Klima-Glossar: Wald in Österreich
Zu viel Kohlendioxid (CO2) in der Luft ist einer der Hauptgründe für die zunehmende Erhitzung der Erde. Leidtragende sind unter anderem Ökosysteme, die sich nicht schnell genug an die wärmeren Temperaturen anpassen können, wie zum Beispiel unsere Wälder. Sie werden anfälliger für Schädlinge und Naturkatastrophen. Bäume können jedoch Kohlendioxid in der Atmosphäre reduzieren. Somit gelten Wälder zugleich als Lösung im Kampf gegen die Klimakrise, vorausgesetzt sie sind gesund.
Österreichische Wälder haben in den letzten Jahren vor allem mit negativen Ereignissen Schlagzeilen gemacht. An vorderster Front der Katastrophenmeldungen lagen Berichte über Borkenkäferaktivitäten, Sturmschäden sowie Probleme mit der Trockenheit. Ohne Zweifel setzen die Auswirkungen des Klimawandels dem Wald zu, er könnte jedoch dabei helfen, diesen entgegenzuwirken.
Denn Bäume reduzieren Kohlendioxid in der Atmosphäre. Bei der Photosynthese wird das Treibhausgas im Holz eingelagert und verbleibt dort, bis das Holz entweder verrottet oder verbrennt. Auch im verbauten Holz bleibt dieses CO2 gebunden und wird nicht mehr an die Atmosphäre abgegeben, daher wird nicht nur vonseiten der Holzwirtschaft auf die Vorteile der Nutzung von Holz als Bau- und Werkstoff verwiesen. Auch die Wissenschaft sieht die Vorteile, wie etwa die Substitution energieintensiver Rohstoffe. Gemeint ist damit zum Beispiel, dass bei einem Holzhaus kein beziehungsweise weniger Stahl oder Beton zum Einsatz kommen muss. Laut dem Österreichischen Forstverein ist in einem Kubikmeter Holz eine Tonne CO2 gespeichert. Damit könne durch den Holzbau bis zu 71 Prozent an CO2 im Vergleich zur mineralischen Bauweise eingespart werden.
Die Studie CareForParis, an der die Universität für Bodenkultur in Wien (BOKU), das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) und das Umweltbundesamt (UBA) zusammengearbeitet haben, weist diesen Substitutionseffekt als wesentlichen Beitrag aus, den ein nachhaltig bewirtschafteter Wald zur Klimakrise leisten kann. Die Wissenschafter betonen aber auch, dass die Funktion als Kohlenstoffsenke sich verringert, je mehr der Wald durch die steigenden Temperaturen geschwächt wird. Im schlimmsten Falle könnte er sogar zur Kohlenstoffquelle werden. Es reiche daher nicht aus, nur auf den Waldbau zu setzen, um den Klimawandel zu verlangsamen, die Reduktion von Treibhausgasemissionen müsse auf mehreren Ebenen angegangen werden, so der Tenor der Studie.
Der Teufel steckt im Detail
Nach dem Motto "mehr Bäume absorbieren mehr CO2" könnten weltweite Aufforstungen dabei helfen, den Kohlenstoff in der Atmosphäre zu reduzieren. Zu diesem Schluss kommt eine 2019 veröffentlichte Studie der ETH Zürich. Doch Waldbau ist komplex und der Teufel steckt auch hier im Detail. "Bäume im Wald konkurrieren – anders als ihre Verwandten in Städten, Alleen und Gärten – miteinander um Licht, Nährstoffe und Wasser. Daher kann nur eine begrenzte Anzahl an Bäumen pro Fläche überleben", erklärt Silvio Schüler, Leiter des Waldbauinstitutes am BFW. "In der Natur stirbt permanent ein Teil der Bäume ab: in jungen Wäldern können das bis zu 20 Prozent aller Bäume pro Jahr sein. Gleichzeitig wirkt sich der fortlaufende Konkurrenzdruck auch negativ auf die überlebenden Bäume aus, denn sie entwickeln nur kleine Baumkronen, einen dünnen Stamm und können ihre Wurzeln nicht voll entwickeln. Bei häufiger auftretenden Stürmen, Nassschneeereignissen und Trockenperioden erweisen sich diese Schwachstellen als Achillesferse und es kommt zu großflächigen Schadereignissen."
Mit den Waldschäden würde aus einer gut gemeinten Aufforstung schnell eine Kohlenstoffquelle mit unerwünschten negativen Folgen für die Klimaerwärmung. Daher greift der Mensch in der nachhaltigen Waldbewirtschaftung unterstützend mit sogenannten Durchforstungen ein. Dabei werden die vitalsten und vielversprechendsten Bäume gefördert und konkurrierende Stämme entfernt. Zahlreiche Studien würden laut dem Wissenschafter belegen, dass gut durchforstete Wälder mit Trockenperioden besser zurecht kämen, denn sie könnten das wenige Wasser mit ihrem gut ausgebildeten Wurzelsystem besser erreichen. Zudem würden sie sich schneller erholen, weil sie auf gespeicherte Reserven zurückgreifen könnten. Eine weitere Voraussetzung für langfristig stabile Aufforstungen sei die Mischung geeigneter Baumarten. "Bei der Auswahl der heute zu pflanzenden Baumarten muss der Klimawandel schon mitgedacht werden. Und da derzeit noch sehr unsicher ist, wie stark dieser lokal auftritt ist ein breites Baumartenportfolio gefragt", so der Experte. Welche Baumarten und Baumartenmischungen im Einzelfall zum Einsatz kommen, hänge vom Standort, der vorherrschenden Waldfunktion und den Zielen des Bewirtschafters ab. "Die Wahl der richtigen Baumart ist eine komplexe Entscheidung. Insbesondere in einer Zeit, in der wir den Wald unterstützen müssen, sich an den Klimawandel anzupassen", bringt es Schüler auf den Punkt.
Rund 3,4 Milliarden Bäume wachsen in Österreich und bedecken damit fast die Hälfte der Landesfläche (47,9 Prozent). Etwa 145.000 Privatwaldbesitzer, Gemeinden, Länder und der Bund haben die Qual der Wahl, unter den 65 Baumarten, die im heimischen Forstgesetz als Waldbaum gelten, jene herauszusuchen, die sich für den Standort eignen und auch zu ihren wirtschaftlichen Vorstellungen passen. In Zeiten der Klimakrise keine einfache, aber eine wichtige Entscheidung.