Peter Kepplinger, neuer Leiter des Forschungszentrums Energie, im Gespräch
Seit März 2024 ist Peter Kepplinger illwerke vkw Stiftungsprofessor und Leiter des Forschungszentrums Energie. Unser Gespräch findet online statt. Freundliche Augen gewinnen meine Aufmerksamkeit. Fragen und Antworten wechseln hin und her: Da weiß einer, wovon er spricht.
Peter, Du kennst die FHV gut, arbeitest nun schon seit vielen Jahren am Forschungszentrum Energie. Da gibt es eine glückliche Fügung in deinem Leben?
Ja. Ich bin in Wien während des Studiums der Angewandten Mathematik beruflich in die Software-Entwicklung gedriftet. Aus familiären Gründen zog es meine Frau und mich allerdings nach Vorarlberg. Meine Frau, gebürtige Vorarlbergerin, ist Lehrerin und hatte sofort eine Stelle. Ich schloss mein Studium ab, machte mich zudem als Software-Entwickler selbstständig. Die FHV war mir da schon ein Begriff.
Ein Bekannter erzählte mir schließlich, man suche an der Fachhochschule jemanden, der für ein Projekt eine Software schreiben könne. So habe ich Jörg Petrasch, den damaligen Leiter des Forschungszentrums Energie und ersten Stiftungsprofessor, kennengelernt. Und auf einmal gab es auch die Möglichkeit, als wissenschaftlicher Mitarbeiter einzusteigen und zum Thema des Projekts zu promovieren. So kam ich 2013 an die FHV.
Das Forschungszentrum war damals noch sehr klein, ein Jahr nach der Gründung. Ich war der fünfte Mitarbeiter. Zuvor hatte ich vieles ausprobiert. Ich wollte die Mathematik immer kombinieren, hab an der Uni auch Fächer aus der Musikwissenschaft und Philosophie belegt. Nun wechselte ich die Disziplin nochmals und promovierte in technischen Wissenschaften mit Schwerpunkt in der Gebäudetechnik. Das war möglich.
Darum spreche ich gern von glücklicher Fügung. Der Sprung von Wien nach Vorarlberg war für mich ein Experiment. Ich hatte hier zunächst keine konkreten Jobaussichten.
Die FHV war und ist wirklich ein Chancenlabor.
Wie kam es dazu, dass du dich um die Leitung des Forschungszentrums beworben hast?
Weil mir das Forschungszentrum als Organismus sehr am Herzen liegt. Weil ich die Menschen, die da sind, wirklich schätze. Weil ich möchte, dass es gut weiter geht. Und dann sind die Themen, an denen wir arbeiten, einfach wahnsinnig spannend.
Durch die Ausrichtung auf die FHV ist Vorarlberg zum Mittelpunkt meiner Familie geworden. Dass es sich so entwickelt, war in keinster Weise abzusehen. Ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort ...in einer gestaltungsreichen Umgebung.
Welche Qualitäten braucht es aus deiner Sicht, um ein Forschungszentrum zu leiten?
Eine schnelle Auffassungsgabe: Wir bündeln viele Themen aus verschiedenen technischen Disziplinen.
Es ist sehr wichtig, wertschätzend zu führen: Forscher:innen bringen viel intrinsische Motivation mit. Sie brauchen aber ein geeignetes Umfeld, um sich zu entfalten. Da braucht es Gespür. Und man braucht Mut: Zu wissen, man kann nur einen kleinen Beitrag leisten, indem man zwischen Politik und Gesellschaft wichtige Themen anrührt. Es ist mutig, sich da wissenschaftlich herauszustellen.
Und immer wieder neu über die wichtigen Themen nachdenken, flexibel neue Ideen spinnen: Sonst wird man nicht erfolgreich sein, Unternehmen zu überzeugen und Förderungen einzuwerben.
Wie gestaltet sich dein neuer Arbeitsalltag? Wie dürfen wir uns deinen Handlungs(spiel)raum vorstellen?
Etwas mehr organisatorischer Overhead. Doch mein Alltag ist immer noch geprägt von Ideen für Projekte: sie zu generieren, zu akquirieren und umzusetzen. Dazu kommt, zweitens, die inhaltliche Betreuung der Nachwuchswissenschaftler:innen. Drittens geht es mir darum, dass wir die Forschung an der FHV auch in die Lehre einbringen.
Der Spielraum ist relativ groß, aber man muss schon schauen, dass man innerhalb eines opportunitätsgetriebenen Rahmens die richtigen Züge erwischt: Man braucht immer Partner:innen und die richtigen Leute mit Expertise zum Thema. Nur so können wir Projekte auch umsetzen.
