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Mehr zum Thema / Mario Wasserfaller / Freitag 18.12.20

Appetit auf Zerstörung

Von Trockenstress, Windwurf und Schneebruch geschwächte Wälder sind ein Eldorado für Schädlinge wie den Borkenkäfer. Besonders der auf Fichten spezialisierte Buchdrucker zieht Schneisen der Verwüstung durch die Forstgebiete Mittel- und Nordeuropas. In der Früherkennung und Prognose von Borkenkäferattacken gibt es vielversprechende Ansätze, insgesamt hinken Forstwirtschaft und -wissenschaft den gefräßigen Tierchen aber noch deutlich hinterher. Für die Fichte wird es ein Wettlauf mit der Zeit.
Bild: APA (dpa)

Borkenkäfer sind eine artenreiche Untergruppe der Rüsselkäfer. Von den etwa 300 in Europa vorkommenden Arten treten jedoch die wenigsten als Schadfaktor in Erscheinung. Zu nennen sind in heimischen Wäldern beispielsweise der Kupferstecher (Pityogenes chalcographus), oder der Riesenbastkäfer (Dendroctonus micans) im nordwestlichen Europa. Die Show gestohlen hat ihnen allen aber der Buchdrucker (Ips typographus). Seit der Aufnahme in die Dokumentation der Waldschädigungsfaktoren (DWF) im Jahr 2002 fallen ihm in Österreich jährlich durchschnittlich 1,8 Millionen Festmeter Holz zum Opfer.

Gingen bedeutenden Borkenkäferjahren wie 1993, 2003 und 2009 noch jeweils große Sturmereignisse voraus, weichen die Massenvermehrungen mit Schadholz in Rekordhöhe seit 2015 von diesem Muster ab. In den betroffenen Regionen etwa in Nordostösterreich und Tschechien haben überdurchschnittlich hohe Temperaturen und niedrige Niederschlagsmengen die Fichte noch verletzlicher gegenüber den Käferattacken gemacht.

2019: 4,26 Mio. Festmeter Borkenkäfer-Schadholz

2019 betrug die Holznutzung im österreichischen Wald laut Landwirtschaftsministerium 18,9 Millionen Erntefestmeter (ohne Rinde), der Anteil an Schadholz belief sich auf fast zwei Drittel (62 Prozent oder 11,73 Mio. Festmeter).  Mehr als ein Drittel des Schadholzes ist Stürmen zuzurechnen (4,4 Mio. Festmeter oder 37,6 Prozent), fast ebenso viel konnten Buchdrucker und Kollegen für sich verbuchen (4,26 Mio. Festmeter bzw. 36,3 Prozent). Bemerkung am Rande: Die Schadholzmenge ist laut dem Borkenkäfer-Experten Thomas Kirisits vom Institut für Forstentomologie, Forstpathologie und Forstschutz der Universität für Bodenkultur derzeit „das einzige Instrument, um die Populationsdichte abzuschätzen – also indirekt“. Pheromonfallen, die im Rahmen des Borkenkäfer-Monitorings (später dazu mehr) aufgestellt werden, seien dazu nicht geeignet.

An diesen Zahlen ist die enorme wirtschaftliche Dimension der Schäden zu erahnen. 2020 hat laut dem Verband Land&Forst Betriebe die Belastung durch den Borkenkäfer etwas abgenommen, allerdings drücke das Überangebot an Holz auf die Preise (siehe dazu „Damit der Enkel auch noch Geld verdienen kann“). Diese würden sich auf einem historisch niedrigen Niveau befinden, so Felix Montecuccoli, Präsident der Interessengemeinschaft. Im März sei der Preis für einen Festmeter noch bei 71,20 Euro gelegen, im September bei 62,20 Euro und im heurigen Schnitt bei 66,80 Euro. Grund für den Preisrückgang sei die gesunkene Nachfrage nach Frischholz in den Sägewerken. Außerdem hätten die Nachbarländer Tschechien und Deutschland ihren Holzeinschlag in den letzten Jahren wegen der Borkenkäferschäden massiv erhöht, was auch auf den heimischen Markt wirke.

