 

Neben einer sicheren Energieversorgung gewinnt die Versorgung mit aufbereitetem Wasser als Trinkwasser, zur Versorgung sanitärer Einrichtungen sowie für hygienische Zwecke zunehmend an Bedeutung. Gemäß einem 2021 erschienenen Bericht der Weltgesundheitsorganisation WHO, der den Fortschritt der globalen Versorgung mit aufbereitetem Wasser zusammenfasst, sind weltweit mehr als zwei Milliarden Menschen von Wasserknappheit betroffen; 800 Millionen Menschen haben keinen gesicherten Zugang zu Trinkwasser. Von Wasserknappheit stark betroffene Regionen sind dabei insbesondere der nahe Osten, Indien, China und auch nordafrikanische Länder.

Düstere Prognosen

Projektionen in die Zukunft geben ein düsteres Bild ab: Im Jahr 2050 könnten bereits sechs Milliarden Menschen von Wasserknappheit betroffen sein. Die Verschmutzung vorhandener Oberflächengewässer erschwert solche Projektionen zusätzlich, aktuell werden etwa 80 Prozent des industriellen und städtischen Abwassers ohne eine Nachbehandlung in den natürlichen Wasserkreislauf eingeleitet, was negative Folgen für Mensch und Umwelt nach sich zieht.  

Zur Eindämmung der beschriebenen Problematik sind einerseits innovative Maßnahmen zur Verbrauchssenkung insbesondere im landwirtschaftlichen Sektor – welcher fast 70 Prozent des globalen Wasserverbrauchs ausmacht – dringend notwendig. Andererseits existieren bereits heute viele urbane Regionen, in denen der Wasserverbrauch ohne die Entsalzung von Meerwasser nicht gedeckt werden könnte.

Ländliche Regionen im Fokus

Die globale Wasserproblematik betrifft jedoch überwiegend ländliche Regionen, für die noch keine adäquaten technischen Lösungen zur Wasseraufbereitung existieren. Für den Einsatz in diesen Regionen sollten Systeme technisch einfach zu realisieren, wartungsarm zu betreiben sowie unabhängig von einer externen Energieversorgung sein.

Ein thermischer Prozess zur Wasseraufbereitung, der diese Kriterien erfüllt, ist der Befeuchtungs-Entfeuchtungs-Prozess (kurz: HDH-Prozess). Er basiert auf dem natürlichen Wasserkreislauf: Luft als Trägermedium von Wasserdampf wird zunächst im Direktkontakt mit dem aufzubereitenden Medium befeuchtet. Die warme und feuchte Luft wird anschließend in den Entfeuchter transportiert, in welchem diese wieder abgekühlt wird und der in der Luft enthaltene Wasserdampf auskondensiert, vergleichbar mit einem Destillationsprozess. 

Prozess für Entsalzung sowie Aufreinigung

Im Rahmen eines vom FWF geförderten Grundlagenforschungsprojekts konnten wir an der FHV – University of Applied Sciences diesen Prozess im Labormaßstab untersuchen und seine Eignung sowohl zur Entsalzung von Meerwasser als auch zur Aufreinigung verunreinigter Abwässer bewerten. In diesem Zusammenhang untersuchten wir die Befeuchtung von Luft in einem Blasensäulenbefeuchter, in welchem die Luft in Form von dispergierten kleinen Luftblasen das aufzubereitende Medium durchströmt.

Die Erzeugung sehr kleiner Luftblasen erhöht in diesem Befeuchtertyp die Kontaktfläche signifikant, wodurch sich sehr hohe Befeuchtungsraten erzielen lassen. In unseren Untersuchungen haben sich nicht nur die Vorteile dieses Prozesses bestätigt. Wir konnten auch nachweisen, dass die Befeuchtung von Luft so effektiv funktioniert, dass Anlagen sehr viel kleiner dimensioniert werden könnten. Dadurch würde deren Effizienz maßgeblich erhöht werden. Eine Pilotanlage des beschriebenen Prozesses wird zudem bereits erfolgreich von einem Industrieunternehmen zur Aufbereitung anfallender ölhaltiger Abwässer eingesetzt.  

Die Nachteile konventioneller Prozesse für die Anwendung in ländlichen Regionen macht die Erforschung solcher Alternativen notwendig. Zusätzlich treibt die Dringlichkeit der immer stärker werdenden Wasserknappheit diese Bestrebungen. Denn ohne alternative Systeme, die einfach zu realisieren sind, wird die beschriebene Problematik nicht zu bewältigen sein.  

Kurzportrait

Dr.-Ing. Elias Eder ist Postdoc-Forscher am Forschungszentrum Energie der FHV – Vorarlberg University of Applied Sciences. Seit 2018 beschäftigt er sich mit der Entsalzung von Meerwasser in einem alternativen Prozess, der mit erneuerbaren Energiequellen betrieben werden könnte. Aktuell forscht Elias Eder auch zum Thema Carbon Capture an einer potenziellen Technologie zur Abscheidung von Kohlendioxid aus Kraftwerksabgasen sowie zu intelligenten thermischen Energiesystemen. Zudem lehrt er im Masterstudiengang Nachhaltige Energiesysteme sowie im Bachelorstudiengang Umwelt und Technik der FHV. 

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