Was ist aus deiner Sicht das Besondere an der Forschung der FHV?
Wir haben sehr gute Partnerschaften mit Unternehmen, die sehr wertvoll sind. Ein wertschätzendes Miteinander. Ich habe oft international mit Kolleg:innen zu tun, die uns um unsere sehr guten Kooperationen beneiden.
Wir sind klein, und das hat zwei Seiten: Ein Nachteil ist, dass ich nicht immer die Spezialist:in für "xy" nebenan hab, um zu fragen, "Kannst du mal bitte...?". Andererseits ist es ein Segen, weil die Kleinteiligkeit eine große Nähe schafft. So sind wir relativ agil. Und es gibt die Möglichkeit, Leute langfristig an die Fachhochschule zu binden. Das kann Forschung sehr befähigen.
Wie sieht die Zukunft der Disziplinen aus, die das Forschungszentrum bündelt? Welche Trends beobachtest du?
Unser zentrales Thema ist die Transformation des Energiesystems hin zu erneuerbaren Energien. Das ist der große Prozess. Wenn wir diese Transformation auf der technischen Ebene bewerkstelligen wollen, müssen wir es schaffen, Flexibilitäten zu nutzen. Im Wesentlichen geht es darum, dass wir Verbrauchsendgeräte oder Lasten, also beispielsweise eAutos, Wärmepumpen oder Kälteanlagen, flexibilisieren. Das heißt, sie reagieren auf das übergeordnete System und spielen mit der erneuerbaren Energie zusammen.
Ganz starke Trends sehe ich dahingehend, wie wir in diesem Zusammenhang Digitalisierung und Echtzeitkommunikation nutzen. Die Thematik involviert alle: die Technologieherstellerin, die beispielsweise die Wärmepumpe baut, aber auch die Gebäudeautomation oder eben den Netzbetreiber oder ein Energieversorgungsunternehmen.
In genau diesem Feld bewegen wir uns mit unserer Forschung am Forschungszentrum: Wir beschäftigen uns mit Steuerungsalgorithmen für Endgeräte wie etwa die Wärmepumpe. Wir beschäftigen uns aber auch mit der Koordination des Lademanagements von vielen Elektroautos oder der optimalen Nutzung eines Batteriespeichers in einem Quartier. Wir schauen uns die verschiendenen Zwiebelschichten eines Systems an.
Abschließend, das FZ Energie ist heute ein großes Forschungszentrum. Warum begeistern sich junge Forscher:innen für die wissenschaftliche Mitarbeit?
Ich glaube, ein wesentlicher Grund, warum junge Menschen in der energietechnischen Forschung arbeiten wollen, ist, weil das Thema gesamtgesellschaftlich so stark präsent ist.
Unsere Arbeit ist sehr facettenreich. Wir sind nicht einer klaren Disziplin zugeordnet. Wir sind technisch gesehen interdisziplinär. Dabei haben wir es zu einem großen Teil geschafft, das Forschungszentrum kohärent zu entwickeln: Die Projektthemen flankieren einander und überlappen sich. Und das führt zu Austausch.
Auch leben wir miteinander einen Teamspirit, in dem Menschen auf Augenhöhe zusammenarbeiten, unabhängig davon, ob sie Senior oder Junior sind. Unabhängig davon, wie viel Erfahrung sie in der Themenstellung haben. Das Forschungszentrum Energie ist ein Ort, wo man sich wirklich trauen darf, zu fragen.
Zur Person:
Peter Kepplinger, 43 Jahre, studierte Angewandte Mathematik an der Universität Wien und promovierte an der Universität Innsbruck in den technischen Wissenschaften. 2013 kam der gebürtige Salzburger als wissenschaftlicher Mitarbeiter an das Forschungszentrum Energie der FHV - Vorarlberg University of Applied Science. Im März 2024 übernahm er die illwerke vkw Stiftungsprofessur für Energieeffizienz und die Leitung des Forschungszentrums Energie. Peter Kepplinger lehrt in mehreren Studiengängen, mit einem Schwerpunkt im Masterstudiengang Nachhaltige Energiesysteme.
In seiner freien Zeit pflegt der Vater von drei Kindern gute Beziehungen und den familiären Gemüsegarten.
Rückfragehinweis: Forschungskoordination FHV - Vorarlberg University of Applied Sciences CAMPUS V, Hochschulstraße 1 6850 Dornbirn, Austria forschung@fhv.at
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