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Mehr zum Thema / Paul Tschierske / Donnerstag 03.03.22

Per Trip zur psychischen Gesundheit?

Ein neuer Trend macht sich breit in der Klinischen Forschung und Behandlung von Menschen mit psychischen Störungen: Psychedelics. Dabei ist der nicht wirklich neu, wie die Flower-Power-Generation weiß, denn damals gab es schon einen „LSD-Papst“: den Psychologieprofessor Timothy Leary. Nach Jahrzehnten, in denen wohl auch sein Lebenswandel dazu beigetragen haben dürfte, die Forschung in diesem Bereich zu disqualifizieren, kommt sie nun zurück.
Foto: Janssen-Cilag Pharma GmbH

In Österreich hat dies bereits zu einer Zulassung eines Medikaments geführt, welches zu den Psychedelics gezählt wird: Esketamin. Es ist der S-Enantiomer des Ketamins und damit konstitutionell, im Molekülaufbau, mit diesem identisch. Ketamin wird normalerweise als Narkotikum eingesetzt und nun auch in der Behandlung hartnäckiger Depressionen.

Den aktuellen Stand in der Anwendung von „Psychedelics“ in Österreich fasst Siegfried Kasper zusammen: „Es ist ein Medikament in den Handel gekommen, das nennt sich ‚Esketamin‘. Die Substanz Esketamin wird hier intranasal verabreicht.“ Unglücklich findet der Psychiater und emeritierte Professor und Forscher der Medizinischen Universität Wien den Begriff „Psychedelics“. „Das klingt wie nach einem Trip unter Aufsicht. Es geht aber um einen biologischen Wirkmechanismus im Gehirn.“ Esketamin ist zudem nicht als alleinige Medikation gedacht, sondern im Zusammenspiel mit Antidepressiva aus der Gruppe der Serotonin- (SSRI) sowie Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI). Esketamin hingegen wirkt am glutamatergen System, welches unter anderem bei der Vermittlung von Stress eine Rolle spielt und dem eine zunehmende Bedeutung in der Pathophysiologie affektiver Störungen (z.B. Depressionen, Bipolare Störung) zugeschrieben wird. Hier arbeitet Glutamat, ein wichtiger erregender Neurotransmitter im zentralen Nervensystem. Sobald das glutamaterge System wiederhergestellt ist, sollen die anderen Systeme wie eben das serotonerge System den Zustand aufrechterhalten. Der Neurotransmitter Serotonin ist unter anderem mitverantwortlich für die Regulation der Nahrungsaufnahme, der Stimmung und der Impulskontrolle. Laut „Dorsch – Lexikon der Psychologie“ werden in „nach wie vor sehr vager Weise affektive Störungen (insbesondere depressive Episoden) mit einer Dysfunktion im serotonergen System in Verbindung gebracht.“

Esketamin wirkt synaptogenetisch, neue Verbindungen zwischen den Nervenzellen sollen zu einer nachhaltigen Verbesserung der Depression führen. Denn nur für die Störungsgruppe der Depression ist Esketamin in Österreich zugelassen und auch nur für zwei besondere Formen der Depressionen: Die therapieresistente Depression (TRD) und die Depression mit Suizidalität. Bei ersterer haben die Patientinnen und Patienten schon Behandlungen hinter sich: Psychotherapien, Pharmakotherapien, eventuell stationäre Aufenthalte in psychiatrisch-psychotherapeutischen Kliniken. Als Voraussetzung für die Esketamin-Behandlung müssen zuvor zwei Pharmakotherapien mit zwei verschiedenen Antidepressiva nicht zu einer Verbesserung geführt haben. „Bei den Patienten ist, einfach gesagt, synaptisch etwas zugrunde gegangen und für sie wurde die Anwendung von Esketamin untersucht“, erklärt Kasper. Für diese kann es als Verstärker in vielen Fällen hilfreich sein. Dass die Bezeichnung „therapieresistent“ auch nicht ganz glücklich ist, macht er an einer Illustration deutlich: „Stellen Sie sich mal vor, Sie haben etwas und der Arzt sagt ihnen, dass das therapie- bzw. behandlungsresistent sei. Dann denken Sie sich ja ‚um Gottes Willen was ist denn jetzt los?‘“ Besser wäre es wie in der Onkologie von einer „Depression im dritten Behandlungsstadium“ zu sprechen.