Im Juli 2020 wurde vom Nationalrat ein Waldfonds um 350 Millionen Euro eingerichtet, der auch für Entschädigungen bei Borkenkäferbefall gedacht ist. Wohlgemerkt beschreiben die erwähnten Zahlen nur jenes Schadholz, das aufgearbeitet wurde. Über die Menge, die noch in den Wäldern verblieben ist – sei es, weil sich der Abtransport aufgrund des niedrigen Holzpreises nicht lohnt oder aus anderen Gründen – kann nur spekuliert werden. Fest steht, dass die Borkenkäfer damit anhaltend gute Brutbedingungen vorfinden.

Mission: Fichten vernichten

Der Buchdrucker besiedelt vor allem die einheimische Fichte (Picea abies), am liebsten bereits in ihrer Abwehr geschwächte Bäume oder frisch totes Holz. Das wäre in einem gesunden Ökosystem nicht weiter tragisch, denn solche potenziellen Wirtsbäume sind gewöhnlich selten, eher kurzfristig befallsbereit und relativ weitläufig im Raum verteilt. „Es ist kaum bekannt, aber die Buchdrucker bevorzugen eigentlich frisch totes Holz, darin produziert ein Pärchen ungefähr 50 Käfer als Nachwuchs, in einem frischen Baum sind es nur einzelne – maximal ungefähr fünf“, erklärt Peter Biedermann, Professor für Forstentomologie und Waldschutz an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg.

Diese Eigenart ist – neben dem vielen Totholz aus Windwurf und Schneebruch – deshalb von Bedeutung, weil die Bäume in den vergangenen Jahren durch geringe Niederschlagsmengen zunehmend an Trockenstress leiden und dadurch geschwächt sind. Sie können sich gegen Borkenkäfer nicht mehr verteidigen. Was bedeutet das konkret? „Der gesunde Baum produziert Harz, mit dem er die Käfer wieder ausschwemmt. Wenn er zu wenig Wasser hat, hat er auch nichts zum Ausschwemmen“,  erläutert Biedermann das „Immunsystem“ der Bäume. „Sieht man Harztröpfchen am Baum, ist das oft ein Hinweis, dass ein Borkenkäfer versucht hat, sich einzubohren, es aber nicht geschafft hat.“

Finden die Käfer aber keine geschwächten Bäume oder totes Holz, dann geht die Population wieder zurück, weil sie sich bei gesunden Bäumen gewissermaßen die Kauwerkzeuge ausbeißen bzw. ausgespült werden. „Es müssen schon ein paar Tausend Individuen sein, dann können sie auch gesunde lebende Bäume attackieren und umbringen“, so der Experte. Allerdings seien das verlustreiche Attacken und die Reproduktion der Käfer in einem solchen Fall gering. „Ist der Wald gesund, bricht diese Entwicklung relativ schnell wieder zusammen.“

Rammelkammern, Muttergänge und Puppenwiegen

Geschwächte, ausgetrocknete Fichten haben solchen massiven Angriffen allerdings nicht mehr viel entgegenzusetzen. Wenn die Zahl der Tiere in einer Region sehr groß und auch das umherstehende und – liegende Totholz bereits besiedelt ist, Experten sprechen dabei von hohem Populationsdruck, fallen sie auch über gesunde Bäume her – dadurch sind die katastrophalen Massenvermehrungen in letzter Zeit zumindest zum Teil zu erklären.

 

Ist ein geeigneter Wirtsbaum gefunden, beginnt das Männchen nach dem Einbohren in die Rinde im Bastgewebe des Baums eine „Rammelkammer“ anzulegen. Mit dem ausgeworfenen Kot (Bohrmehl) wird ein Aggregationspheromon freigesetzt, das beide Geschlechter anlockt. Neben den weiblichen Geschlechtspartnern treffen so auch weitere männliche Käfer am Stamm ein und verstärken durch das Anlegen weiterer Begattungskammern die Lockwirkung des Stammes auf Artgenossen. Innerhalb kürzester Zeit kann ein Baum so vollständig von Borkenkäfern besiedelt werden.

 

Ein Männchen lockt im Durchschnitt zwei bis vier Weibchen an. Nach der Begattung beginnen die Weibchen meist zwei oder drei bis ca. 15 Zentimeter lange Muttergänge anzulegen, wo sie zu beiden Seiten etwa 20 bis 100 Eier ablegen. Aus diesen entwickeln sich die Larven, die jede für sich einen isolierten Larvengang anlegt und sich vom lebenden Bast des Baumes ernährt. Der Larvengang endet in der Puppenwiege, wo der Jungkäfer schließlich schlüpft und sich mit seinen kräftigen Kauwerkzeugen, mit denen er sogar Plexiglas durchbeißen kann, aus der Rinde ausbohrt.

