Tiroler Physiker mit Schritt zu fehlerfrei rechnendem Quantencomputer
Um die Vermeidung und Korrektur von Fehlern in den äußerst störungsanfälligen Quantencomputer-Prototypen bemühen sich Wissenschafter weltweit. Innsbrucker Physikern und Kollegen aus Deutschland ist es nun gelungen, Information auf mehrere Atome zu verteilen, sodass Fehler das Ergebnis eines Algorithmus nicht mehr verfälschen.
Der Quantencomputer beruht auf der Verwendung von Quantenbits (Qubits), die als grundlegende Informationseinheit fungieren. Während klassische Rechner auf binäre Operationen setzen, also 0 oder 1, fußt ein Quantencomputer auf quantenmechanischen Zuständen, die nicht nur 0 oder 1 für sich, sondern quasi beide Zustände gleichzeitig einnehmen können ("Superposition"). Hinzu kommt, dass mehrere Qubits in einer Art "Fernwirkung" miteinander verschränkt werden können. Diese Effekte kann man nutzen, um bestimmte Berechnungen viel schneller durchzuführen.
Gefangene Atome
Beim quantenphysikalischen System, auf das die Innsbrucker Forscher setzen, handelt es sich um gefangene Atome. Deren Zustand ist aber fragil, was zu Fehlern in den Qubits führen kann, die sich während einer Berechnung verheerend ausbreiten können, sodass das Resultat nutzlos ist. Bei einem klassischen Computer setzt man zur Fehlervermeidung vielfach darauf, die Information in mehrfacher Ausführung vorliegen zu haben. Diese Option fällt aber in der Quantenwelt weg, da ein einfaches Kopieren der Information selbige zerstören würde.
Die Experimentalphysiker an der Universität Innsbruck begegnen solchen Problemen mit sogenannten "logischen Qubits". Die Idee dahinter ist, mehrere physikalische Qubit-Träger - sprich Atome - zu verwenden, und die Quanteninformation darüber zu verteilen. Zusammen bilden sie dann das logische Qubit. So kann man fehlertolerante Informationsträger herstellen, weil es auffällt, wenn eines der Atome quasi aus der Reihe tanzt.
Im Falle der nun im Fachmagazin "Nature" erschienenen Arbeit setzen die Wissenschafter auf ein System bestehend aus 16 gefangenen Ionen. Dieses präparierten sie so, dass es zwei logische Qubits beherbergte, die jeweils aus sieben Atomen bestehen. Die restlichen zwei Atome zeigen jeweils an, wenn sich in "ihrer" Informationseinheit ein "gefährlicher Fehler" derart ausbreitet, dass die gespeicherte Information verloren geht und der Vorgang neu gestartet werden muss, erklärte der Erstautor der Studie Lukas Postler im Gespräch mit der APA.
Grundlegende Bausteine realisiert
Auf diesen verteilten Quanten-Informationsträgern ist es dem Team, das auch Kollegen der RWTH Aachen und des Forschungszentrums Jülich (beide Deutschland) umfasste, nun gelungen, die grundlegenden Bausteine für fehlertolerantes Rechnen auf Quantencomputern zu realisieren. Postler: "Wenn man so einen 'universellen Gattersatz' hat, hat man eigentlich das ganze Rüstzeug für jede mögliche Berechnung." Einen solchen Satz - u.a. bestehend aus einer "T-Gatter" genannten Quanten-Rechenoperation - konnten die Physiker nun erstmals in einem fehlertoleranten System zeigen.
Gerade solche T-Gatter sind besonders interessant, weil Quantenalgorithmen, die kein T-Gatter enthalten, auch auf herkömmlichen Rechnern effizient simuliert werden können. Erst mit dem T-Gatter "kann der Quantencomputer seine Stärke richtig ausspielen. Es ist aber auch um Längen schwieriger zu implementieren als andere Operationen, da der Effekt dieses Gatters auf die Atome nicht von Fehlern unterschieden werden kann". Dieses Problem konnte aber gelöst werden: So wurde ein spezieller Quantenzustand, der als "magischer Zustand" bekannt ist, auf einem logischen Qubit präpariert und mittels Quanten-Teleportation auf ein zweites logisches Qubit übertragen. Durch dieses Vorgehen wird effektiv ein T-Gatter auf dem zweitem Qubit durchgeführt.
Mit der aktuellen Arbeit der Forscher um Postler, Markus Müller und Thomas Monz liefere man wichtige "Bausteine" für einen fehlerfreien Quanten-Rechner auf Ionenfallen-Basis. "Alle möglichen Algorithmen mit zwei logischen Qubits kann man jedoch leicht auf jedem Laptop nachvollziehen", daher will man den Aufbau erweitern, wie Postler erklärte. Um hier aber in höhere Sphären zu gelangen, seien noch einige Fragen zu klären: "Wir brauchen auf jeden Fall deutlich mehr Qubits." Diese könnten in einem Ionenfallen-Computer dann auch relativ einfach und flexibel miteinander verschränkt werden.
Publikation: https://doi.org/10.1038/s41586-022-04721-1