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Kooperation / EU-Magazin Horizon / 26.07.2023, 12:13

Europa drängt darauf, dass Haushalte ihre Heizkessel abschaffen

Wärmepumpen in Gebäuden stehen im Mittelpunkt, da die EU die Emissionen senkt und saubere Energie fördert.

APA/dpa/Daniel Reinhardt
Wärmepumpen sollen in Zukunft die Haushalte heizen

Zu Füßen der westitalienischen Berge, zwischen den Städten Turin und Cuneo, hat Europa vor kurzem einen Schritt nach vorne gemacht, und zwar in einer Kampagne zur Versorgung der Haushalte mit sauberer Energie als Teil des Kampfes gegen den Klimawandel.

In der Gemeinde Verzuolo wurden mithilfe eines Projekts namens HAPPENING EU-Mittel genutzt, um im Vorfeld des vergangenen Winters Wärmepumpen in einem Mehrfamilienhaus mit 10 Wohneinheiten zu installieren. Die Pumpen beheizten die Wohnungen mit Solarstrom, der von den Dachpaneelen gewonnen wurde.

Unterstützung der Pumpen

„Der Großteil der für die Heizung verwendeten Energie wurde durch Photovoltaik erzeugt und wir haben gute Rückmeldungen von den Nutzern“, erklärt Lorenzo Civalleri, ein Ingenieur des italienischen Wärmeenergieunternehmens Tecnozenith, das bei der Einrichtung des Systems geholfen hat.

Gebäude tragen aufgrund ihres Energieverbrauchs für Heizung und Kühlung wesentlich zur globalen Erwärmung bei. In Europa entfallen auf sie 40 % des Energiebedarfs und 36 % der Emissionen von CO2, dem wichtigsten Treibhausgas.

Etwa die Hälfte des Energieverbrauchs in der EU entfällt auf Heizung und Kühlung, und mehr als 70 % stammen laut Eurostat immer noch aus fossilen Brennstoffen, vor allem Erdgas. Im Wohnbereich entfallen etwa vier Fünftel des Energieverbrauchs auf die Beheizung von Räumen und Wasser.

Folglich sind Gebäude ein wichtiger Teil der neuen europäischen Gesetzgebung, die den Vorstoß der EU unterstützt, die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 % gegenüber 1990 zu reduzieren und bis 2050 klimaneutral zu werden.

Und hier kommen die europäische Forschung und Entwicklung ins Spiel. „Die Dekarbonisierung des Gebäudebestands wird eine Schlüsselrolle bei der Erreichung der Klimaschutzziele spielen, die wir in Europa haben“, sagt Irantzu Urkola, Koordinatorin von HAPPENING.

Eine europäische Priorität ist die Beschleunigung der Installation von Wärmepumpen, die eine Alternative zu Heizkesseln darstellen. Mit fast 17 Millionen installierten Geräten in ganz Europa bis Ende 2021 sind Wärmepumpen nicht nur effizienter als Heizkessel, sondern ermöglichen auch eine stärkere Nutzung erneuerbarer Energien, einschließlich Solarenergie.

10 Millionen mehr

Seit Russlands Invasion der Ukraine im Februar 2022 hat die EU Pläne zum Ausbau erneuerbarer Energien und zur Verbesserung der Energieeffizienz vorangetrieben, um die Abkehr von russischen fossilen Brennstoffen zu beschleunigen.

Im Rahmen dieser „RePowerEU“-Strategie will Europa die Einsatzrate von Wärmepumpen in Gebäuden verdoppeln und bis 2027 zusätzlich 10 Millionen installieren. Das würde der EU helfen, eines ihrer großen neuen Ziele im Kampf gegen den Klimawandel zu erreichen: die Verdoppelung des Anteils der erneuerbaren Energien am Gesamtenergieverbrauch auf mindestens 42,5 % im Jahr 2030.

HAPPENING, das im Oktober 2020 begann und bis September 2024 läuft, konzentriert sich auf die Installation von Wärmepumpen in Privathäusern und die Zusammenarbeit mit deren Bewohnern, um die Vorteile wie Komfort und Zuverlässigkeit hervorzuheben.

Civalleri von Tecnozenith betrachtet die Vorführung in Verzuolo, die insgesamt 10 Zweizimmerwohnungen umfasste, als einen Erfolg. „Die Heizsaison ist beendet und es gab keine Beschwerden – das ist eine gute Nachricht für uns“, fügt er hinzu. „Wir haben das System regelmäßig überprüft und einige kleine Probleme behoben, aber wir sind mit dem Funktionieren des Systems in der ersten Saison recht zufrieden.“

Die nächsten Stationen: Österreich und Spanien

HAPPENING bereitet sich jetzt auf Wärmepumpen-Vorführungen in der Stadt Liezen in Österreich und in der Gemeinde Pasaia in Nordspanien vor.

