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Mehr zum Thema / Stefan Thaler / Mittwoch 30.04.25

Autonome Züge könnten Nebenbahnen retten

Ein Klick in der App, kurz darauf ist das Fahrzeug da und bringt einen von A nach B. Nein, kein Taxi, sondern ein autonomer Zug, der nach Bedarf zur Verfügung steht. Diese Vision soll die Mobilität im ländlichen Raum verbessern und das Überleben von Nebenbahnen sichern helfen. Viele Hürden auf diesem Weg wurden bereits überwunden, ein paar Hindernisse liegen aber noch auf den Gleisen.
Credit: FH Campus Wien Das größte Hindernis ist nicht die Technologie
„Wenn wir das in den kommenden Jahren nicht umsetzen, sind die Nebenstrecken tot." Heimo Hirner, FH Campus Wien

„Wenn wir das in den kommenden Jahren nicht umsetzen, sind die Nebenstrecken tot. Dann geht es wieder viel stärker in Richtung private Mobilität“, sagt Heimo Hirner, Leiter des Forschungszentrums AI, Software and Safety an der Fachhochschule (FH) Campus Wien, gegenüber APA-Science. Die Herausforderungen für leichtgewichtige Schienenfahrzeuge, die autonom agieren und auf Abruf Fahrgäste transportieren, seien, weil quasi in freier Wildbahn, ungleich größer als bei automatisierten Mobilitätsangeboten in abgesperrten Bereichen, wie U-Bahnen.

Man könne in die eingleisigen Nebenstrecken, die ohnehin an mangelnder Wirtschaftlichkeit leiden, auch nicht viel investieren, etwa in Hinblick auf Schrankenanlagen. „Deshalb müsste das angedachte Fahrzeug, das maximal zehn Passagiere transportiert, selbstständig fahren und autonom Objekte erkennen“, so Hirner. Das größte Hindernis dabei sei nicht die Technologie, sondern das Regelwerk in Europa. Es gebe strenge gesetzliche Vorgaben und Regularien, etwa zu Künstlicher Intelligenz (KI), an die man sich halten müsse. So sei der Einsatz von Machine Learning-Modellen laut den neuen Standards explizit verboten.

Heimo Hirner, FH Campus Wien; Credit: FH Campus Wien
95 Prozent reichen nicht aus

„Mit klassischen Algorithmen ist eine Objekterkennung in einem dynamischen System aber nicht zu schaffen. Deshalb arbeiten wir an einer Methode, wie man zu einem Sicherheitsnachweis für Machine Learning-Modelle kommt, der eine Weiterentwicklung dieser Gesetze ermöglicht“, verweist Hirner auf das aktuelle Projekt Neurokit2e, an dem 25 europäische Partner beteiligt sind. Modelle, mit denen eine 95-prozentige Objekterkennung erreicht wird, seien wunderbar, aber für einen Sicherheitseinsatz unter den aktuellen Vorgaben für den öffentlichen Verkehr nicht ausreichend. Hier müssten die Normen aus dem Automotivbereich, die wesentlich mehr zulassen, mit denen für den schienengebundenen Verkehr auf einen Nenner gebracht werden.

In vorangegangenen Projekten wie TARO (Towards Automated Railway Operation) habe man gemeinsam mit den ÖBB eine Simulation für die Logistik von solchen eingleisigen Nebenstrecken entwickelt. Konkret dürfen sich die Schienenfahrzeuge nicht in die Quere kommen, sonst würde das ganze System zum Erliegen kommen. Das sei bei den wenigen Ausweichmöglichkeiten gar nicht so einfach. Zudem habe man sich gemeinsam mit Infineon, Virtual Vehicle, TTTech, Silicon Austria Labs und anderen der Entwicklung eines kostengünstigen Lidarsensors gewidmet, der für die Objekterkennung wichtig sei. Nach Logistik und Sensorik sei nun Machine Learning an der Reihe.

System soll autonom entscheiden

Ein einfacher Prototyp werde auf einer Draisinenstrecke im Burgenland getestet, um die Sicherheitsanforderungen in die KI zu bringen. Letztendlich müsse das Fahrzeug autonom fahren und im Normalfall ohne Überwachung durch eine Leitzentrale auskommen. Bei vermeintlichen Hindernissen sollte das System entscheiden. Im Fall der Fälle könnte es aber einen Meldeknopf geben oder ein Alarm ausgelöst werden, wenn der Zug unplanmäßig stoppt. Dann würde sich die Zentrale über die Kameras zuschalten und die Situation einschätzen. In einem neuen Projekt mit der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften und der Hochschule München würde nun mit Verkehrspsychologen an Fragestellungen zur Akzeptanz gearbeitet.

Lidarsensoren sind für die Objekterkennung wichtig Credit: FH Campus Wien
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