Forscher ebnen Weg zu gezieltem Atomverschub mittels Elektronenstrahl
Mit Hilfe eines Elektronenstrahls lassen sich in einem Kristallgitter befindliche Fremdatome bewegen. Diese Manipulation vollzieht sich nicht an der Oberfläche sondern in tieferen Schichten des Siliziums, ohne dort Schaden anzurichten, wie Wiener Physiker in Modellierungen zeigen. Die Methode könnte etwa dabei helfen, Materialien für künftige Quantencomputer anzufertigen, heißt es im Fachblatt "Journal of Physical Chemistry C".
Will man den Eigendrehimpuls - den Spin - von Atomen zum Einschreiben von Quanteninformation nützen, braucht es in einem Siliziumkristall eingebaute Fremdatome (Dotieratome). Diese potenziellen Träger der fundamentalen Informationseinheiten des Quantencomputers (Qubits) müssen in präzisen Abständen im Nanometerbereich zueinander und unter der Oberfläche positioniert werden, schreiben die Forscher von der Fakultät für Physik der Universität Wien und vom Oak Ridge National Laboratory (USA) in ihrer Arbeit. Genau das lässt sich aber mit herkömmlichen Methoden nur sehr schwer erreichen, was sich als fortschrittshemmend erweise.
STEM-Potenzial
Daher gehen Wissenschafter dem Potenzial der Rastertransmissionselektronenmikroskopie (STEM), bei der Atome mit einem Elektronenstrahl manipuliert werden können, auf den Grund. "Die einzigartige Stärke dieser Technik ist die Fähigkeit, nicht nur Oberflächenatome, sondern auch Fremdatome innerhalb dünner Volumenkristalle zu erreichen", so der Letztautor der aktuellen Studie, Toma Susi, von der Uni Wien in einer Aussendung. Die an der Arbeit beteiligten US-Forscher haben dafür den Grundsatzbeweis geliefert, als sie Wismut-Dotieratome in Silizium manipulierten.
In ihren neuen Simulationen haben die Wissenschafter nun systematisch durchleuchtet, wie sich die Elemente Stickstoff, Phosphor, Arsen, Antimon und Bismut als Dotieratome in Silizium auf diese Weise verschieben ließen. Dabei fand das Team einen neuartigen Mechanismus, der als indirekter Austausch bezeichnet wurde. Dabei werden zwei benachbarte Siliziumatome durch den Einfluss des Elektronenstrahls beweglich und geleiten dann quasi im Tandem das Dotieratom an seinen neuen Platz im Gitter. "Der Mechanismus funktioniert allerdings nur bei den beiden schwereren Donorelementen Wismut und Antimon, ist aber zerstörungsfrei, da keine Atome aus dem Gitter entfernt werden müssen", so Studienerstautor Alexander Markevich.
Den Verschub von Antimon-Fremdatomen im Siliziumgitter mittels STEM haben die Forscher auch bereits im Experiment demonstriert. "Erst kürzlich wurden Antimon-Dotieratome in Silizium als vielversprechende Kandidaten für Festkörper-Kernspin-Qubits vorgeschlagen und unsere Arbeit könnte einen Weg für deren deterministische Herstellung eröffnen", glaubt Susi.
Service: https://dx.doi.org/10.1021/acs.jpcc.1c03549