Wirkt schneller als Antidepressiva, aber nur eingeschränkter Zugang in Österreich

Bei der Depression mit Suizidalität sei die Behandlung mit Esketamin empfohlen, wenn ein Suizidversuch „unmittelbar bevorstehen könnte.“ Hier hilft es, dass Esketamin schnell wirkt, gerade im Vergleich zu den handelsüblichen Antidepressiva. Aber: „Ein suizidaler Patient bleibt ein suizidaler Patient, auch bei einer Behandlung mit Esketamin wird es ungefähr 14 Tage dauern, bis das abklingt. Man kann das nicht mit einer Behandlung aus dem Gehirn rausblasen.“ Trotzdem ist es deutlich schneller als Antidepressiva, denn die benötigen zehn bis 14 Tage, bis sie überhaupt anfangen zu wirken. Der Effekt bei Esketamin stelle sich hingegen „relativ rasch ein und ist auch stabil. Schon nach der ersten Sitzung gibt es eine Besserung.“

Eine Esketamin-Behandlung könne bis zu sechs Monate dauern, am Anfang mit zwei Sitzungen in der Woche, dies wird dann kontinuierlich gesenkt bis auf eine im Monat. Das sei einer der Gründe, warum Kasper keine große Gefahr sieht, dass Patientinnen oder Patienten in eine Drogenabhängigkeit geraten könnten. Zum einen, weil die Abstände immer größer würden. Zum anderen wegen der geringen Dosis, von 56 bis zu maximal 84 Milligramm, die verabreicht wird. Ein Substanzabhängiger hingegen würde „schnell zehn bis 20 mal so viel nehmen. Außerdem ist der reine Substanzmissbrauch nur mit Esketamin äußerst selten, die sind in der Regel polytoxikoman.“ Sprich, Esketamin ist nur eine von vielen Drogen. Darüber hinaus wird bei der Sucht „die Dosierung immer höher, genauso wie die Frequenz der Einnahme. Bei der Esketamin-Behandlung wird es weniger. Würde ein Patient mehr haben wollen, dann wüsste man, dass man aufpassen muss. Das ist mir aber noch nie passiert.“

Nasenspray zur schonenderen Behandlung

 

Zudem kommt hinzu, dass der Zugang in Österreich restriktiv ist. „Die Patienten müssen das selbst zahlen oder privatversichert sein. Für die große Allgemeinheit ist das nicht verfügbar.“ Zurzeit sei es wegen der geringen Erfahrung noch an Kliniken gebunden, ambulant sei es bei der Universitätsklinik am Allgemeinen Krankenhaus in Wien verfügbar. In Österreich gibt es als zugelassene Indikation nur die Anwendung mittels eines Nasensprays, die schonender ist als eine „off-label“ Behandlung mit einer Infusion in die Blutbahn. „Die Infusion wirkt zu schnell und hat meiner Meinung nach zu viele Nebenwirkungen.“

Foto: Siegfried Kasper der Kredti

„Die Realität ist voll von Begleiterkrankungen“

Ausschlussgründe für eine Esketamin-Behandlung sind eine Manie, die bei der Depression hinzukommen kann, zum Beispiel bei der bipolaren Störung (früher „manisch-depressiv“), eine Borderlinestörung sowie jegliche Form von psychotischen Episoden. Die Manie könnte durch das Esketamin verstärkt werden, Borderlinestörungen haben mit einer verminderten Impulskontrolle zu tun und sind daher problematisch. Bei Psychosen kann es zu einer verzerrten Wahrnehmung der Realität kommen, was im Zuge einer Behandlung mit einem halluzinogenen Medikament verstärkt werden könnte. Außerdem sollten keine Komorbiditäten, Begleiterkrankungen, vorliegen, so Kasper. „Das ist natürlich immer schwierig, denn die Realität ist im Gegensatz zum Forschungsideal voll von Komorbiditäten.“ Zum Beispiel haben Menschen mit Depressionen gleichzeitig häufig Angsterkrankungen. „Meiner Meinung nach wäre eine schwere Angsterkrankung ein Ausschlussgrund.“ Er selbst habe noch keinen Horrortrip mitbekommen, Esketamin verstärke das Setting, daher könne man die Patientinnen und Patienten dazu anleiten, an etwas Schönes zu denken. Doch die Gefahr für einen Horrortrip ist bei Menschen mit schwerer Angsterkrankung wahrscheinlich höher.