 

Während der Brutanlage wird das Bastgewebe dadurch weitgehend zerstört. Zusätzlich besitzt die Fichte neben ihren Harzkanälen jährlich im Bast gebildete Reihen von Zellen, die polyphenolhaltige Verbindungen in den Vakuolen (Zellorganellen) enthalten. Kommt es durch den Fraß der Borkenkäferlarven zu einer Verletzung dieser Zellen, werden die Phenole in das Bastgewebe ausgeschüttet, wodurch sich dessen Nährstoffgehalt verringert. Weil die Bastqualität zusehends abnimmt, verlassen viele Elterntiere das Brutsystem, wenn sich die ersten Larven zu verpuppen beginnen und legen in einem noch unbesiedelten Teil des Baums oder einem anderen Wirtsbaum eine sogenannte Geschwisterbrut an. „Nach etwa fünf bis sechs Wochen schlüpfen die ersten Jungkäfer und fliegen dann aus. Manchmal bohren sie sich am selben Baum wieder ein – wenn da noch Platz ist –, ansonsten fliegen sie üblicherweise nicht weiter als 50 Meter“, so Biedermann. Am Ende bleibt das charakteristische Fraßmuster der Käfer und Larven zurück, das für den Buchdrucker und den Kupferstecher auch namensgebend ist. Durch die Zerstörung der Leitbahnen im Bast stirbt der Baum bei starkem Befall ab.

Komplizen und Gegenspieler

Mit den Borkenkäfern sind auch zahlreiche Pilze vergesellschaftet. Wenn auch längst nicht alle dieser Wechselbeziehungen geklärt sind, gibt es doch klare Hinweise auf Symbiosen. „Die Käfer übertragen mehrere Pilze, die sie aus ihrem Geburtsbaum mitbringen, in den neuen Baum. Zwei, drei der Pilze sind von Vorteil für die Käfer. Während die Mutter den Bast frisst, sät sie unbeabsichtigt Pilze aus, die sie aus dem Geburtsnest mitbringt. Diese wachsen in den Bast hinein und bauen die Giftstoffe der Fichte langsam ab – etwa Monoterpene und Phenole – und dadurch können sich die Larven viel besser entwickeln“, sagt Biedermann, der sich speziell mit diesen Pilzen und deren Rolle beschäftigt.

 

Je mehr man über diese Organismen und ihr Wechselspiel weiß, hofft der Experte, desto eher könnte man daraus mögliche Gegenmaßnahmen gegen die Käfer entwickeln. „Von vielen Pilzen wissen wir noch nicht, welche Rolle sie spielen. Wir gehen davon aus, dass darunter einige Parasiten oder sogar Pathogene der Käfer sind. Davon versprechen wir uns ein wenig, dass wir da neue Sachen finden mit denen wir die Käfer eventuell auch bekämpfen könnten.“ Ein anderer Ansatz, den der Forscher untersucht, ist das Anti-Aggregationspheromon Verbenon: „Wenn sehr viele Käfer einen Baum besiedelt haben, verströmen sie Düfte, die andere Käfer davon fernhalten diesen auch zu besiedeln. Sie wissen dann: Der Baum ist voll.“ Freilich könne man damit letztlich auch keine ganzen Wälder, sondern höchstens einzelne Bäume oder Stapel mit Stämmen schützen.

 

Generell seien Krankheitserreger und Symbionten derzeit ein großes Forschungsfeld im Umfeld der Borkenkäfer. „Man sieht sich positiv und negativ mit den Käfern assoziierte Mikroorganismen an und auch natürliche Gegenspieler wie etwa Schlupfwespen oder Ameisenbuntkäfer – wie entwickeln die sich, wenn sich die Borkenkäferbestände verändern und wie passen sie sich an den Klimawandel an“, so Biedermann. Trotz dieser bisher gesammelten Erkenntnisse ist über den Lebenszyklus der Käfer und ihre Populationsdynamik insgesamt noch relativ wenig bekannt. Biedermann, der sich 2019 im Rahmen einer Studie mit Massenausbrüchen beschäftigt hat, sieht hier noch großen Forschungsbedarf: „Was die starken Populationsschwankungen bei den Borkenkäfern eigentlich auslöst, darüber wissen wir sehr wenig.“

