Erweiterte Solaranlage und Maßnahmenmix sollen NHM klimafitter machen
Das Naturhistorische Museum (NHM) Wien setzt weitere Schritte auf dem Weg zur "Klimafitness". Das einst gesetzte Ziel, bis zum Jahr 2030 klimaneutral zu werden, "werden wir nicht schaffen", nahm aber NHM-Generaldirektorin Katrin Vohland bei der Präsentation der umgesetzten und geplanten Vorhaben am Dienstag im Rahmen eines Pressegesprächs gleich vorweg. Doch der Vorteil gegenüber der einst optimistischen Annahme: "Wir wissen heute viel besser, wie das Gebäude funktioniert."
Besondere Herausforderung auf dem Weg zu mehr Energieeffizienz und CO2-Neutralität ist vor allem auch der Denkmalschutz, unter dem das von 1871 bis 1881 erbaute Haus steht. Die Klimaneutralität sei einerseits aufgrund der Baumasse des knapp 44.000 Quadratmeter Nettoraumfläche umfassenden Museums schwierig zu erzielen, ergänzte Christian Fischer, Leiter der NHM-Abteilung für Gebäude und Sicherheit, aber auch mit seiner rund einer Million Besucher pro Jahr, etwa als zusätzliche Wärmequelle: "Wir schaffen es jedenfalls nicht mit einer großen Maßnahme, sondern nähern uns mit vielen kleinen Maßnahmen an die Klimaneutralität an."
Bereits umgesetzt wurde der Gasausstieg des NHM, der Umstieg auf Fernwärme sei erfolgt. Zudem wird weiterhin die "LED-Umrüstung", mit Hilfe einer EU-Förderung, verfolgt, wobei Fischer in Summe auf die insgesamt 8.000 Lichtpunkte im Haus und den damit einhergehenden Arbeitsaufwand verwies. Die Liste beinhaltet auch die Installation neuer Thermostatventilköpfe an 674 Heizkörpern, die im Jahr 2023 etwa 440 Megawattstunden (MWh) an Heizwärme einsparten, weitere Maßnahmen bei der Heizungsoptimierung oder neue geplante Außenbeschattungselemente von Fenstern mit Kühlungseffekten.
Erste Solaranlage schon 1998
Mit Anfang April konnte auch die neue Solaranlage am Dach des Hauses dem Betrieb übergeben werden: Die erste Solaranlage, noch unter dem ehemaligen NHM-Generaldirektor Bernd Lötsch verwirklicht und mit 1998 in Betrieb genommen, sei im Zuge der Erweiterung entfernt und mit neuen Modulen ausgestattet worden, wie Peter Bachmann vom Unternehmen Solarwatt ausführte. Die Anlage aus der zweiten Ausbaustufe aus dem Jahr 2006 sei in das aktuelle Projekt integriert worden. Mit der jetzigen, dritten Ausbaustufe komme man auf 260 Kilowattpeak (kWp), die laut Fischer nun "einen Ertrag für die Versorgung von umgerechnet 75 Einfamilienhäusern mit einem jeweiligen Bedarf von etwa 4.000 Kilowattstunden pro Jahr liefere". Die Fläche umfasst nun mit seinen 657 Glas-Glas-Modulen in etwa 1.120 Quadratmeter, wie es hieß.
Ein noch zukünftiges, aber für das NHM vielversprechende Projekt ist die Geothermie, also die Nutzung von Erdwärme: Im Jahr 2021 erfolgte bereits eine 210 Meter tiefe Probesondierung im ersten Innenhof des Hauses unter wissenschaftlicher Begleitung durch Geosphere Austria. Durch die Probebohrung konnte die technische Eignung zur geothermischen Nutzung bestätigt werden. Im Neubau sei Geothermie eine vollkommen etablierte Wärmequelle, wie Stefan Hoyer von Geosphere Austria ausführte, aber für historische Gebäude sei dies "nicht ganz so straight forward umsetzbar" und benötige eines längeren Prozesses.
So untersucht Geosphere Austria derzeit das NHM im Zuge eines von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG geförderten Projektes - das NHM ist eine von sechs Fallstudien -, um ein Konzept für die Umrüstung auf eine nachhaltige Wärme- und Kälteversorgung und unter Kombination von Erd- und Luftwärmepumpen zu erarbeiten. Im kommenden Jahr sollen die Ergebnisse vorliegen.
Geothermie bestmöglich nutzen
Es sehe damit derzeit "gut aus", so Fischer, auch wenn die Erdwärme dann einmal nicht für die historischen Schausäle in Frage käme. Vielmehr könnte sie bei einem anderen Zukunftsprojekt eine Rolle spielen: Das NHM will die Barrierefreiheit in Angriff nehmen und in Abstimmung mit dem Denkmalamt "bis 2028 ein neues Welcome Center" entstehen lassen. Im Rahmen der Foyer-Umgestaltung - eine solche ist auch für das Kunsthistorische Museum Wien vorgesehen - sollen die Fenster links vom NHM-Haupteingang zu Eingängen erweitert werden. Darüber solle auch der jährliche Besucherstrom besser gemanagt werden. Hier sei es dann auch das Ziel, so NHM-Abteilungsleiter Fischer, Geothermie bestmöglich zu nutzen.
Um den vom NHM präsentierten Maßnahmen-Mix bestmöglich auf dem Weg zu "einer Umsetzung eines möglichst CO2-neutralen Museums" aufeinander abzustimmen und effiziente Maßnahmen zu setzen, arbeitet das Museum derzeit auch mit dem Institut für Energietechnik und Thermodynamik der Technischen Universität (TU) Wien zusammen. Es wird ein Simulationsmodell für das Museum entwickelt, so dass künftig mit realen Daten gezielte Maßnahmen überprüft und aufeinander abgestimmt werden können.
Beim Ziel, sich einer möglichst weitreichenden Reduktion von CO2-Emissionen anzunähern, mischten letztlich auch die Mitarbeiter und Gäste mit, sagten Vohland und Fischer, etwa über das eigene Verhalten beim Lüften, die Nutzung von Verkehrsmitteln zur Anreise, den Warmwasserverbrauch etc. So spielt auch für das NHM die Sensibilisierung dieser Gruppen eine zentrale Rolle und das bestimme auch den Erfolg: "Ob wir auf Null kommen, das kann ich Ihnen nicht sagen", so die NHM-Generaldirektorin. Vielleicht müsse man irgendwann auch über Kompensationsmaßnahmen nachdenken.
Service: https://www.nhm-wien.ac.at