Zwar sei Esketamin vergleichsweise schnell wirksam, nichtsdestotrotz solle man die Behandlung von psychischen Störungen „besser länger als kürzer“ gestalten. „Wenn Sie sich einen Fuß brechen und der Orthopäde ihnen sagt, ‚das dauert jetzt ein halbes Jahr‘, dann können Sie das mit der Neurobiologie einer Depression vergleichen.“ Auch hier brauche es Zeit, bis die Synaptogenese vollzogen ist. „Es ist eigenartig: Wenn der Phänotyp psychisch ist, meinen viele, es müsse jetzt ganz schnell gehen. Psyche wird immer mit irgendwas fast religiösem gleichgesetzt. Man erkennt gar nicht, dass das Hirn ein biologisches System ist.“ Wenig hält Kasper daher von den spirituellen Trips bzw. deren Einarbeitung in eine Behandlung. „Es ist ein Nebeneffekt, wie eine Nebenwirkung. Zum Beispiel eine Derealisation: Die Patienten fühlen sich, als wären sie ein Stück von sich entfernt, würden sich von außen betrachten.“ Dagegen sei prinzipiell nichts einzuwenden und wenn Menschen dieses als hilfreich empfänden, umso besser. Nur therapeutisch sollte man es eben nicht verwenden. „Es gibt ein paar Kollegen, die glauben, sie können damit die Patienten retten“, stellt er kopfschüttelnd fest. „Dabei verunsichern sie die Menschen nur unnötig, machen sie auf gut Deutsch ‚ver-rückter‘: Sie ver-rücken von der Realität in eine Parallelwelt und kommen dann mit ihrer Umwelt noch schlechter zurecht.“ Ein Orthopäde würde ja auch nicht auf die Idee kommen, die Schmerzen als notwendig zu nehmen, um das Knie zu verstehen. „Nur in der Psychiatrie gibt es diese eigenartigsten Auswüchse, dass man meint, diese Nebenwirkungen auch therapeutisch als ‚Reise ins Unbewusste‘ nehmen kann.“ Außerdem brauche es dafür deutlich mehr Zeit. „Das Unbewusste aufzuarbeiten braucht viele Jahre.“

Er persönlich bevorzuge indes Therapien, die auf die Zukunft gerichtet sind: „Logotherapie, Existenzanalyse oder Verhaltenstherapie.“ Der Psychiater räumt der Pharmakotherapie einen gewichtigen Platz ein: „Nicht jeder Depressive braucht eine Psychotherapie. Vielleicht 20 Prozent, bei den anderen 80 Prozent reicht eine medikamentöse Therapie. Therapieresistente Depressive profitieren nicht von einer Psychotherapie, da diese eine biologisch spezifizierte Untergruppe darstellen.“ Laut Kasper begeht seine Disziplin hier eine Art logischen Fehlschluss. „Da wird ein großer Fehler bei psychiatrischen Kranken gemacht. Der Phänotyp ist psychologisch, weil es mit Worten ausgedrückt wird und man glaubt daher, der Zustand – eigentlich die Krankheit – wäre auch nur mit Worten zu heilen.“ Dies sei, als würde man jemanden mit Gelbsucht weiß anstreichen.

Esketamin kein so starkes Halluzinogen wie Psilocybin oder LSD

Die Ansicht, dass medikamentöse Therapien allein reichen, ist allerdings in der Forschung umstritten. Zum Beispiel fanden Pim Cuijpers et al. (2013) in einer Metaanalyse einen stärkeren Effekt von Pharmakotherapien gegenüber Psychotherapien nur für Dysthymien. Bei einer Dysthymie hat man über einen Zeitraum von zwei Jahren ein depressive Symptomatik, allerdings nur eine sehr leichte. Die Bewältigung des Alltags ist weit weniger eingeschränkt als bei einer klassischen depressiven Episode, die noch in leicht, mittelgradig und schwer unterteilt wird. Hierfür muss eine dementsprechende Symptomatik für mindestens zwei Wochen vorliegen. Die American Psychological Association schreibt auf ihrer Homepage, beide Therapieformen seien nachweislich wirksam. Es gebe jedoch Evidenz, dass eine Kombination aus Psychotherapie und Pharmakotherapie die wirkungsvollste Behandlungsform gegen Depressionen sei.

