COVID-19: „Reale Wirksamkeit“ antiviraler Medikamente untersucht
Im Rahmen einer Studie unter Leitung der MedUni Wien wurden die Daten von mehr als 100.000 Patient:innen mit einer SARS-CoV-2-Infektion, die vor rund zwei Jahren beim Gesundheitsdienst der Stadt Wien gemeldet waren, analysiert. Davon wurden damals mehr als 20.000 Patient:innen aufgrund ihres Risikos für einen schweren Verlauf mit antiviralen Medikamenten behandelt. Die Untersuchungen zur Wirsamkeit dieser Mittel in der Routineversorgung ergaben, dass Nirmatrelvir- Ritonavir das Risiko für einen Krankenhausaufenthalt oder vorzeitigen Tod signifikant senken kann. Die Studienergebnisse wurden aktuell im Fachjournal "Clinical Microbiology and Infection" publiziert.
Insgesamt wertete das Forschungsteam um Markus Zeitlinger und Anselm Jorda (Universitätsklinik für Klinische Pharmakologie der MedUni Wien) 113.399 Fälle von erwachsenen, nicht hospitalisierten SARS-CoV-2-Patient:innen aus. Verglichen wurden die Daten von 90.481 unbehandelten Patient:innen, 12.166 Menschen, die Nirmatrelvir- Ritonavir einnahmen, und von 10.752 Molnupiravir-Anwender:innen. Nirmatrelvir-Ritonavir und Molnupiravir sind orale Virostatika, die zur Standardtherapie für COVID-19 bei nicht hospitalisierten Erwachsenen mit erhöhtem Risiko für einen schweren Verlauf gehören bzw. gehörten. Mehr als 96 Prozent der untersuchten Personen waren im Beobachtungszeitraum Jänner 2022 bis Mai 2023 bereits durch eine frühere Infektion oder eine Impfung immunisiert. Omikron-Varianten dominierten in dieser Zeit das Infektionsgeschehen, SARS-CoV-2- Infektionen waren meldepflichtig. Ziel der Forschungsarbeit war es, die bisher unklare "reale Wirksamkeit", also den Einfluss der Medikamente auf Hospitalisierung und Mortalität, innerhalb von 28 Tagen nach Diagnosestellung zu untersuchen.
Patient:innen ab 60 profitieren mehr Die Analyse ergab, dass bei Patient:innen ab 60 Jahren, die mit Nirmatrelvir-Ritonavir, behandelt wurden, das Risiko für Krankenhausaufenthalte und vorzeitigen Tod deutlich niedriger war als bei unbehandelten Kontrollpersonen. "Diese Effekte haben wir allerdings ausschließlich bei älteren Patient:innen, nicht aber bei Menschen unter 60 Jahren nachweisen können", berichtet Erstautor Anselm Jorda. Ein möglicher Grund, dass die allgemein unter ihrem Markennamen Paxlovid bekannte Wirkstoffkombination bei Jüngeren weniger reale Wirksamkeit entfaltet, könnte darin liegen, "dass jüngere, geimpfte Personen kaum mehr so schwer erkranken, dass diese ins Spital aufgenommen werden müssen", ergänzt Studienleiter Markus Zeitlinger. Der Wirkstoff Molnupiravir, der im Untersuchungszeitraum ebenfalls für die Behandlung von COVID-19 zugelassen war, zeigte in der Studie keine statistisch signifikanten Vorteile hinsichtlich der Reduktion von Krankenhausaufenthalten und Sterblichkeit. Molnupiravir wurde inzwischen vom Markt genommen, was sich angesichts der Studienergebnisse einmal mehr als "sinnvoll" erweist, wie Zeitlinger sagt.
Die Studie belegt die reale Wirksamkeit des oralen Virostatikums Nirmatrelvir-Ritonavir bei nicht hospitalisierten über 60-Jährigen mit COVID-19 in einer omikron-dominierten Periode. Erstmals wurden dabei österreischiche Daten in großem Umfang ausgewertet. "Alles deutet darauf hin, dass die Ergebnisse auch auf die aktuell grassierenden Virusvarianten KP.3.1.1. und XEC zutreffen, zumal es sich dabei um Omikron-Subtypen handelt", so Markus Zeitlinger. Weitere Forschungen sollen dazu beitragen, noch genauer zu bestimmen, welche Gruppen von Patient:innen von einer antiviralen Behandlung profitieren.
Publikation: Clinical Microbiology and Infection Real-world effectiveness of nirmatrelvir-ritonavir and molnupiravir in non-hospitalised adults with Covid-19: a population-based, retrospective cohort study cohort study Anselm Jorda, Dominik Ensle, Hubert Eser, Florentin Glötzl, Benjamin Riedl, Marton Szell, Arschang Valipour, Alexander Zoufaly, Christoph Wenisch, Doris Haider, Heinz Burgmann, Florian Thalhammer, Florian Götzinger, Bernd Jilma, Robin Ristl, Ursula Karnthaler, Markus Zeitlinger https://doi.org/10.1016/j.cmi.2024.10.026
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