Neue Rektorin will Forschung an Med Uni Graz intensivieren
Andrea Kurz wird am Donnerstag als erste Frau das Rektorsamt an der Medizinischen Universität Graz übernehmen. Die Fachärztin für Anästhesie und Intensivmedizin folgt Hellmut Samonigg nach. Sie will gemeinsam mit ihrem Rektoratsteam an der erst 20 Jahre alten Universität neue Akzente für die nächsten Jahre setzen, die Potenziale der Forschung stärken, Innovationen in der Patientenversorgung fördern und die Lehre weiterentwickeln, führte sie im Gespräch mit der APA aus.
Die berufliche Karriere der gebürtigen Wienerin ist geprägt von einer Reihe von Führungsfunktionen im universitären und klinischen Bereich. So leitete sie unter anderem bereits die Division for Clinical Research an der Washington University, war Ordinaria und Professorin für Anästhesiologie am Inselspital-Universitätsspital Bern und leitete seit 2014 die Abteilung für allgemeine Anästhesiologie an der Cleveland Clinic (Ohio) in den USA, wie Kurz schilderte.
An der Universitätsklinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin der Medizinischen Universität Graz führt sie seit 2020 zusätzlich eine Forschungseinheit. Für die Bewerbung als Rektorin in Graz habe sie "der Enthusiasmus der Mitarbeiter und der Umgangston, der hier herrscht", überzeugt - positiv überrascht war sie zudem von den "Dimensionen und die Großzügigkeit der Infrastruktur".
Die Med Uni sei aus ihrer Sicht "ein exzellenter Boden, auf dem man Forschung erweitern kann". Die Universität habe 2023 im internationalen Hochschulranking von Times Higher Education Platz 16 unter den internationalen "jungen" Unis erzielt, hob Kurz hervor. "Internationale Rankings sind nicht alles, aber sie sind nicht unwichtig, damit auch andere Spitzenforscher sich für Graz interessieren", wie sie hinzufügte.
Generell sei das internationale Renommee der Medizinischen Universität jedoch noch ausbaubar: "Ich glaube, dass die Med Uni sicherlich in einigen Fächern international wahrgenommen wird. Das Ziel, das wir haben, ist aber, die Wahrnehmung sowohl national als auch international zu steigern." Unter anderem will man sich beispielsweise verstärkt um Kooperation in internationalen Konsortien bemühen und so globale Forschungsinitiativen mitprägen. Es gelte jedoch auch, eine bessere Wahrnehmung der medizinischen Forschung in unserer Gesellschaft zu erreichen. "Hier wird noch nicht ausreichend rezipiert, was wir machen", beurteilte Kurz die Lage.
Zusammenarbeit statt Konkurrenzdenken
Dem Konkurrenzdenken zwischen den österreichischen Unis erteilt sie eine Absage: "Davon halte ich gar nichts. Österreich ist so ein kleines Land und wir sollten daher zusammenarbeiten, um sichtbar zu werden". Wichtig sei hierfür, dass der personelle Austausch zwischen den Universitäten durch einheitliche Verfahren, Habilitationskriterien und gemeinsame wissenschaftliche Projekte gegeben ist.
Die Voraussetzungen für die klinische Forschung in Graz bezeichnete sie als gut, "speziell da man hier schon in den vergangenen Jahren erfolgreich daran gearbeitet hat, die Grundlagenforschung mit der klinischen Forschung zusammenzuführen, was ja ganz, ganz wichtig ist", wie die Rektorin ausführte. Die Umsetzung von Studienergebnissen in die Klinik soll vorangetrieben werden. "Schließlich steht das Wohl der Patientinnen und Patienten bei jeglicher Forschung im Mittelpunkt", betonte Kurz.
Der Gründung des Grazer "Cori Institute of Molecular and Computational Metabolism" der ÖAW, einem im Aufbau befindlichen Spitzenforschungsinstitut in Kooperation mit der Universität Graz, TU Graz und der Med Uni Graz, sieht die neue Rektorin mit Freude entgegen: "Da sehe ich ein sehr großes Potenzial, wie ich allgemein der Meinung bin, dass wir auf Universitätsebene die vielfältigen Kooperationsmöglichkeiten ausschöpfen sollen. Mein Ziel ist, uns forschungsmäßig zum Wohl unserer Patienten und der Gesellschaft weiterzubringen."
Das wichtigste Vorhaben im Moment sei, das Personalmanagement und damit die akademische Kultur weiterzuentwickeln. "Es sind schließlich unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das ausmachen, was wir sind. Sie sollen sich wertgeschätzt fühlen und wissen, dass sie sich einbringen können und sollen. Mein Ziel ist es, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stolz sind, an der Med Uni zu arbeiten." Gleichzeitig setzt sie auf Exzellenz in der klinischen Versorgung, der Forschung und der Lehre. Akademische Freiheit zu haben und zu leben sei wichtig für die Weiterentwicklung der Universität. "In dem Rahmen, den wir haben, müssen wir so hoch als möglich streben. Wir werden schauen, dass wir aus den Mitteln, die uns zur Verfügung stehen, durch Prozessveränderungen usw. mehr machen können. Dazu gehört, dass auch eingespielte Muster hinterfragt werden. Gemeinsam etwas zu erarbeiten, das dann auch gemeinsam getragen wird, ist wichtig", betonte Kurz.
Bessere Bedingungen für Wissenschafterinnen
Vor allem die Förderung von Wissenschafterinnen ist der Rektorin ein großes Anliegen. Hier möchte sie die Rahmenbedingungen verbessern, dass Wissenschafterinnen nach Mutterschutz und Karenz wieder rasch in das wissenschaftliche Gefüge eingegliedert werden können. Auch Mentoringmodelle und bessere Vernetzung untereinander spielen hier eine große Rolle.
Zu einer ins Gespräch gekommenen möglichen Kooperation zwischen Graz und dem Klinikum Klagenfurt auf Basis einer gemeinsamen neuen Med Uni-Struktur hielt sich die Rektorin vorerst bedeckt: "Grundsätzlich könnten wir dadurch sicherlich mehr Patientendaten für Wissenschaft und Forschung zur Verfügung haben. Wir werden uns damit beschäftigen, wie eine solche Zusammenarbeit stattfinden kann und schauen, welche finanziellen und personellen Auswirkungen damit verbunden sind", blieb Kurz zurückhaltend.
Die Gestaltung einer auf die Zukunft orientierten und qualitativ hohen Ausbildung werde ein Kernthema in den kommenden vier Jahren sein. Neben der Weiterentwicklung der Lehre soll beispielsweise auch die Studienverwaltung so neu organisiert werden, dass sie bestmögliche Bedingungen für Studierende und Lehrende bietet.
Ab dem 15. Februar werden ihr Christian Enzinger, Vizerektor für Forschung und Internationales, Manuela Groß, Vizerektorin für Finanzmanagement, Recht und Digitalisierung, Erwin Petek, Vizerektor für Studium und Lehre sowie Alexander Rosenkranz, Vizerektor für Klinische Angelegenheiten, Innovation und Nachhaltigkeit zur Seite stehen.
(Das Gespräch führte Annemarie Happe/APA)