Das Problem halluzinogener Nebenwirkungen habe man noch verstärkt bei Behandlungen mit Psilocybin oder Lysergsäurediethylamid (LSD), die viel stärkere Halluzinationen erzeugen als Esketamin. „Letztlich sind das alles Nebenwirkungen, wie Müdigkeit.“ Im Idealfall würde man daher ein Esketamin-Medikament entwickeln, das diese Nebenwirkungen nicht mehr auslöse, wobei erste Untersuchungen schon im Gange sind. Deswegen sieht er den Trend aus der Schweiz, mit Psilocybin „Patienten zum Halluzinieren zu bringen und den Inhalt davon psychotherapeutisch zu verwenden“, kritisch: „Man sollte Menschen nicht zu sehr ‚ver-rücken‘, es geht um den antidepressiven Effekt, das heißt hin zur Realität des gesunden Lebens.“

Dem widerspricht der Psychiater und Neurologe Thomas Platz. „Der Trip ist aus meiner Sicht keine Nebenwirkung, sondern eine Hauptwirkung, den kann man natürlich psychotherapeutisch nutzen.“ Die Patientinnen und Patienten würden offener, „weil ich mich nicht als isoliertes Individuum erlebe, sondern eine ganzheitliche Erfahrung mache.“ Dafür muss der Mensch freilich aufgeschlossen sein, sonst erlebe er es als beängstigend. Ist die Aufgeschlossenheit gegeben, dann „profitiert er erheblich davon und fühlt sich dann eben auch stärker, der hat dadurch einen Zuwachs, einen Erfahrungsschatz, gewonnen.“ Ähnlich sieht es seine Kollegin Diana Schaffer. „Manche Patienten oder Klienten machen während des Trips sehr intensive spirituelle Erfahrungen, sie sehen, wie man wieder Sinn im Leben finden kann. Wenn ich einen Grund habe, am Leben zu sein, ist es leichter, Schwierigkeiten zu bewältigen.“ Daher sieht es die Klinische Psychologin wie ihr Kollege: „Ich glaube, dass das, was man während des Trips erlebt, einen sehr positiven Effekt auf die Heilung haben kann. Ich finde es sinnvoll, dies psychologisch-psychotherapeutisch zu nutzen.“

Foto: Thomas Platz
Esketamin-Behandlung hat subjektive und objektive Seite

 

Die beiden arbeiten mit Patientinnen und Patienten, die das Esketamin in Form einer oralen Lösung in der Wiener und Klagenfurter Ordination von Platz einnehmen. Die Medikation in einer ambulanten Praxis kann Platz als Psychiater „off-label“ verschreiben. Neben der subjektiven Seite, den Erlebnissen während des Trips, arbeiten sie selbstverständlich auch mit der objektiven Seite der Esketamin-Behandlung. „Ketamin ist sehr sinnvoll bei Patienten, die auf andere Psychopharmaka nicht ausreichend ansprechen. Es scheint die Nervenwachstumsfaktoren,  Brainderived neurotrophic Factor (BDNF), im Gehirn anzuregen“, erklärt Schaffer. Gerade in den ersten Tagen nach der Behandlung sei das Gehirn besonders lernbereit, könne sich auf neue Erfahrungen einstellen. Genau das ist wichtig im Umgang mit psychischen Störungen bzw. etwas globaler gesagt mit Stress. „Stressresistente Menschen haben meist ein Hirn, das sich schnell auf neue Erfahrungen einstellen kann. Bei Menschen, die weniger resilient sind, ist das weniger der Fall.“ Fehlende Resilienz gilt als wichtiger Faktor bei der Entstehung von psychischen Störungen.

