Pilze werten Algennahrung im Lunzer See für Wasserflöhe auf
Wasserflöhe im Lunzer See (NÖ) haben guten Grund, Pilzliebhaber zu sein: Im Gegensatz zu einzelligen Algen sind parasitische Wasserpilze von mundöffnungsgerechter Größe und enthalten hochwertige Nährstoffe in Form selbst gemachter, langkettiger Fettsäuren, berichten niederösterreichische Forscher. Parasitismus sei demnach ein wichtiges Bindeglied in der Nahrungskette von Gewässern. Die Studie wurde in den Fachzeitschriften "Protist" und "Freshwater Biology" veröffentlicht.
Begünstigt durch den Klimawandel wachsen in den Seen vermehrt Algen und blaugrüne Bakterien (Cyanobakterien), die Photosynthese betreiben, also Licht in chemische Energie umwandeln, so die Forscher um Martin Kainz vom Zentrum für Aquatische Ökosystemforschung am WasserCluster in Lunz am See in einer Aussendung des österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF), der das Projekt gefördert hat. Den Wasserflöhen (Daphnien) nutzt dies aber kaum, denn die Algen und Cyanobakterien sind für sie meist zu groß zum Fressen, oft giftig und bieten unzureichend Nährstoffe. "Dennoch gedeihen diese kleinen Tiere gut", erklärten sie: "Dabei helfen ihnen parasitäre Pilze, indem sie Fettsäuren aufwerten."
Diese Chytridien-Pilze sind zumeist Einzeller, erklärte Kainz im Gespräch mit der APA. Sie leben als Parasiten an den Algen sowie Cyanobakterien, und bilden "Zoosporen", die frei im Wasser treiben, bis sie ein neues Opfer finden. Oft werden sie jedoch zuvor von Wasserflöhen verspeist. Diese können die Chytridien auch verzehren, wenn sie als Parasiten auf den Algen sitzen.
Die parasitären Pilze enthalten hochwertige Nährstoffe in Form von mehrfach ungesättigten Fettsäuren und sogar langkettigen Omega-3-Fettsäuren, berichten die Forscher. Sie konnten anhand von Isotopenanalysen der Fettsäuren nachweisen, dass die Pilze sie eigenständig herstellen. Die Chytridien saugen die kurzkettigen Fettsäuren der Cyanobakterien auf und verfügen über das geeignete Werkzeug, nämlich "Desaturasen"- und "Elongasen"-Enzyme, um daraus längerkettige Omega-3-Fettsäuren zu produzieren, sagte Kainz.
Die hochwertigen Nährstoffe aus den Pilzen können von den Wasserflöhen doppelt so gut aufgenommen und viermal so gut verwertet werden als die minderwertigen Inhaltsstoffe der Cyanobakterien, so die Forscher. Das steigert ihre Fitness: "Die Wachstumsrate pro Tag betrug zehn Prozent mit Chytridien als Nahrung, und lag bei nur vier Prozent, wenn sie ausschließlich Cyanobakterien fressen konnten", schrieben sie. Außerdem fehlte den Daphnien ohne Pilznahrung die Kraft, für Nachwuchs zu sorgen: Wenn sie nur Cyanobakterien zu fressen bekamen, produzierten sie keine Eier. Das konnten sie nur, wenn auch Chytridien im Wasser waren.
Service: Publikationen zur Forschungsarbeit online: https://doi.org/10.1111/fwb.14010, https://doi.org/10.1016/j.protis.2020.125768)