Wundheilung mittels Fettzellen
Bei COREMED, dem Kooperativen Zentrum für Regenerative Medizin der JOANNEUM RESEARCH, beschäftigt sich ein Forschungsteam intensiv damit, Wunden besser zu verstehen und Heilungsprozesse zu optimieren. Ein neuer Ansatz dabei ist der Einsatz von Fettzellen, also Adipozyten. Das Team rund um Petra Kotzbeck gelangte zu der Erkenntnis, dass Fettzellen einen Einfluss auf den Heilungsprozess haben.
Petra Kotzbeck ist seit 2018 bei der JOANNEUM RESEARCH, stellvertretende Direktorin und Forschungsgruppenleiterin bei COREMED und seit kurzem Assistenzprofessorin an der Medizinischen Universität Graz. Gemeinsam mit ihrem Team erforscht sie neue Methoden der Wundheilung im Labor. Im Rahmen des FFG-Projekts AdipoWound erforscht das Team, welche Rolle Fettzellen im Heilungsprozess der Haut spielen.
"Ich habe mich in meiner Forschungsarbeit laufend mit Fettstoffwechsel beschäftigt und mit Fettzellen gearbeitet, die überraschend vielseitig sind. Fettgewebe gibt es im Körper fast überall, auch um Organe. Fett ist nicht zwingend schlecht, es hat viele positive Funktionen sofern sich der Mensch innerhalb des Normalgewichts bewegt", zeigt sich Kotzbeck über das im Allgemeinen unbeliebte und gefürchtete Gewebe begeistert. Was sind das nun für Funktionen, die Fettzellen im Körper haben? Sie regulieren den Glukose- und Fettstoffwechsel, regulieren den Appetit und das Immunsystem - sie sind tatsächlich essenziell. Dieses Umdenken erfolgte Mitte der 1990er Jahre, denn da wurde das Hormon Leptin entdeckt, das vom Fettgewebe proportional zu seiner Masse ausgeschüttet wird. Eine der Funktionen von Leptin ist es, den Appetit im Gehirn zu regeln. "Das Problem bei Fettleibigkeit ist, dass die Signale von Leptin nicht mehr weitergeleitet werden. Es kommt dann zur Leptin-Resistenz", erklärt Kotzbeck die Auswirkungen von Fettzellen.
Man weiß nun auch, dass Fett wichtig für die Wundheilung ist. Warum? Fettdepots sind nicht nur im Bindegewebe, sondern auch in anderen Hautschichten zu finden. Welche Funktion sie dort haben, ist noch nicht zur Gänze erforscht. Studien belegen, dass Fettzellen zum Beispiel um Haarfollikel angesiedelt und für die Reifung zuständig sind. Sie schützen dieses und haben eine antibakterielle Funktion. Sie leisten sozusagen erste Hilfe bei einer Verletzung der Haut.
Im Rahmen des Projekts AdipoWound beobachteten die Forscher*innen, dass sich bei hyperinflammatorischen, also entzündeten Wunden, Fettzellen ansammeln. Beim Heilungsprozess wandern Zellen von unten nach oben oder von den seitlichen Rändern nach innen (Migration) und füllen das beschädigte Gewebe auf. "Es hat sich gezeigt, dass bei Wunden, die schlecht heilen, die Zellmigration nicht gut funktioniert. Es bilden sich plötzlich Adipozytendepots. Fett spielt also eine Rolle", erklärt Kotzbeck.
Daraus ergeben sich neue Behandlungsoptionen für Menschen, die an chronischen Wunden leiden. Bei solchen chronischen Wunden, die zum Beispiel durch Alter, Diabetes oder Bluthochdruck beeinflusst werden, kommt es zu unverhältnismäßig hohen Entzündungswerten. Die Versorgung dauert manchmal Jahre und der Leidensfaktor ist extrem hoch.
Die JOANNEUM RESEARCH Forschungsgesellschaft mbH entwickelt Lösungen und Technologien für Wirtschaft und Industrie in einem breiten Branchenspektrum und betreibt Spitzenforschung auf internationalem Niveau. Bestens eingebettet in das nationale und internationale Innovationsnetzwerk erarbeiten die Forscherinnen und Forscher Innovationen in den drei Themenbereichen Informations- und Produktionstechnologien, Humantechnologie und Medizin sowie Gesellschaft und Nachhaltigkeit.
COREMED - Kooperatives Zentrum für Regenerative Medizin
Forschung, die unter die Haut geht: COREMED wurde in gemeinsamer Initiative der JOANNEUM RESEARCH und der Medizinischen Universität Graz gegründet, um die Forschung und Entwicklung im Bereich der Regenerativen Medizin, speziell zu den Themen Wundheilung und Narbenbildung beziehungsweise Hautalterung, voranzutreiben. COREMED bietet interdisziplinäre Gesamtlösungen in F&E-Dienstleistungen für die pharmazeutische und medizintechnische Industrie. www.joanneum.at/coremed
Kontakt:
Ass.-Prof.in Mag.a Dr.in Petra Kotzbeck JOANNEUM RESEARCH COREMED - Kooperatives Zentrum für Regenerative Medizin Stiftingtalsstraße 2a, 8010 Graz Tel.: 0316/876-6005 Petra.kotzbeck@joanneum.at