Dass es überhaupt zum Einsatz von Esketamin für Menschen mit psychischen Störungen gekommen ist, liegt letztlich an einem Versagen der Pharmabranche. „Auf dem Psychopharmakasektor tut sich seit mindestens zehn Jahren nichts mehr“, stellt Platz fest. „Aus meiner Sicht als Psychiater ist es zurzeit so, dass einem Drittel der Patienten mit den Medikamenten geholfen wird, bei einem weiteren Drittel weiß man nicht, ob es die Therapiebeziehung ist, Krankenstand oder andere Faktoren. Und beim letzten Drittel helfen die Psychopharmaka überhaupt nicht.“ Genau deswegen spreche man von therapieresistenter Depression. Die Fokussierung auf Rauschdrogen sei geschichtlich gesehen nicht neu, man habe schon früher bemerkt, dass heilsame Wirkungen auftreten können. „Und Ketamin ist das einzige Psychedelikum, das nicht unter das Suchtgiftgesetz fällt.“

Kein Allheilmittel

Als Allheilmittel sieht Platz Ketamin jedoch nicht. „Ich würde sagen, ungefähr dreiviertel meiner bisher rund 30 Patienten haben einen nachhaltigen Erfolg durch die Behandlung. Dabei gibt es solche, bei denen es eindeutig diese Behandlung ist und solche, bei denen es nicht klar ist: Ist es das Setting, sind es Selbstheilungskräfte oder etwas anderes? Man kann nicht alles der Substanz zusprechen.“ Rund ein Viertel spreche nicht darauf an. Psychotherapie müsse nicht zwangsläufig mit der Esketamin-Behandlung einhergehen. „Nicht alle wollen Psychotherapie. Manche wollen diesen Zustand der Erleichterung, der dann auch eine Nachhaltigkeit hat.“

Für Schaffer gibt es drei Gründe für die Esketamin-Behandlung. „Erstens bei einer biologisch bedingten Depression. Die Intervention mit Ketamin greift so in die Neurobiologie ein, dass sich der Zustand verbessert. Mit der Hoffnung, dass es zu einer langfristigen Verbesserung kommt.“ Ein weiterer Grund sei die subjektive Seite. „Man möchte den Trip selbst nutzen, hat Psychotherapie gemacht, ist aber über gewisse unbewusste Schranken nicht hinweggekommen. Man nutzt den veränderten Bewusstseinszustand, um zu erforschen, wo das ganze herkommt, wo es seine Wurzeln hat.“ Dies ginge über eine psychologische Behandlung während des Trips oder als Nachbesprechung. „Man kann das Ketamin auch verabreichen, um sich einmal erleichtert zu fühlen. An einem anderen Tag macht man eine psychologische Behandlung, um an Hilflosigkeit oder Traumata zu arbeiten.“ Aus der Literatur sei ersichtlich, dass es dann leichter sei, weil die Lernmechanismen im Gehirn besser funktionieren.

Viele Wege führen zur Besserung

Hier zeigt sich der andere Zugang als jener von Siegfried Kasper: Diese Form der Psychotherapie blickt auch zurück, nicht (nur) nach vorn. Was für wen sinnvoller ist, könnte am Ende mehr mit der individuellen Persönlichkeit des Patienten oder der Patientin zu tun haben, als mit einer generalisierten Empfehlung aus der Forschung.

In eine ähnlich eklektische Richtung geht die Forderung von Platz: „Man muss Patienten alle Möglichkeiten anbieten, die es gibt, sie informieren. Psychotherapie, Medikamente, Ketamin, Anästhetika, transkranielle Magnetstimulation, Lachgastherapie.“ Es gebe viele Wege zu einer Besserung. „Wenn der Patient sagt, ‚okay, ich will das probieren‘, dann ist es, glaube ich, auch angemessen, ihm das zu ermöglichen. Und nicht nur bei einer therapieresistenten Depression.“ Dem schließt sich Diana Schaffer an. Beide hoffen, „dass aufgrund der Forschungsergebnisse Psilocybin bald zur Verfügung stehen wird, um den Patienten, die mit Ketamin nicht aus der therapieresistenten Depression herauskommen, auch eine Möglichkeit anzubieten.“

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