Lauscher im Gleisbett ermöglicht Takt-Verdichtung
Den Zugbetrieb überwachen, die Position bestimmen und Gefahren erkennen: Das soll die Auswertung von „lauschenden“ Glasfasern entlang der Strecke ermöglichen. Erste Probeläufe zeigen, dass mit Hilfe einer Software bestimmte Auffälligkeiten entdeckt werden können. Letztendlich lässt sich durch die exakte Ortung der Züge künftig womöglich auch der Takt auf der Bahnstrecke erhöhen.

„Bei allen hochrangigen Netzverbindungen sind Glasfaserkabel neben dem Gleis verbaut, die üblicherweise zwischen 16 und 100 Fasern beinhalten. Eine Faser, die nicht für die Datenübertragung verwendet wird, ist dabei immer verfügbar und kann für die Detektion beziehungsweise als Sensor eingesetzt werden“, erklärte Martin Litzenberger, Themen-Koordinator „New Sensor Technologies“ beim Austrian Institute of Technology (AIT), gegenüber APA-Science.
Für dieses „Fiber Optic Sensing“ muss ein spezielles Gerät, der sogenannte Interrogator, der in den bestehenden EDV-Räumen des Bahnbetreibers untergebracht werden kann, angeschlossen werden. Er sendet Lichtimpulse in die Faser und registriert das zurückgestreute Licht. Durch die Laufzeit ergibt sich, wie bei Radar, die Entfernung zum Zug. Wirken Vibrationen oder Schall ein, kommt es zu einer Längenänderung in der Faser. „Zeitliche Änderungen von solchen Längenänderungen entsprechen Vibrationen im Kabel. Und das wiederum lässt auf die Umgebung rückschließen“, so Litzenberger.

System ist „erstaunlich empfindlich“
Die Vibrationen, ausgelöst etwa von Defekten, vorbeifahrenden Autos oder Grabungsarbeiten, übertragen sich über den Boden in den Kabelkanal, wo die überwachte Glasfaser liegt. „Man sieht oder hört dann nicht nur den Zug, sondern sehr viele andere Signale, die sich aus der Umgebung ergeben. Das ist erstaunlich empfindlich“, sagte der Experte. Das Nutzsignal müsse aber aufwendig mit Algorithmen aus dem Rohsignal herausgelöst werden. Die entsprechende Softwarelösung zur Erkennung, Lokalisierung und Aufbereitung des Gewünschten hat das AIT entwickelt, Interrogatoren kann man von verschiedenen Herstellern kaufen.
Mögliche Einsatzgebiete sind die Detektion von Rad- oder Schienendefekten, vorausschauende Wartung oder nachhaltiges Fahrerverhalten. Beschädigungen der Räder, beispielsweise Flachstellen (Flat Spots), können die Infrastruktur beschädigen, äußern sich aber durch starke Vibrationen. Ein großer Vorteil der Technologie: Mit einem Gerät kann man eine relativ lange Strecke, nämlich 50 bis 100 Kilometer, überwachen.
Erste Tests gab es mit den ÖBB und Network Rail in England. Auf Basis der Ergebnisse würden nun die nächsten Schritte überlegt, da für die Umsetzung auch operationelle Einbindung, Qualitätssicherung und Co. geklärt sein müssten. Daran werde in den nächsten Jahren gearbeitet.
Sicherheitsabstand kann reduziert werden
Besonders gefragt sei die Optimierung des Zugbetriebs. Das System könnte einen Beitrag leisten, die Züge deutlich enger und in einem höheren Takt fahren zu lassen, um die Strecke besser auszulasten.
Derzeit gibt es das Konzept der Blocksicherung: Fährt ein Zug in einen – teilweise relativ langen – Streckenblock ein, wird dieser für andere Fahrzeuge gesperrt. Deshalb sei vielerorts ein Umstieg auf das europäische Zugsicherungssystem ETCS geplant, so Litzenberger, bei dem jeder Zug quasi einen virtuellen Block um sich herum bildet. Dadurch können die Züge den Sicherheitsabstand reduzieren, was eine bessere Auslastung der Strecke ermöglicht.

Existierende Systeme, die ETCS verwendet, würden auf „Balisen“ basieren. Von diesen Transpondern – „gelben Kästchen“, die auf die Gleise geschraubt werden – brauche es allerdings sehr viele. Montage, Vermessung und Wartung seien aufwändig, zudem müssten bei Arbeiten vor Ort die Gleise gesperrt werden. Eine Alternative sei GPS oder ein globales Navigationssatellitensystem (GNSS). Bedenken gebe es aber hinsichtlich der hohen Anforderung an Sicherheit und Verfügbarkeit.
So könnte letztlich doch auch GNSS mit Fiber Optic Sensing kombiniert werden, um ein hochsicheres Positionssystem zu entwickeln und gleichzeitig die umständlichen Balisen abzulösen. In diese Richtung gehen zumindest erste Überlegungen von Forschungsseite.
Service: https://fiberrail.eu