Wissenschafter ergründen den CO2-Ausstoß des Schweizer Genfersees
Im Gegensatz zu den Ozeanen sind Seen große CO2-Produzenten. Wissenschaftern aus Lausanne ist es gelungen, den kompletten Kohlenstoffkreislauf im Schweizer Genfersee zu erklären und damit ein Modell zu schaffen, das auf andere große Seen in der Welt anwendbar ist.
Traditionelle wissenschaftliche Theorien führten die CO2-Emissionen der Seen bisher auf den massiven Eingang von organischem Material aus den umliegenden Böden in den See zurück, wie die Universität Lausanne (UNIL) am Mittwoch in einer Medienmitteilung schrieb. Dieses Material aus pflanzlichen und tierischen Rückständen in den Böden wird durch Regenfälle ins Wasser gespült. Sobald es in die Seen gelangt, wird es von den dort lebenden Mikroorganismen zersetzt. Dadurch entsteht CO2.
Theorie funktioniert nicht für den Genfersee
Diese Theorie kann zwar die Aktivitäten einiger Seen erklären, sie funktioniert aber nicht für den Genfersee. Denn dieser erhält nur sehr wenig organisches Material von seinen Ufern. Die CO2-Bilanz des Genfersees über ein Jahr sollte deshalb neutral sein: Mit einer CO2-Produktion im Winter (durch die Zersetzung von organischem Material und der Umwälzung des Wassers) und der CO2-Aufnahme im Sommer (durch die Photosynthese der Algen).
Die Gründe, warum dem im Genfersee nicht so ist, hat nun ein Team von Wissenschaftern der UNIL in einer in der Zeitschrift "Science Advances" veröffentlichten Studie entschlüsselt: Demnach stammt ein Großteil der Emissionen in Wirklichkeit von der natürlichen Erosion des Gesteins beim oberen Seeufer. Das Regenwasser setze nämlich beim Auftreffen auf die Felsen Bicarbonat- und Calcium-Ionen frei, die dann in den See gelangten. Im Sommer bildeten die Ionen aufgrund der Hitze und des Algenwachstums Mikro-Kalkpartikel. Dies werde als Calcitausfällung bezeichnet.
Chemische Reaktion verleiht dem See seine Farbe
Diese chemische Reaktion setze CO2 frei und verleihe dem See in der warmen Jahreszeit sein milchig-blaugrünes Aussehen. Die vielen Algen nähmen zwar weiterhin CO2 auf, aber das reiche nicht aus, um die massive Produktion aus der Gesteinsverwitterung zu kompensieren. Die zusätzlichen Emissionen seien also das Ergebnis eines geologischen Prozesses und nicht nur eines biologischen, wie bisher angenommen.
"Diese Erkenntnisse decken einen universellen Prozess auf, der für mehrere große, symbolträchtige Seen auf der ganzen Welt gilt", wird die Professorin für Limnologie an der UNIL und Mitautorin der Studie, Marie-Elodie Perga, in der Mitteilung zitiert.
Das Team nutzte die Experimentierplattform LéXPLORE bei Pully VD, um die Prozesse in sehr kleinem Maßstab zu beobachten, zu modellieren und in Gleichungen umzuwandeln. Diese lieferten nun das fehlende Puzzleteil zu den herkömmlichen Modellen des Kohlenstoffkreislaufs. Die neuen Daten könnten auch dazu beitragen, die globale Erwärmung richtig zu bekämpfen, schrieb die UNIL.
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