Entwicklung von Temperatur und Tageslänge abhängig

Basis für die Früherkennung und Prognose eines Borkenkäferbefalls ist das Wissen um den Entwicklungsverlauf der Tiere, der stark von der Temperatur und der Tageslänge abhängt. Die Buchdrucker beginnen im Frühjahr erst zu schwärmen, wenn eine gewisse Temperaturschwelle überschritten wird. Für die Entwicklung des Insekts vom Ei bis zum flugfähigen Käfer sind bestimmte Wärmesummen erforderlich. Abhängig von der Witterung und Lage kann es so in kühleren Gebieten zur Ausbildung keiner oder nur einer Generation, in wärmeren Lagen hingegen zur Abfolge mehrerer Generationen kommen.

 

Auf dieses Wissen baut ein österreichweites digitales Frühwarnsystem für Borkenkäferbefall auf, das Forscher der Universität für Bodenkultur (Boku) Wien und des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) entwickelt haben. Die Internet-Plattform „PHENIPS plus“ soll eine Online-Überwachung der Borkenkäferentwicklung ermöglichen und Waldbesitzern als Entscheidungshilfe für Maßnahmen dienen. „Das wesentliche Element bei der Borkenkäferbekämpfung ist, dass man befallstaugliches Holz vorbeugend entfernt oder befallene Bäume aufspürt und diese feldaufarbeitet. Wenn sie im weißen Stadium sind (Larven; Anm.), dann reicht das Entrinden der Bäume. Sind schon Käfer drin, müsste man eigentlich auch die Rinde einsammeln und vergraben oder verbrennen“, erklärte Projektleiter Thomas Kirisits die Vorgangsweise. Ein weiteres Projekt der Boku widmet sich übrigens den Potenzialen von Walderntemaschinen (Harvester), die Stämme direkt bei der Ernte zu entrinden und so einem Käferbefall vorzubeugen.

 

„PHENIPS plus“ kann anhand der Entwicklungskennwerte und Wetterdaten den räumlichen und zeitlichen Verlauf der Aktivität und der Entwicklung des Buchdruckers berechnen. Auf einer interaktiven Karte wird das regionale Ausmaß des Buchdruckerbefalls – vom Schwärmbeginn über den Entwicklungsstand der jeweiligen Generation des Buchdruckers und der Geschwisterbruten bis zur Gesamtentwicklung – tagesaktuell und mit einer räumlichen Auflösung von einem Kilometer dargestellt.

Österreichisches Borkenkäfer-Monitoring

Um festzustellen, wann und in welchem Umfang die Borkenkäfer ausschwärmen und Waldbesitzern eine Einschätzung der Situation zu ermöglichen, hat das BFW 2005 das „Österreichische Borkenkäfer-Monitoring“ ins Leben gerufen. Die Daten dafür stammen aus über das Bundesgebiet repräsentativ verteilten Käferfallen, die wöchentlich ausgewertet und in eine Datenbank eingespeist werden. Als Fallen werden synthetisierte Aggregationspheromone eingesetzt. Diese Lockstoffe scheiden die Tiere wie bereits erwähnt normalerweise aus, um Artgenossen einzuladen, einen Baum zu attackieren.

Je nach Verfügbarkeit werden den Fangergebnissen auch für den Käferflug relevante Temperaturbereiche gegenübergestellt. Wegen der Abhängigkeit des Käferschwärmens von definierten Schwellentemperaturen (über 16,5 bis 30 Grad Celsius) bzw. von erreichten Temperaturzeitsummen soll „die Berücksichtigung der klimatischen Bedingungen die Prognose für den Gefährdungsgrad der lokalen Waldbestände verbessern“, heißt es in der Erläuterung des Systems.

Die Fallen werden hierzulande jedoch nur zur Datensammlung, nicht aber zur Bekämpfung der Käfer eingesetzt. „Schätzungen gehen von 10 bis 30 Prozent der Käfer aus, die man damit fangen kann. Das ist im Grunde ein Tropfen auf den heißen Stein“, so Kirisits. „Zur Bekämpfung wird das bei uns nicht empfohlen, in manchen Ländern schon.“ In der Karte des Borkenkäfer-Monitorings werden seit 2016 auch die Standorte des Borkenkäfer-Phänomenologiemodells PHENIPS (Vorgängerprojekt von PHENIPS plus) verzeichnet.