Wärmepumpen nutzen Strom, um einen Raum zu erwärmen oder Warmwasser zu erzeugen. Die Geräte entziehen der Umgebungsluft, dem Boden oder dem Wasser Wärme und „pumpen“ sie in die Innenräume.

Wenn Sonnenkollektoren Teil des Systems sind, ist der von den Wärmepumpen verbrauchte Strom erneuerbar, da er von der Sonne stammt. Durch die Übertragung der Wärme vermeiden die Pumpen die Notwendigkeit, diese durch konventionelle Technologien wie Heizkessel zu erzeugen, wodurch das System effizienter wird.

In Verzuolo erwärmt das System das Wasser zunächst auf 20-30 °C und speichert es in einem zentralen Tank, bevor es im ganzen Gebäude verteilt wird. In Kombination mit der Solarenergie auf dem Dach kann das Wasser erhitzt werden, wenn die Sonne scheint, und dann im Zentraltank gespeichert werden, bis es gebraucht wird, wodurch die Nutzung erneuerbarer Energien im System maximiert wird.

„Die Verteilung von Wasser mit dieser niedrigen Temperatur bedeutet im Gegensatz zu heißerem Wasser eine erhebliche Verringerung der Wärmeverluste“, sagt Urkola, die im spanischen Forschungs- und Technologieentwicklungszentrum Tecnalia arbeitet.

Jede Wohnung hat ihr eigenes Wärmepumpensystem, so dass der Haushalt seine Temperatur selbst steuern kann.

Das HAPPENING-Team wird die Daten der Standorte Verzuolo, Liezen und Pasaia nutzen, um Leitlinien für Installateure und Verbraucher zu entwickeln. Im Allgemeinen sagen die Projektteilnehmer, dass Wärmepumpen mehr Verbreitung finden müssen, indem sie stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt werden.

„Die lokalen Behörden müssen diese Art von Lösungen für eine gute energetische Sanierung von Gebäuden fördern und dabei konsolidierte Technologien einsetzen, die einfach zu installieren und zu implementieren sind“, fügt Civalleri hinzu.

Bewusstseinsbildung und Schulung

Das von der EU finanzierte TRI-HP-Projekt, das im Februar 2023 nach vier Jahren endete, hatte das Ziel, das Bewusstsein für die Wärmepumpentechnologie zu stärken.

Im Rahmen der Initiative befasste sich das Team mit den Hindernissen, die einer breiteren Nutzung von Wärmepumpen im Wege stehen.

In Workshops mit Ingenieuren, Installateuren, Architekten und anderen, die für die Installation von Heizungsanlagen verantwortlich sind, wurde deutlich, dass mehr Aufklärung über Wärmepumpen und ihr Potenzial sowie eine bessere Schulung für ihre Installation erforderlich sind.

In einigen Fällen nannten die Workshop-Teilnehmer höhere Vorlaufkosten als Hindernis. Laut Daniel Carbonell, dem Projektkoordinator, wollte TRI-HP ein Wärmepumpensystem entwickeln, das die besten der derzeit verfügbaren Technologien zu geringeren Kosten bietet.

TRI-HP brachte Forschungsinstitute und Industriepartner aus sieben europäischen Ländern zusammen und arbeitete an zwei Typen.

Eines davon ist ein duales Quellensystem, das Wärme aus einem Bohrloch und aus der Luft nutzt. Der Wechsel zwischen den beiden Quellen zu verschiedenen Tageszeiten bedeutet, dass das Bohrloch nicht so tief sein muss, was die Investitionskosten niedrig hält.

„Normalerweise ist es Luft oder Boden, aber diese Technologie nutzt beides“, sagte Carbonell, Teamleiter für thermische Systeme und Modellierung am Schweizer SPF-Institut für Solartechnik. „Das ist eine erhebliche Kostensenkung.“

Das zweite System nutzt die Sonnenwärme über so genannte solarthermische Kollektoren, die sie in Wasser umwandeln, das dann als Quelle für die Pumpe dient.

Selbst mit technologischen Fortschritten wie denen im Rahmen von HAPPENING und TRI-HP wird eine schnellere Installation von Wärmepumpen in ganz Europa davon abhängen, dass die Öffentlichkeit stärker für die potenziellen Einsparungen sensibilisiert und Heizungstechniker besser geschult werden.

Viele Installateure sind daran gewöhnt, Gas- und Ölheizkessel einzubauen, mit denen sich leicht Gewinne erzielen lassen. Sie müssen davon überzeugt werden, dass es sich lohnt, neue Techniken zu lernen. „Es besteht ein Bedarf an mehr Schulung“, sagt Carbonell. „Und der Abbau mentaler Barrieren ist ebenfalls wichtig.“

Mehr Infos

Artikel von Helen Massy-Beresford 

APA-Science Content-Kooperation mit Horizon

Die Forschung in diesem Artikel wurde von der EU gefördert. Dieser Artikel wurde ursprünglich in Horizon, dem EU-Magazin für Forschung und Innovation, veröffentlicht.