Käferdetektion aus dem All

Bei Joanneum Research will man dem großen Fressen aus dem All zu Leibe rücken. In dem erst vor wenigen Monate angelaufenen Projekt „BEAT IT“ (Bark Beetle Detection from Space) werden auf Basis von Satellitenbildern neue Analysemethoden zur flächenhaften Früherkennung von Borkenkäferbefall entwickelt und getestet. Ziel ist es, den räumlichen Befall rasch zu detektieren, die Planung von gezielten Gegenmaßnahmen zu unterstützen und auch Prognosen abzugeben. „Die grundlegende Problematik, die wir mit dem Projekt angehen ist, dass es keine wirklich flächendeckenden Informationen über die Borkenkäfer-Befallsflächen gibt – zumindest nicht in Echtzeit“, erklärt Projektleiter Janik Deutscher vom Institut für Informations- und Kommunikationstechnologien im Gespräch mit APA-Science die Einschränkungen von terrestrischen Methoden der Monitorings, etwa via Pheromonfallen.

Im Rahmen des Projekts werden Daten der Sentinel-Satelliten der europäischen Copernicus-Mission ausgewertet, so Deutscher: „Wir benutzen vor allem Sentinel 2, der mit optischen Methoden arbeitet. Wir setzen Zeitreihenanalysen ein, weil wir inzwischen schon eine sehr dichte Zeitreihe von Bildern haben. Das ist schon etwas Neues.“ Gab es früher nur alle paar Wochen oder Monate ein neues Bild des zu untersuchenden Gebiets, stehe nun alle paar Tage ein neues mit einer Auflösung von 10 mal 10 Metern pro Sentinel-Pixel zur Verfügung – wenn das Wetter mitspielt. Mit Methoden der künstlichen Intelligenz soll es durch die Anreicherung des Modells mit meteorologischen Daten auch möglich sein, wahrscheinliche Befallsflächen der Borkenkäfer zu prognostizieren. Vorrangiges Ziel des bis Juni 2022 laufenden Projekts ist die Entwicklung eines Prototypen, der über ein interaktives Webportal getestet werden soll.

Was tun?

Die Forschung ist dem Käfer in vielen Teilbereichen und Einzelprojekten auf der Spur, es fehlt allerdings noch an Vernetzung und Vereinheitlichung, so Peter Biedermann. „Deshalb möchte ich ein europäisches Projekt aufziehen, wo man von Südeuropa bis Skandinavien Buchdrucker in allen Populationsstadien sammelt und mit denselben Methoden untersucht – hinsichtlich Mikroorganismen, Symbionten, Krankheitserregern, natürlichen Feinden – und sich anschaut, wie das mit der Populationsdynamik zusammenhängt.“ Sollte dabei zum Beispiel ein neuer Krankheitserreger gegen die Käfer gefunden werden, könnte man reale Einsatzmöglichkeiten erforschen.

 

Technische Lösungen und in Arbeit befindliche Projekte können Waldbesitzer heute und in Zukunft gut dabei unterstützen, befallsgefährdete Gebiete frühzeitig zu erkennen und Gegenmaßnahmen einzuleiten. Regelmäßige Begehungen von gefährdeten Forstrevieren zur Früherkennung von Befallsereignissen sind so oder so unabdingbar, dabei können auch eigens trainierte Naturschutzhunde den Menschen unterstützen. Viele der genannten Forschungsprojekte helfen dabei, einen Käferbefall rasch aufzuspüren oder vorherzusagen, wo die Schädlinge als nächstes zuschlagen könnten. Die Hauptursachen für das Problem, den Klimawandel und Fichten-Monokulturen, werden auch noch so innovative Systeme alleine nicht in den Griff bekommen.

Der Buchdrucker

Neben den im Text genannten Interviewpartnern entstammen zahlreiche Informationen in diesem Artikel der Publikation „Der Buchdrucker – Biologie, Ökologie, Management“, Gernot Hoch, Axel Schopf und Gerlinde Weizer (Hsg.); Bundesforschungszentrum für Wald, Wien 2019.

https://bfw.ac.at/rz/bfwcms2.web?dok=9781

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